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Updated: 18.12.2012 15:51
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Zitate zu Streiks bei »Dienstgemeinschaften«

Zitate aus Schreiben des Diakonie-Bundesverbandes an die Diakonischen Werke der Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland, die Fachverbände und die Freikirchen sowie an ver.di-Chef ver.di Frank Bsirske

Ankündigung von Streiks in der Diakonie

Sehr geehrte Damen und Herren,

ver.di hat einzelne diakonische Einrichtungen aufgefordert, Tarifverhandlungen aufzunehmen und im Weigerungsfall gedroht, die Einrichtungen zu bestreiken. Aus diesem Anlass weisen wir nochmals auf die Sonderstellung von Kirche und Diakonie und der möglichen Arbeitsrechtsregelungsverfahren hin.

Grundlage ist die verfassungsrechtliche Sonderstellung der Kirche im Grundgesetz. Artikel 137 Weimarer Reichsverfassung i. Verb. mit Artikel 140 Grundgesetz. In diesem Artikel ist das Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungsrecht der Kirchen ausdrücklich verankert. Es lautet: "Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes".

Der weitere wichtige, nun innerhalb der Kirche festgelegte Grundsatz (Artikel 15 der Grundordnung der EKD ) ist, dass Diakonie Wesensund Lebensäußerung der Kirche ist. Rechtlich bedeutet dies, dass Diakonie nicht von der Kirche zu trennen ist. Das verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht steht den Kirchen und nicht der Diakonie zu. Diakonie nimmt teil am Selbstbestimmungsrecht der Kirchen, hat aber kein von den Kirchen unabhängiges Selbstordnungsrecht.

Der wesentliche innerkirchliche Grundsatz, der das Arbeitsrecht in Kirche und Diakonie prägt, ist die Dienstgemeinschaft.

Der Begriff der Dienstgemeinschaft bringt zum Ausdruck, dass jeder und jede in der Kirche oder Diakonie Beschäftigte dem Auftrag der Kirche verpflichtet ist. Die kirchliche Dienstgemeinschaft beruht auf dem Gedanken, dass alle in den Einrichtungen von Kirche und Diakonie Tätigen durch ihre Arbeit, ohne Rücksicht auf die arbeitsrechtliche Stellung, gemeinsam dazu beitragen, dass die Einrichtungen ihren Teil des Sendungsauftrages der Kirche erfüllen können.

Hinsichtlich der Arbeitsrechtsregelungssysteme wird durch den Begriff der Dienstgemeinschaft eine Grundentscheidung rechtstheologisch vorgegeben. Die einseitige Setzung von Arbeitsrecht, der 1. Weg - also der Arbeitgeber entscheidet allein, was und wie viel er bezahlen will - ist ausgeschlossen, da der Begriff der Dienstgemeinschaft beinhaltet, dass partnerschaftlich miteinander auch die Fragen der Regelung der Arbeitsbedingungen geklärt werden müssen.
Hinsichtlich der Systemfrage des 2. oder 3. Weges - Tarifvertrag oder Arbeitsrechtliche
Kommission - geht die herrschende Rechtsmeinung davon aus, dass aus der Dienstgemeinschaft
folgt, dass die arbeitsrechtlichen Kampfmittel Streik und Aussperrung ausgeschlossen
sind. Beide Seiten dürfen nicht in einer Form so Druck aufeinander ausüben, dass der jeweils andere Verhandlungspartner daran gehindert ist, den kirchlichen Auftrag auszuführen. Aus ihrem Selbstbestimmungsrecht heraus können sich die Kirchen daher gegen den Tarifvertrag entscheiden. Bei der Abwägung des Selbstbestimmungsrechtes der Kirchen und der Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften ergibt sich, dass Streik und Aussperrung in kirchlichen und diakonischen Einrichtungen nicht zulässig sind.

Wo kirchliche Tarifverträge abgeschlossen werden, wie in Nordelbien oder in Berlin -
Brandenburg, ist Arbeitskampf auch ausgeschlossen.

Die Zuständigkeit für das Arbeitsrecht in Kirche und Diakonie liegt bei den Landeskirchen.

Die Diakonie lebt aus abgeleitetem Recht. Die Landeskirchen entscheiden über Tarifvertrag oder 3. Weg. Die meisten haben den 3. Weg gewählt.

Im Rahmen des 3. Weges wird Arbeitsrecht im Wege der Beschlussfassung durch Arbeitsrechtliche
Kommissionen gesetzt. In diesen - paritätisch besetzten - Kommissionen
wird über die Arbeitsbedingungen der diakonischen Mitarbeitenden beschlossen. Im
Falle der Nichteinigung über die Arbeitsbedingungen tritt - an Stelle von Arbeitskampfmaßnahmen
- das Schlichtungsverfahren mit einer bindenden Schlichtungsentscheidung.

Aus dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen wird also abgeleitet, dass für kirchliche und diakonische Einrichtungen im 3. Weg Arbeitskampfmaßnahmen nicht zulässig sind. Das Selbstbestimmungsrecht steht dabei den evangelischen Landeskirchen und nicht den Diakonischen Werken dieser Landeskirchen und auch nicht den diakonischen Einrichtungen selbst zu. Die Kirchen haben die Entscheidung getroffen, dass sie aus theologischen und rechtlichen Überzeugungen heraus den 3. Weg beschreiten. Die Diakonie ist an diese Entscheidungen gebunden. Für die meisten diakonischen Einrichtungen ist dies einerseits durch die Diakoniegesetze und Arbeitsrechtsregelungsgesetze der Kirchen bestimmt und andererseits durch Satzungsbestimmungen, die ihnen als Satzungspflichten auferlegt sind.

Diakonische Einrichtungen sind daher kirchenrechtlich und im Wege ihrer Zugehörigkeit zu den Diakonischen Werken nicht befugt, Tarifverhandlungen durchzuführen. Sie sind rechtlich an den 3. Weg gebunden.

Unsere Position zur Unzulässigkeit von Streik und Aussperrung in Kirche und Diakonie haben wir – veranlasst durch die Aktivitäten von ver.di in den vergangenen Wochen – auch in dem als Anlage beigefügten Schreiben vom 04. Mai 2009 an den Vorsitzenden des Bundesvorstandes von ver.di deutlich gemacht. Eine Reaktion hierauf liegt uns bisher nicht vor.

Aus dem Schreiben des Diakonischen Werkes der EKD e.V. an die die Diakonischen Werke der Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland, die Fachverbände und die Freikirchen vom 12.05.2009


Androhung von Arbeitskämpfen in der Diakonie

Sehr geehrter Herr Bsirske,

das Diakonische Werk der EKD und die Gewerkschaft ver.di haben auf dem Gebiet der Sozialpolitik in der Vergangenheit konstruktiv gemeinsame Positionen bezogen und meist gemeinsam erfolgreich Kampagnen durchgeführt. Die jetzt von Ihrer Gewerkschaft erfolgten Aufforderungen an diakonische Einrichtungen, Tarifverhandlungen aufzunehmen mit der Ankündigung, im Falle der Ablehnung Arbeitskampfmaßnahmen durchzuführen, belasten das Verhältnis von Diakonischem Werk der EKD und der Gewerkschaft ver.di sowie auch das Verhältnis der Evangelischen Kirche in
Deutschland und den Gewerkschaften allgemein.

Wie Sie wissen, beschreiten das Diakonische Werk der EKD und dessen Landesverbände zur Gestaltung des Arbeitsrechtes den Dritten Weg. Im Wege der Beschlussfassung der Arbeitsrechtlichen Kommissionen werden die Arbeitsbedingungen für Mitarbeitende der Diakonie bestimmt. Anstelle von Arbeitskampfmaßnahmen tritt bei Nichteinigung das Schlichtungsverfahren. In den beiden Kirchengebieten Nordelbien und Berlin-Brandenburg werden Tarifverträge abgeschlossen, bei denen aber auf unterschiedlichem Wege Arbeitskampfmaßnahmen ausgeschlossen worden sind.

Wie Ihnen ebenfalls bekannt ist, sind die Evangelische Kirche und die Diakonie der Überzeugung, dass diese Form der Arbeitsrechtsetzung verfassungsrechtlich durch die Art. 137 ff. der Weimarer Reichsverfassung i.V. mit Art. 140 Grundgesetz garantiert ist. Die Koalitionsfreiheit des Artikels 9
Grundgesetz berechtigt die Gewerkschaften nicht, innerhalb diakonischer oder kirchlicher Einrichtungen vom Streikrecht Gebrauch zu machen.

Die diakonischen Einrichtungen und Dienste sind mit unserem Rundschreiben vom 22. September
2008 auf diese Rechtsauffassung des Diakonischen Werkes der EKD nochmals ausdrücklich
hingewiesen worden. Außerdem wurden ihnen die entsprechenden Hilfestellungen angeboten.
In diesem Zusammenhang haben wir als Diakonisches Werk der EKD auch darauf hingewiesen,
dass bei der Fortsetzung von rechtswidrigen Streiks das Arbeitsverhältnis gekündigt werden
kann.

Wir bitten Sie angesichts unserer staatskirchenrechtlichen Überzeugung, Ihre Aktionen zu Abschlüssen von Tarifverhandlungen im Bereich der Diakonie zu überdenken. Die Diakonie ist im
Innenverhältnis zwischen Kirche und Diakonie weder willens noch rechtlich in der Lage, Tarifabschlüsse mit der Gewerkschaft ver.di zu tätigen. Staatskirchenrechtlich zuständig für diese Fragen sind die Landeskirchen.

Diakonische Einrichtungen sind sowohl nach kirchlichem Recht als auch nach den Satzungsbestimmungen der Diakonischen Werke an den Dritten Weg gebunden.

Zugleich erneuern wir unser Angebot für die Mitarbeit im Dritten Weg. Wir fordern Sie daher auf, Ihre Aktionen einzustellen.

Schreiben des Diakonie-Bundesverbandes an ver.di-Chef ver.di Frank Bsirske vom 04.05.2009


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