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Updated: 18.12.2012 15:51
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

IXION gegen LabourNet

18.02.2008 Armin Kammrad

Am 29.02.2008 geht beim Landgericht Hamburg, Sievekingplatz 1, Sitzungsraum B 335 um 12:00 Uhr der juristische Kampf der IXION GmbH & Co.KG gegen das Internetportal LabourNet mit einer Güteverhandlung in die erste Runde. Inhaltlich geht es darum, ob sich das Privatinteresse der Kapitalbesitzer eines mittelständischen Betriebes, juristisch gegen das Interesse der Öffentlichkeit auf freie Meinung durchsetzen kann.

Zwar soll nach Grundgesetz Art.5 jeder das Recht haben, "seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten", kompliziert wird es mit der verfassungsrechtlich garantierten Meinungs- und Pressefreiheit jedoch immer wieder dann, wenn es um Vorgänge im Betrieb geht. Diesen Bereich wollen viele Unternehmen gern als einen demokratie- und grundrechtsfreien Raum - eben als ihren Privatbereich - betrachtet sehen, in dem sie, hinter vor der Öffentlichkeit verschlossen Betriebstüren, schalten und walten können, wie sie wollen. Dies funktioniert nur nicht immer.

So veröffentlichte LabourNet einen anonymen Beitrag eines / einer Beschäftigten, der in Hamburg ansässigen Unternehmensgruppe IXION-AUERBACH, die im Bereich Maschinenbau - nach eigenen Angaben - ca. 180 Leute beschäftigt. Nur wer von diesen 180 Beschäftigten, schrieb am 11.05.2006 u.a.: " Die Hamburger Maschinenbaufirma IXION ist ein typischer Mittelständler. Mit der Keule von Standortverlagerung und Insolvenz werden der Belegschaft Zugeständnisse abgepresst" ?

Die Verantwortlichen bei IXION fühlen sich nicht nur durch diesen Beitrag besonders schwer beleidigt. Auch LabourNet soll hier an die Kandare genommen werden. Klar, schlechte Nachrichten schaden dem Ansehen bei Kunden und Kreditgeber. Nur wer trägt hieran die Schuld? Es macht auch gegenüber der Gruppe von Kapitaleigentümern keinen guten Eindruck, wenn man sich gegen die Interessen der abhängig Beschäftigten im eigenen Hause nicht problemlos durchsetzen kann. Also initiierten die, für eine renditeträchtige Verwertung der Ware Arbeitskraft Verantwortlichen, eine juristische Verfolgungsjagd zuerst gegen den abtrünnigen geheimen Kritiker (männlichen oder weiblichen Geschlechts) und dann gegen Mag Wompel, weil diese als presserechtliche Verantwortliche es nicht akzeptieren konnte, dass die Privatinteressen der Kapitalbesitzer bei IXION, auch für LabourNet bindend sein sollen.

Mit ihrem Vorgehen machten die Verantwortlichen bei IXON in aller Öffentlichkeit allerdings unmissverständlich klar, warum sich kritische MitarbeiterInnen nur anonym zu Wort melden können. Selbst die Staatsanwaltschaft wird bemüht, wenn jemand Kritik übt. Und obwohl alles im Fall von IXION für ein typisch kapitalistisches Verhalten spricht, wird mit der Keule des Strafrechts gedroht, wer seinen persönlichen Eindruck ausspricht. Die wohl entscheidende Frage ist jedoch: Was ist eigentlich dran an dieser Kritik? Sind dies frei erfundene Unterstellungen oder wählt ein / eine IXON-Beschäftigte(r) nur deshalb den Weg der Anonymität, weil die Geschäftsleitung genau so rücksichtslos mit kritischen Beschäftigten umspringt, wie es der Bericht nahe legt?

Bezeichnender Weise fehlt bis heute jedes Verlangen nach Gegendarstellung. Offenbar fürchtet man bei IXION die eigene Belegschaft, welche bei gegenteiliger Behauptung der Geschäftsleitung aus eigener Erfahrung so fort erkennen könnte, was wahr ist und was nicht. Deshalb will man sogar LabourNet gerichtlich verbieten lassen, durch Kontaktnahme zu den Beschäftigten bei IXION-AUERBACH die Wahrheit zu ermitteln. Die IXION-Rechtsabteilung stützt sich lieber auf bestimmte Begriffe, welche den für die Verwertung der Arbeitskraft der IXION-Beschäftigten Verantwortlichen, nicht passen. Unabhängig von dem, was bei IXION innerbetrieblich wirklich abläuft, die Verantwortlichen bestehen darauf, dass es nicht negativ gewertet werden darf.

So erkennt die IXION-Rechtsabteilung, dass der Ausdruck " Kapitalisten" (.) im allgemeinen Sprachgebrauch ein eindeutig negatives Werturteil" beinhaltet. Und natürlich "erpresst" die IXION-Geschäftsleitung nicht ihre Arbeiter und Angestellten. Ist es nicht lächerlich, über die negative Wertung sich zu beklagen, aber gleichzeitig in aller Öffentlichkeit sich als ein typisches kapitalistisches Unternehmen zu gebären? Bei IXION will man offensichtlich nicht nur die private Verfügungsmacht über das Kapital, sondern auch die Deutungshoheit über das, was man tut, besitzen. Bei IXION ist man offenbar der Meinung, mit dem Kauf der Arbeitskraft, auch die Meinung der Belegschaft gekauft zu haben. Aber Menschen sind kein Privatbesitz. Und LabourNet unterliegt nicht den Privatinteressen der Kapitalbesitzer bei IXION.

Da nach geltender Rechtsauffassung eine Drohung mit Verlagerung und Arbeitsplatzvernichtung nicht unter der strafrechtlich relevanten "Drohung mit einem empfindlichen Übel" des StGB § 253 fällt, ist die Beurteilung als "Erpressung" im arbeitsrechtlichen Bereich ebenso wie der "Kapitalist" nur ein Werturteil, die Meinung des / der anonymen Kritikers / Kritikerin über die Vorgänge bei IXION-AUERBACH, also gerade über jene Vorgänge, welche die Verantwortlichen krampfhaft und sicher nicht zufällig aussparen wollen.

Dabei sollte klar sein, dass es nicht angehen kann, mit allen erdenklichen juristischen Mitteln durchsetzen zu wollen, dass man sich zwar - im negativsten Sinne - als typisch kapitalistisch innerbetrieblich gebärden darf, Recht und Gesetz jedoch nur dazu dienen sollen, dass davon nichts bekannt wird. Gegen solche "Privilegierung" wehrt sich LabourNet als Internetportal "für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch" völlig zu recht. Und es muss dies tun, damit Unternehmen wie IXION mit juristischen Konstruktionen nicht innerbetrieblich rechtfreie Räume schaffen können, in denen jeder problemlos abgesägt werden kann, der sich aus völlig berechtigtem Interesse gegen Unternehmerwillkür wehrt.

Wozu mangelnder Widerstand gegen die Privatinteressen der Kapitalbesitzer führen kann, zeigt nicht zuletzt NOKIA. Auch dort hieß es, vor gar nicht langer Zeit, dass alles "in Butter" sei. Die Wahrheit war eine von langer Hand in aller Stille vorbereitete Massenentlassung. Erinnert sei auch an die TELEKOM, bei der Ende 2008 bis 32.000 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Doch wie der Chef der TELEKOM, René Obermann, kürzlich öffentlich mitteilte, reicht ihm das nicht. Er sieht einen weiteren Bedarf für Stellenabbau über das bereits angekündigte Maß hinaus. Dies alles ist typischer Kapitalismus, zwar brutal aber angeblich legal. Legal in sofern, wie betriebsbedingte Kündigungen ebenso, wie die Forderung an die abhängig Beschäftigten auf Lohn und Gehalt zu verzichten, damit man nicht verlagert, zur geschützten Gewerbefreiheit all derjenigen gehören soll, die wie Grundstücke und Maschinen auch Arbeitskräfte kaufen und bei Bedarf - trotz Kündigungsschutz - ziemlich problemlos wieder abstoßen können. Dass dies negativ bei immer mehr Menschen ankommt, ist verständlich. Und solche negative Verhaltensweisen, sind eben typisch kapitalistisch und bestimmt nichts, was positiv gesehen werden kann. Der Druck auf die abhängig Beschäftigten ist nur deshalb keine "Erpressung", weil er als legal gilt. Legal ist jedoch auch die Kritik daran. Oder etwa nicht?

Nach dem juristischen Feldzug der IXION-Rechtsabteilung gegen die Meinungs- und Pressefreiheit wird sich das Gericht genau zwischen diesen beiden Punkten bewegen müssen: Einerseits sind da die Renditeinteressen der Kapitalbesitzer bei IXION, andererseits gibt's da die Kritiker dieser Besitzverhältnissen. Es wird nicht darum gehen, ob nun die Bezeichnung "Kapitalist" eine negative Wertung darstellt. "Erpressung" ist nicht nur ein strafrechtlicher Tatbestand, sondern auch eine subjektive Wertung, für das typisch kapitalistische Verhalten, die Belegschaft in ein Herr-und-Knecht-Verhältnis zu packen. Begrüßenswert wäre es deshalb, wenn sich die Justiz möglichst neutral verhielt. Es sind die Verantwortlichen von IXION, die Staatsanwaltschaft und Gericht bemühen, weil sie sonst offenbar keine Argumente anzubieten haben, um ihr Verhalten zu rechtfertigen. Ein wirklich guter Vorschlag zur Güte wäre es deshalb, wenn IXION seine juristischen Angriffe einstellt, und LabourNet dafür den dort Verantwortlichen anbietet, ihre Sicht der Dinge auf LabourNet zu veröffentlichen. Solche Auseinandersetzung der besseren Argumente, würde sicher auch dem Ansehen des Hamburger Mittelständlers gut tun. Es ist nur zu befürchten, dass hier der typisch kapitalistische Weg beschritten wird - d.h. versucht werden wird, Kritik am Kapitalismus zu unterdrücken.

Bei der Auseinandersetzung IXION gegen LabourNet geht es deshalb letztlich, um sehr viel: Macht die Justiz den Betrieb zu einem rechtsfreien Raum, in dem jeder kritische Beschäftigte gegenüber den Repressalien der Geschäftsleitung nahezu vogelfrei ist? Enden Meinungs- und Pressefreiheit am Werkstor? Die weitere Auseinandersetzung mit IXION wird hier in jedem Fall beispielhaft sein. Ich hoffe, dass die Justiz erkennt, dass solcherart Auseinandersetzung eigentlich keine gerichtliche Angelegenheit ist. Zumindest ist das mit der Meinungs- und Pressefreiheit im Grundgesetz genauso gemeint: Wie die, für das Privateigentum von IXION Verantwortlichen, ein Recht auf freie Meinung haben, haben dies auch deren KritikerInnen. Wer Menschen beschäftigt, muss auch akzeptieren, dass diese eine andere Meinung haben. Kritischen Widerstand aufspüren zu wollen, um ihn dann auf die Straße zu setzen oder vielleicht sogar noch zusätzlich für einen Schaden verklagen zu wollen, den man selbst verursacht hat, ist typisch kapitalistisch. Für den Eindruck, den IXION zurzeit hinterlässt, kann LabourNet nichts. Hier sollten sich die Verantwortlichen lieber einmal an die eigene Nase fassen.


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