Ein neuer Fall von Aussperrung der Wahrheit
Keine vier Wochen nachdem die italienische Regierung nicht nur den prominenten irakischen Rednern der Internationalen Irakkonferenz sondern auch dem Folteropfer Haj Ali die Einreisevisa verwehrt hat, zieht nun der scheidende deutsche Außenminister Joschka Fischer nach.
Zwei Mitglieder der Basra Ölarbeitergewerkschaft, der ersten nach dem Sturz der Saddam Regierung gegründeten Gewerkschaft, der es in den ersten Wochen der Besatzung gelungen war, erfolgreich gegen das Lohndumping der amerikanischen Kräfte zu mobilisieren, durch einen Streik gelingt es ihnen, die Löhne der Arbeiter zu verdoppeln. Sie ist die einzige unabhängige Gewerkschaft in Irak und zu ihrem Programm gehören nicht nur Arbeiterrechte sondern auch der Kampf für die Beendigung der Besatzung.
Eigentlich wollten die Gewerkschafter ihre dreiwöchige Veranstaltungsreise durch Europa, auf der sie über die Lebensbedingungen der irakischen Bevölkerung unter der Besatzung berichten wollen in Deutschland beginnen. Nachdem sie mehrmals von der deutschen Botschaft hingehalten werden, sagte man ihnen zum Schluß, daß ihnen überhaupt keine Visaanträge vorlägen.
Es ist nicht das erste Mal, daß die Bundesregierung besatzungskritische Veranstaltungen zu verhindern sucht. Den Veranstaltern für eine internationale Irakkonferenz in Berlin im März dieses Jahres wurden nach dem Europabesuch George Bushs die bereits vorher angemieteten Räume gekündigt. Der Vermieterin, einer Kirchengemeinde war von Beamten des Staatsschutzes mitgeteilt worden, daß Redner der Konferenz dem terroristischen und antisemitischen Lager zuzurechnen seien. Verstärkt wurde der Druck auf die Veranstaltung durch eine groß angelegte Hetzkampagne in den Medien, nachzulesen unter
www.irakkonferenz.de/
Trotz beengter Räumlichkeiten fand die Veranstaltung letztendlich doch noch statt. Der auch im Oktober nach Italien eingeladene Sheikh Khalesi war einer der Redner in Berlin.
Inzwischen ist mehr als ein halbes Jahr vergangen und der Widerstand gegen die Besatzung nimmt von Tag zu Tag zu. Selbst ehemals Bush-loyale Politiker stellen inzwischen
õffentlich unbequeme Fragen. Es ist zu erwarten, daß nach den offensichtlich manipulierten Ergebnissen des Grundgesetzreferendums die Spannungen in Irak weiter zunehmen werden. Daher müssen heute härtere Töne angeschlagen werden. Die stark angeschlagene amerikanische Regierung beißt gleich einem verletzten Tier wild um sich, immer neue Verfügungen werden erlassen, um die Unterstützer des irakischen Widerstandes einzuschüchtern und die europäischen Staaten ziehen brav mit. Das antiimperialistische Camp wird schon seit dem lezten Jahr mit Terrorismusvorwürfen überzogen, gefundenes Fressen war die Kampagne „10 Euro für den irakischen Widerstand.“ „Terrorismus“ ist zum am inflationärsten gebrauchten Wort der letzten Jahre geworden. Er dient als Rundumschlagswaffe, um legitimen Widerstand und seine Unterstützung zu kriminalisieren und obendrein noch die Wahrheit zu unterdrücken. Als Terroristen lassen sich Widerstandskämpfer und ihre zivilen Unterstützer bezeichnen, ebenso wie Oppositionspolitiker, die sich nicht von ersteren distanzieren. Was ist aber mit Folteropfern oder mit Gewerkschaftern? Da sich selbst gläubige Anhänger der Busch eigenen Sicherheitsdoktrin schwer damit tun dürften, auch diese als Terroristen abzustempeln, bleiben immer noch formale Gründe, um die Verbreitung der Wahrheit zu verhindern zu versuchen, die sich aus dem Mund unter der Besatzung lebender Iraker noch einmal ganz anders anhört, als in der Sprache distanzierter humanitärer Organisationen.
Fatma Salih Uthman,
Sprecherin der Maxmur Organisation fuer Menschenrechte und soziale Fragen
Bagdad, 25. Oktober 2005
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