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Augen auf und trotzdem weiter

Anmerkungen zur Auseinandersetzung um die G-Linke und den Beitrag von Rico Müller

Wir hatten es bereits an exponierter Stelle, im Editorial der Ausgabe 11-12/01, geschrieben und auch im Rahmen der Arbeitsausschusssitzungen der Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken ausdrücklich festgestellt, doch bot schon die Feststellung der AG Tarifpolitik in ihrem Resümee der tarifpolitischen Aktivitäten nach der letzten Konferenz (s. express 1/02, S. 15), die Gewerkschaftslinke müsse ihr Selbstverständnis debattieren, da der express »das handlungs- und basisorientierte Vorgehen« der AG und der Gewerkschaftslinken in Frage gestellt habe, genügend Anlass, um es im aktuellen Zusammenhang mit dem Kommentar des Roten Morgen nun noch einmal, aber nicht, wie es der Rote Morgen sich zwecks »Hebung der Aktivität der Klasse« vorstellt, in möglichst »einfachen Worten«, sprich: im Stile der Agitation, denn die hat ihr Ziel historisch noch allemal verfehlt, sondern »clare et distincte« zu erklären:

Zunächst eine Entschuldigung für einen Layout-Fehler, der möglicherweise Unmut hätte vermeiden helfen. In dem viel zitierten Satz aus dem Beitrag von Rico Müller »Das Treffen offenbarte, dass jeder Versuch, aus den in Stuttgart versammelten Gewerkschaftslinken die Gewerkschaftslinke zu konstruieren ... zum Scheitern verurteilt ist« fehlt eine Hervorhebung des Wörtchens »die«. Gemeint war nämlich die Vorstellung einer politisch wie sozial homogenen gewerkschaftlichen »Einheit«. Sicher sind wir uns jedoch nicht, ob es damit denn getan gewesen wäre, da offenbar die Qualitäten eines kontroversen Zusammenhangs nicht überall geschätzt werden, sondern vielmehr die Annahme zu bestehen scheint, es gehe um die Herstellung eben jener Einheit. Und bei dieser handelt es sich zwar ohnehin immer um eine, wie Müller geschrieben hatte, »Konstruktion« und nicht um eine aus dem »An sich« gehobene oder aus einer Schnittmenge abzuleitende oder aus Mehrheitsverhältnissen zu errechnende oder zu definierende Qualität, aber die Form, in der diese hergestellt wird, und ihr Inhalt sind uns keineswegs egal. Gerade weil es in der Sache, der Divergenz zwischen den Beiträgen von Martin Dieckmann und Tom Adler, die wir als strategisch-politische Kontroverse um die Bedeutung von »Hügeln« und »Sümpfen« für die Tarifpolitik in der gleichen Ausgabe des express dokumentiert hatten (übrigens mitsamt den Vorschlägen der AG Tarifpolitik selbst), keine Verständigung über die Perspektiven gab, präsentierte sich die Form der Auseinandersetzung auf die Konferenz so beschränkt. So viel zur Verteidigung des Beitrags von Rico Müller, der sich gegen beides – Form und Inhalt der Einheits-Konstruktion – wandte, doch damit auch schon genug des defensiven Mittelfeldspiels, denn:

Der express war und ist kein Verlautbarungsorgan – noch nicht einmal, wie es Manchem scheint, »der« Betriebslinken, mit denen wir noch am ehesten, so viel zur »fehlenden Handlungs- und Basisorientierung«, gemeinsame Sache(n) gemacht haben bzw. machen –, sondern ein Forum. Und ein Autor« ist ein Autor ist ein »Autor« und nicht »die« Redaktion. »Den« express gibt es daher so wenig wie »die« Gewerkschaftslinke, und das ist auch gut so. Dies zu negieren würde zudem heißen, sich bezüglich der Verhältnisse auf eben jener Ebene, auf der – von einem Teil der G-Linken – eine gemeinsame »Handlungsfähigkeit« angestrebt wird, etwas in die Tasche zu lügen: Erinnert sei an rund vier Stunden äußerst kontroverse Debatte während der »Autokoordination«, auf der die Beschlüsse der G-Linken-Konferenz, in den Betrieben zu einem koordinierteren Vorgehen in dieser Tarifrunde zu gelangen, in voller Breite und mit sehr unterschiedlichen Konsequenzen diskutiert wurden. Eine systematischere, gemeinsame Auswertung des bisherigen Standes der Auseinandersetzungen in den Betrieben steht aus – auf den Bericht der AG Tarifpolitik sind wir gespannt.

Entsprechend hat »der« express weder bislang noch für die nächste Zukunft an eine Aufkündigung der Mitarbeit in der Initiative zur Vernetzung der G-Linken gedacht, im Gegenteil, same procedure as every year: Es gibt auch dazu höchst unterschiedliche Positionen innerhalb der Redaktion und ihres Umfeldes. Entsprechend werden wir weiterhin, auch wenn es »uns« noch so wenig passt, Vorhaben und Ergebnisse der Initiative ebenso wie »Einsprüche« – so wie zuletzt den Beitrag von Helmut Weiss und Uli Leicht (»Tradierte Konzepte überwinden – Open Theory für die gewerkschaftliche Zukunft«), der eigentlich auf der Konferenz hätte gehalten werden sollen – veröffentlichen. Und das in voller Breitseite: etatistisch, linkskeynesianisch, rechtskeynesianisch, anarchistisch, syndikalistisch, ökonomistisch, bewegungsfetischistisch, institutionalistisch, sozialpartnerschaftlich – wer mag hier weniger bieten als die G-Linke selbst? Wer mag vor allem die Kritik am Zustand der Bewegung verbieten? Und daher werden wir weiterhin sogar damit leben, dass uns Freunde aus der eigenen Redaktion vorhalten, unser »smooth-Unionism« (spöttischer Kosename für »Social Movement Unionism«) sei ja nun auch nur ein weiteres label innerhalb eines im Ganzen fragwürdigen Bezugs auf eine Bewegung der Möglichkeit nach betrachtet. Denn so ist es, und nicht fix und fertig. This is not the end, my friend.

Kirsten Huckenbeck

Erschienen in express - Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit - Ausgabe 2/2002


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