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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Siebter Streiktag an den Unikliniken in Baden Württemberg - Es wollen mehr streiken, als zum Streik aufgerufen werden können Bericht von Ursel Beck,12. Oktober 2005 So viele waren wir noch nie". Das ist die Überzeugung eines Krankenpflegers beim Anblick des Demozuges durch die Tübinger Innenstadt am 11.10. 05. Nach Angaben der Streikleitung waren es 2.500 bis 3.000 Kolleginnen und Kollegen, die an diesem Tag in Tübingen auf die Straße gingen. Diesmal waren es nicht nur die Klinikbeschäftigten, die streikten und demonstrierten. Die Beschäftigten der Universität schlossen sich für einen Tag dem Ausstand an. Sie sind Landesbeschäftigte und befinden sich ebenfalls im tariflosen Zustand. ""Leute leistet Widerstand, gegen unseren Klinikumsvorstand, keine 40-Stunden, keine 40-Stunden" singt eine Kollegin durch das Megaphon. Den Takt schlägt sie mit einer Bettpfanne. Der Zug zieht von einem Klinikumsgebäude zum anderen. Und jedes mal wartet eine neue Gruppe Streikender, die sich in die Demo einreiht. Die Kollegen von der Jugendpsychatrie schieben ein Krankenhausbett vor sich her. Darin eine Patienten-Puppe, die Finger zum Siegeszeichen gespreizt. Die Streikbeteiligung bezeichnet die stellvertretende Personalratsvorsitzende Gabriele Class-Götz am siebten Streiktag als "sehr gut". "Es wollen sogar mehr streiken, als wir einbeziehen können. Wir müssen aber Kollegen für Notdienste abstellen", so Gabriele Class-Götz. Ein streikender OP-Pfleger berichtet, dass von 15 OPs nur 3 für Notfälle besetzt sind. Was ein Notfall ist entscheidet die Streikleitung zusammen mit den Ärzten. Viele Ärzte sind solidarisch. Manche Ärzte versuchen aber Operationen planmäßig abzuarbeiten. Da gibt es dann Konflikte. Die Streikmoral wird unterstützt durch die vielen Solidaritätsadressen. Angefangen von Belegschaften kleiner Betriebe bis zu anderen Krankenhäusern im Kreis und bundesweit. Vor allem Beschäftigte in anderen Krankenhäusern sehen, dass die Beschäftigten der Uniklinika eine Vorreiterrolle einnehmen in der Tarifauseinandersetzung und erklären sich solidarisch mit den Streikenden. Von Patienten, ihren Angehörigen und aus der Tübinger Bevölkerung gibt es bislang 6.000 Unterstützungsunterschriften. Die Listen liegen überall. "Die Unterstützung ist enorm und wir freuen uns wahnsinnig darüber", so Gabriel Class-Götz. Bei der Kundgebung auf dem Marktplatz gibt es Unterstützung von einer Vertreterin einer Patientenselbsthilfeorganisation. Sie erklärt, dass sie gemerkt habe, wie die Arbeitsbelastung für die Pflegekräfte in den letzten Jahren spürbar zugenommen hat und dass es in den Kinderabteilungen oft gar nicht anders geht, als dass die Eltern da sind und ihre Kinder mitpflegen. "Wir wissen sehr wohl, dass die Pflegekräfte den Personalmangel durch persönliches Engagement auszugleichen versuchen. Aber das hat eine Grenze". Und sie erklärt, dass ihre Organisation schockiert darüber sei, dass Wissenschaftsminister Frankenberg gesagt habe, es sei unmöglich, dass man auf Kosten der Patienten einen Tarifkampf führe. "Das lassen wir mit uns nicht machen. Das ist erstunken und erlogen. Was auf Kosten der Patienten geht, ist die unzumutbare Arbeitsbelastung der Krankenhausbeschäftigten. Und deshalb sind wir solidarisch mit Eurem Streik. Macht weiter so". Ein Beifallssturm der Tausenden, die sich auf dem Marktplatz zur Kundgebung versammelten, quittiert die unterstützende Rede. Landesregierung, Klinikumvorstand und Chefärzte haben inzwischen die Kampfbereitschaft der Krankenhausbeschäftigten realisiert. Aus Angst, die Streikenden könnten das Tübinger Schloss stürmen, wurde es unter verschärften Polizeischutz gestellt. Ministerpräsident Oettinger und andere Politiker tagten dort zeitgleich mit der Demonstration. Eine Delegation der Tübinger Streikleitung übergab am nächsten morgen die Streikstaffel an die Kolleginnen und Kollegen der Uniklinik Freiburg. Dem Tübinger Beispiel folgend soll hier mehre Tage - mindestens bis Freitag - gestreikt werden. Zum Auftakt gab es am 12.10. drei örtliche Kundgebungen an denen sich rund 1.100 Beschäftigte beteiligten. Im Mittelpunkt stand eine Aktion der Auszubildenden für Übernahme. Es wurde deutlich gemacht, dass genug Arbeit auf Stationen und in den Werkstätten da sei. In Tübingen wurde der Streik vorerst ausgesetzt. Die Kolleginnen und Kollegen in der Unistadt lassen aber keinen Zweifel daran, dass sie den Streik wieder aufnehmen, wenn die Arbeitgeber nicht einlenken. |