Trainees schuften sich zu Tode: In Japan beuten Unternehmen ausländische Nachwuchskräfte unter dem Deckmantel der Entwicklungshilfe aus
"Li Qhing Zhi hatte einen Traum: Der gelernte Koch wollte in seiner Heimat China ein japanisches Restaurant aufmachen. Als er von einem Weiterbildungsprogramm für ausländische Fachkräfte in Japan hörte, sah er darin die Chance seines Lebens. Doch Zhi erlebte einen Alptraum: Drei Jahre lang musste er für einen Möbelhersteller Hilfsarbeiten wie Abfallverbrennen verrichten. Bis heute hat der Chinese keine Restaurantküche in Japan betreten. "Inzwischen habe ich die Hoffnung aufgegeben", sagt Zhi tief enttäuscht. Statt Ausbildung stand Ausbeutung auf seinem Stundenplan. Von sieben Uhr morgens bis 22 Uhr abends dauerte die Fron, nur an 21 Tagen im Jahr hatte er frei. Trotzdem hat der 34-Jährige noch Glück gehabt. Denn 2008 kamen 35 und letztes Jahr 27 Trainees ums Leben - viele davon wohl durch Überarbeitung. 25 starben an einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall, obwohl die Trainees zwischen 20 und 40 Jahre alt sind..." Artikel von Martin Fritz in der Frankfurter Rundschau vom 24.07.2010
Zwei Stunden Streik in allen Häfen: Wegen Asbest
Asbest - heute nur noch in Ländern, die man früher "dritte Welt" nannte? Oder: "Altlast"? In Japan jedenfalls nicht. Weil Hafenarbeiter im Freien arbeiten, sind sie von den Asbestregeln des Arbeitsministeriums ausgenommen, ganz so, als würden sie die Stäube so wenig einatmen, wie die Bürokraten des Ministeriums. Dagegen haben sie sich mit einem zweistündigen landesweiten Warnstreik zur Wehr gesetzt, bei dem die Hauptforderung war, entsprechende Entschädigungsregelungen auch für Hafenarbeiter anzuwenden. Der kurze Bericht "Dockworkers on strike for 2 hours on asbestos issue" vom 14. April 2010 bei unseren Kollegen vom LabourNet Japan.
"Saure Erdbeeren - Japans versteckte »Gastarbeiter«
Im März 2009 lief der Film in einer englisch- und japanischsprachigen Version auch in mehreren Städten Japans. Als erster Dokumentarfilm über die Schicksale von Migranten, stieß er beim Publikum in Japan auf großes Interesse. Gefördert wurde das Projekt durch die Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt, die Filmgruppe CinemAbstruso sowie den StudentenInnenrat der Universität Leipzig. Aktuell ist er an folgenden Terminen zu sehen: 8. Mai, Wurzen, 20:00, Kultur- und BürgerInnenzentrum D5, (UT-Deutsch); 12. Mai, Leipzig, tba, Internationale Studentische Woche 2009 (UT-Englisch/Japanisch); Siehe dazu die aktualisierte Presseerklärung.
"Der Film (Farbe 65min, Deutschland / Japan 2008) ist ein Dokumentarfilm der Leipziger Japanologen und Filmemacher Tilman König und Daniel Kremers. "Sauer Erdbeeren" wurde im März 2008 in Tokio gedreht. Das zweiköpfige deutsche Drehteam wurde vom japanischen Regisseur Shingo Matsumura unterstützt. Schnitt und Nachbearbeitung fanden in Leipzig statt. Die Premiere des Films findet am Freitag den 19. September um 21:00 in der Schaubühne Lindenfels in Leipzig statt. Eine zweite Vorstellung kommt am Montag den 22. September um 20:00 im Societätstheater in Dresden." Weitere Informationen zum Film von Daniel Kremers
"Klima der Angst" hat Zugführer ins Unglück getrieben
"Auch sechs Wochen nach der Bahnkatastrophe in Japan ist die Betreibergesellschaft in Erklärungsnot. Noch immer trauern Menschen, beten, legen Blumen nieder an der Stelle, wo ein Zug in ein Wohnhaus raste und 106 Passagiere und den Lokführer in den Tod riss. Sechs Wochen nach dem schweren Eisenbahnunglück ist Japans Öffentlichkeit noch immer tief erschüttert." Artikel von Angela Köhler , Tokio, in der Stuttgarter Zeitung vom 02.06.2005.
Herzattacke als Berufskrankheit anerkannt - 100 Überstunden pro Monat
Rattan Singh aus Bangladesh kam 1996 nach Japan, um dort auf dem Bau als Hilfsarbeiter zu arbeiten. 2003 hatte er eine schwere Herzattacke - und hat, mit Unterstützung seiner Gewerkschaft, durchgesetzt, dass diese Attacke mit bleibenden Schäden als Berufskrankheit anerkannt wurde. So wurde es vom lokalen Büro des Arbeitsministerium in Sagamihara in der letzten Woche entschieden. Singh hatte fast die ganzen sieben Jahre lang über 100 Überstunden im Monat machen müssen - dies sei ein entscheidender Belastungsfaktor, so das Arbeitsministerium. Die Tatsache, dass Singhs Arbeitserlaubnis längst abgelaufen war, habe damit nichts zu tun, so der Bescheid - auch für "illegale" Beschäftigte gelte in Japan der Arbeitsschutz. Die (englische) Meldung "Bangladeshi worker's heart attack recognized as occupational disease" vom 24.Mai 2005 der Kyodo News bei "Yahoo Asia News"
Karoshi für alle
Mehr Arbeit, weniger Lohn: In Japan setzen die Unternehmer mit so genannten Restrukturierungen nun auch in den Großbetrieben die Beschäftigten unter Druck. "Karoshi, Tod durch Überarbeitung, gehört zu den wenigen modernen japanischen Begriffen, die es geschafft haben, Einzug in andere Sprachen zu halten. Der Rückgriff auf eine japanische Vokabel kommt nicht von ungefähr, wird doch nicht nur diese spezielle Todesart für typisch japanisch gehalten, sondern stehen dahinter auch bestimmte Vorstellungen davon, was Arbeit in Japan bedeutet. Und in der Tat war Karoshi über lange Zeit beinahe eine Art Privileg, denn dieselbe Schicht, die von dem Phänomen potenziell betroffen war, konnte sich großzügiger Gegenleistungen für ihre Arbeitsmühen erfreuen...." Artikel von Hans Martin Krämer in Jungle World 49/2001 vom 28. November 2001 |