Diskussion unerwünscht - Erster Erwerbslosenratschlag
in Wuppertal fand trotzdem statt
Bislang hatte die Wuppertaler Agentur für Arbeit jeden
Versuch des Austauschs und der Selbstorganisierung von Arbeitslosen erfolgreich
unterbunden. Nun fand der erste Wuppertaler Ratschlag der Erwebslosen
und unsicher Beschäftigten doch statt. Das Wuppertaler Sozialforum
hatte für Donnerstag, den 25. März zu einer großen Diskussionsrunde
im Festzelt VOR dem "Arbeitsamt" eingeladen.
Agentur-Chef Johannes W. Schmitz verweigerte zuvor die Durchführung
der Veranstaltung auf "seinem" Gelände. Die an ihn gerichtete
Einladung lehnte er ab und untersagte überdies auch seinen ebenfalls
angefragten Arbeitsvermittlern die Teilnahme an der Diskussion zur Arbeitsmarktreform
der Agenda 2010: "Unser Auftrag ist es, sich mit den Gesetzen zu
beschäftigen. Dazu passt eine solche Veranstaltung nicht."
Zusätzliche Brisanz erhält die Veranstaltung durch die angekündigte
Vorstellung der Ergebnisse einer seit zwei Monaten durchgeführten
Befragung Wuppertaler Erwerbsloser: Der Fragebogen listet u.a. die Namen
der SachbearbeiterInnen auf und fragt explizit nach Kompetenz und Hilfsbereitschaft
bei der Vermittlung. Die eingeschaltete Landesdatenschutzbeauftragte,
Frau Conrad ließ bereits den Link des Wuppetaler Sozialforums auf
die Online-Umfrage entfernen. Am Vorabend der Veranstaltung versuchte
Frau Vrba vom Wuppertaler Staatsschutz auf einen der
Mitorganisatoren einzuwirken, ließ ihm ausrichten, von der namentlichen
Nennung auf der Veranstaltung dringend Abstand zu nehmen. Rainer Schramm
vom Wuppertaler Sozialforum hält diese Einschüchterung für
lächerlich und die Androhung rechtlicher Schritte für bezeichnend.
Er verteidigt die Umfrageaktion als "angemessenes Mittel, den Arbeitsvermittlern
auf die Finger zu schauen". Schliesslich habe die Umfrage zum Teil
"erschreckende Zustände" zu Tage treten lassen. In den
bislang mehr als 300 ausgefüllten Fragebögen und durchgeführten
Interviews beklagen viele Erwerbslose eine respektlose bis unwürdige
Behandlung durch die ArbeitsvermittlerInnen. Die Beratung reiche in der
Bewertung der Betroffenen von nicht sonderlich kompetent bis "planlos,
schlampig". In mehreren Fällen wurde nachweislich der
Anspruch auf Leistungen verweigert. Die am häufigsten angewandte
Schikane bestand in der "Einladung" zu exakt gleichen, bereits
mehrfach durchgeführten "Fördermaßnahmen" wie
z.B. Bewerbungstrainings. Über diese gezielte Unsinnigkeit werden
durch das provozierte Nichterscheinen derzeit massiv Sperrzeiten verhängt,
weiß Rainer Schramm zu berichten.
Von den Auseinandersetzungen im Vorfeld unbeirrt fanden sich am Donnerstag
rund zweihundert Erwerbslose, prekär Beschäftigte und solidarische
MitstreiterInnen zum großen Mittagstisch mit 3-Gänge Menü
vor dem Arbeitsamt und der anschließenden Diskssionsveranstaltung
ein. Dirk Hauer von der Sozialpolitischen Opposition Hamburg stellte Alternativen
zur Agenda 2010 vor, weitere Beiträge enttarnten die Leere-Kassen-Rhetorik
der großen Sozialräuberkoalition und die Vorstellung der Umfrageergebnisse
wurde an diesem Tag durch zahlreiche Beiträge Anwesender ergänzt.
Die in einem internen Schreiben an seine Mitarbeiter von Amtsleiter Schmitz
befürchtete "Stürmung der Agentur" durch Autonome
blieb an diesem Tag aus. Der eigens angeheuerte Sicherheitsdienst "Kötter
Security", der sich seit kurzem selbst als Arbeitsvermittler anbietet,
konnte die ebenfalls prophezeite Zerstörung der MitarbeiterInnen
Pkw nicht bestätigen. Skurilität des Tages blieb der Auftritt
der Leiterin einer ortsansässigen Personalserviceagentur UP Meier.
Diese hatte den Erwebslosenratschlag missverstanden und suchte ungeniert
verleihbare Arbeitskräfte - erfolglos.
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