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Updated: 18.12.2012 15:51
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Auch auf dem Lande: Sowas wie Klassenkampf - Bei HWU in Hohenlockstedt ist die Besetzung beendet

Die KollegInnen von HWU (Hohenlockstedter Walz- und Umformwerk) haben offiziell ihre Betriebsbesetzung am Freitag um 10 Uhr beendet. In Wirklichkeit schon seit Donnerstag. Aber am Freitagvormittag kam noch der (schleswig-holsteinische) Arbeitsminister Döring (SPD)zu Besuch und der sollte halt vor BesetzerInnen sprechen. Außerdem erhoffte man von ihm nochein paar "Bonbons" zusätzlich zum Abschluß. Erreicht hatte die Belegschaft durch ihre einwöchige Besetzung allerdings nur eine viermonatige Transfermaßnahme. Keine Abfindungen. Auf eine Fortführung des Traditionsbetriebes hatten sie sowieso schon nicht mehr gehofft. Sie stellten Teile für Autofirmen (Hauptabnehmer Porsche) her, Türschlösser, Katalysatoren, Lenkräder. Bis Ende Dezember erhalten sie noch Insolvenzausfallgeld, dann beginnt die Transfermaßnahme.

Die Stimmung in der Belegschaft ist sehr unterschiedlich. Der Betriebsratsvorsitzende Steffen Schmidt, 38 Jahre, aus Thüringen stammend, ist recht optimistisch. Es seien schon mehrere Arbeitsangebote eingegangen, "alle von südlich des Mains, alles Dauerarbeitsplätze, alles Tarif". "Flexibel müsse man halt sein". Die meisten haben dort aber gebaut, was üblich und erschwinglich war auf dem Lande. Viele sind noch verschuldet. Die Häuser sind schwer zu verkaufen, da sie auf dem Lande liegen, Hohenlockstedt liegt 65 km nördlich von Hamburg. Man würde ca. 30 Prozent weniger kriegen als noch vor

fünf Jahren. Der zuständige IGM-Sekretär war wieder voll dabei wie schon bei der ersten Insolvenz vor drei Jahren. Am Ende ein übliches Schicksal: Der Besitzer transferierte einen Teil der Maschinen nach Sachsen, kassierte dort Subventionen. Er teilte den Betrieb in zwei Firmen auf, eine mit dem Grundstück und den Maschinen, die andere mit den Beschäftigten,

zuletzt waren es 104. Zum Schluß die Insolvenz, eine hundertjährige Tradition ist zu Ende. Die Frage ist noch offen: Wohin geht der große Rest der hochwertigen Maschinen? Auch nach Sachsen oder nach China oder Verschrottung? Beim jetzigen Stand der Klassenverhältnisse war wohl nicht mehr rauszuholen für die Belegschaft.

Auf folgende Idee sind die KollegInnen leider nicht gekommen. Ein Paket zu schnüren mit den Forderungen: Abfindungen je nach Betriebszugehörigkeit mit dem Faktor 1,88 (wie bei AEG Nürnberg vor zweieinhalb Jahren). Umschulungen für alle, die es wollen, besonders für die Jüngeren. Beihilfen bei einem Umzug nach Süddeutschland. Verlustausgleich bei Häuserverkauf. Und alles aus dem Milliardentopf, aus dem die Autokonzerne und Banken die Gelder von der Bundesregierung bekommen. Geld ist ja genug da, es geht nur an die Falschen.

Über die Betriebsbesetzung bei HWU wurde in vielen Zeitungen in ganz Deutschland berichtet. Auf Photos wurde oft die befeuerte Tonne gezeigt, an der sich die BesetzerInnen-Post wärmten. Diese Tonne wurde nach Streik-Ende ins örtliche kleine Museum gebracht. Auch sie soll an die Firma Nier (so hieß HWU früher) erinnern, die nach 100 Jahren jetzt ihr Ende fand.

Die Kapitalisten haben das Recht, ihre Firma nach gusto aufzuteilen, um durch Steuervermeidung ihre Profite zu erhöhen, sie erhalten zur Aufhäufung ihres Profits Subventionen, wenn sie Teile ihres Betriebes in die ehemalige DDR verlagern. Sie dürfen ihren Profit weiter erhöhen, indem sie hier Arbeitsplätze vernichten und aus China importieren. Die Opfer dieser Praxis haben hingegen nur das Recht, in Ungewißheit und Elend abzustürzen in diesem "sozialen Rechts"-Staat. Noch ist es so, daß die Beschäftigten Rest-Utensilien ihrer ausgesaugten und liquidierten Firmen ins örtlichen Museum stellen. Noch sind sie nicht soweit, die Verursacher ihrer Leiden, das kapitalistische System, ins deutsche Nationalmuseum oder besser in ein noch zu schaffendes internationales Museum der "Opfer des Kapitalismus und Imperialismus" stellen zu wollen.

Dieter Wegner, 14.12.2008


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