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Updated: 18.12.2012 15:51
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AI sorgt sich um Sicherheit von Mitgliedern sozialer Organisationen in Oaxaca - Homepage ruft zur Gewalt gegen Repräsentanten der sozialen Bewegung auf

In einer Urgent Action vom 11. August 2006 äußert sich das internationale Sekretariat von Amnesty International besorgt über zukünftige Polizeieinsätze gegen DemonstrantInnen der sozialen und gewerkschaftlichen Bewegung im südwestmexikanischen Bundesstaat Oaxaca. Befürchtet wird, dass es zu schweren Menschenrechtsverletzungen und zu Verstößen gegen internationale Menschenrechtsabkommen kommt (Original der Urgent Aktion von Amnesty International: UA auf englisch externer Link).

Hintergrund des aktuellen Aufrufs bilden gewaltsame Vorfälle, mit denen AktivistInnen der sozialen und gewerkschaftlichen Bewegung in Oaxaca eingeschüchtert werden sollten. Betroffen hiervor sind laut AI Alejandro Cruz López, Repräsentant der "Indianischen Organisationen für die Menschenrechte in Oaxaca - OIDHO", sowie weitere Gewerkschaftsführer und Mitglieder der "Volksversammlung von Oaxaca" - APPO (Asamblea Popular del Pueblo de Oaxaca) und Arbeiter der regionalen Tageszeitung "Noticias". Bei den Vorfällen Ende Juli wurden die Wohnhäuser der Opfer mit Molotov-Cocktails angegriffen. Auf die Angestellten des Presseorgans wurden am 9. August geschossen (siehe hierzu Meldung auf Chipas 98 externer Link). Amnesty hatte schon in der Vergangenheit Urgent Actions zum Schutz des Zeitungspersonals ins Leben gerufen. "Noticias" ist nach AI-Angaben die einzige Tageszeitung in Oaxaca, die systematisch die Regierung des Gouverneurs Ulises Ruiz Ortiz kritisiert hat. Mit den Protesten, die seit Mai diesen Jahres verstärkt wurden, soll die Absetzung des umstrittenen Gouverneurs erreicht werden.

Die Sicherheit der aktuell Betroffenen sowie weiterer Mitglieder der gewerkschaftlich-sozialen Bewegung wird von AI nach wie vor als akut eingestuft - insbesondere nach der Ermordung eines Sympathisanten der "Volksversammlung" APPO am vergangenen 10. August.

Die aktuellen Proteste sozialer und gewerkschaftlicher Organisationen stehen im Zusammenhang mit dem so genannte Lehrerstreik (plantón magisterial), der von einer großen Zahl sozialer und ziviler Organisationen unterstützt wird. Seit Ende Mai halten tausende Mitglieder der Lehrergewerkschaft und sozialer Organisationen das historische Zentrums von Oaxaca-Stadt sowie mehrere Regierungsgebäude besetzt (siehe hierzu die Meldung auf der Seite von ila externer Link). Nach AI-Angaben wurde inzwischen auch die Radio- und Fernsehstation "Canal 9" in Oaxaca-Stadt von DemonstrantInnen okkupiert. Ein Radiosender der oaxakenischen Universität, der Anfang Juli von StudentInnen zur Unterstützung der Proteste besetzt wurde, ist am 22. Juli von ungefähr 20 Unbekannten unter Einsatz von Schusswaffen angegriffen worden.

Nach den Informationen, die AI vorliegen, wurden im Bundesstaat Oaxaca inzwischen mindestens 50 Haftbefehle gegen führende Personen der Gewerkschaften und SympathisantInnen der "Volksversammlung in Oaxaca" - APPO - ausgestellt. Betroffen hiervon ist auch Alejandro Cruz López von OIDHO, der aufgrund einer angeblichen Teilnahme an illegalen Aktivitäten im Rahmen der Proteste festgenommen werden soll (siehe hierzu Meldung auf Chiapas98 externer Link).

Die Regierung von Oaxaca drohte laut AI im aktuellen sozialen Konflikt mehrfach damit, die Streikenden unter Einsatz von Gewalt zu vertreiben. Nach einer solchen Beendigung des Streiks sollten die Lehrer dazu gezwungen werden, in die Klassenzimmer zurückzukehren. Außerdem sollten so die Unternehmerinteressen geschützt werden, die sich von den massiven Proteste in den Straßen Oaxacas direkt betroffen sehen. AI hatte schon in der Vergangenheit Vorfälle dokumentiert, in denen die Polizei des Bundesstaats Oaxaca mutmaßlich einen exzessiven Gebrauch von Gewalt gemacht hat, um DemonstrantInnen aus dem Zentrum von Oaxaca-Stadt zu vertreiben. Außerdem seien Fälle bekannt, in denen Mitgliedern der Bewegung "falsche" Straftaten angehängt wurden, um die sozialen Proteste im Bundesstaat Oaxaca zum Erliegen zu bringen.

Amnesty fordert dazu auf, Schreiben an den Gouverneur von Oaxaca, Ulises Ruiz Ortiz sowie die Generalstaatsanwältin von Oaxaca, Lizbeth Caña Calez und an den Generalstaatsanwalt der Republik, Daniel Cabeza de Vaca zu schicken. Darin sollen die Unterzeichnenden ihre Besorgnis über den Tod von José Jiménez Colmenares ausdrücken, der bei der Demonstration am vergangenen 9. August erschossen wurde. Zu der Umständen seines Todes soll eine unabhängige Untersuchung der Todesumstände eingefordert werden. Außerdem sollen die staatlichen Stellen aufgefordert werden, die Sicherheit der betroffenen führenden Personen der gewerkschaftlich-sozialen Bewegung sowie der Zeitungsmitarbeiter zu garantieren. Des weiteren sollen die staatlichen Autoritäten dazu angehalten werden, von einem übermäßigen Gewalteinsatz gegen Streikende, BesetzerInnen und ihre UnterstützerInnen abzusehen, entsprechend der UN-Abkommen, die Mexiko unterzeichnet hat.

Wie die landesweite Tageszeitung "Jornada" am 14. August berichtet, ruft seit kurzem eine Website alle OaxakenierInnen dazu auf, Mitglieder der Volksversammlung APPO festzunehmen (siehe dazu die Meldung bei La Jornada externer Link). Die Organisation, die sich zynischerweise "Oaxaca en Paz - Oaxaca in Frieden" nennt, veröffentlichte hierzu auf ihrer Seite externer Link Namen von führenden Personen der Bewegung, die aufgesucht und "verhaftet" werden sollen. Auf der Seite, die in Art eines Fahndungsplakates mit Fotos der "Gesuchten" aufgemacht ist, werden die betroffenen Personen als "Verbrecher" bezeichnet, die die Stadt angeblich "als Geisel" halten. Von der Geschmacklosigkeit der Homepage-Betreiber und ihrer gewaltverherrlichenden Intention zeugt auch die Erwähnung von José Jiménez Colmenares, der am 9. August bei der friedfertigen Demonstration gegen Gewalt und für eine Absetzung des Gouverneurs erschossen wurde: Der leere Kasten über seinem Namen, in dem vermutlich noch ein Foto des Verstorbenen eingestellt werden soll, ist mit einem Kreuz rot ausgestrichen.

Auch der Menschenrechtsverteidiger und Rechtsanwalt der indigenen Basisorganisation OIDHO, Alejandro Cruz López, gehört zu der "Liste der meist Gesuchten", die in einzelnen Steckbriefen verleumdet und als vogelfrei dargestellt werden. So wird behauptet, Cruz López habe eine Ausbildung in irregulärer Kriegsführung und Massenmobilisierung erhalten. Außerdem soll er den Führer der Lehrergewerkschaft mit dem Tode bedroht haben. Des weiteren bezahle er Leute, die für ihn demonstrieren, zwischen 10.000 und 20.000 Pesos (ca. 1.000 bis 2.000 Euro) pro Tag.

Alejandro Cruz López hat Anfang der 1990er Jahre die Basisorganisation OIDHO zur Verteidigung der Menschenrechte in marginalisierten indigen-bäuerlichen Gemeinden Oaxacas gegründet. Er ist für seine gewaltfreie Position und seine Beständigkeit gegenüber Korruptionsversuchen und Einschüchterungen bekannt. Cruz López war mehrmals politischer Gefangener, wurde dabei gefoltert und schwer misshandelt. Das letzte Mal wurde er im Februar 2005 in seiner Funktion als Anwalt bei einem Treffen mit Vertretern des Gouverneurs von Oaxaca illegal festgenommen. Daraufhin verbrachte er mehrere Monate unschuldig im Gefängnis. Cruz López gehört zu der Unterzeichnergruppe von VertreterInnen der Volksbewegung APPO, die am 27. Juli 06 formell die Forderung nach einer Absetzung des Gouverneurs beim Senat der Republik eingereicht haben (Siehe dazu das Dokument externer Link [als Download einer Word-Datei; 2,3 MB]).

Eberhard Raithelhuber, promovio e.V. - Verein zur Förderung der indianischen Menschenrechtsbewegung in Oaxaca / Mexiko; Dresden, 15. August 2006


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