letzte Änderung am 06. Januar 2003 | |
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Nach Amtsantritt Lulas als Präsident am 1.Januar scheint es besser als unmittelbar nach der Wahl möglich, Perspektiven, Hoffnungen und Grenzen dieser Präsidentschaft auszuloten. Denn jetzt zeigen sich bereits die ersten Auseinandersetzungen so, wie sie in den nächsten Jahren sich wahrscheinlicherweise entwickeln werden. So wurde beispielsweise die Berufung Gilberto Gils (Grüne Partei) zum Kulturminister ebenso begrüsst wie die von Marina Silva im Umweltministerium. Hierzulande weniger bekannt, in Brasilien aber desto umstrittener, die Nominierung von profilierten Neoliberalen als Finanzminister und Präsident der Zentralbank. Ob aber trotzdem die "Achse des Guten wächst?" - Fidel Castro und Hugo Chavez, sowie Lucio Guttierez waren die Staatsgäste bei der Amtseinführung...
Dieser Satz Lulas trifft wohl in der Tat die wesentliche politische Dimension dieses Wahlergebnisses. Dass selbst die als "kalt" geltenden PaulistanerInnen auf den Strassen São Paulos den Wahlsieg wie Karneval feierten, mag als Indiz für den "Veränderungsdruck" gelten.
Zumindest in vielen Ländern Lateinamerikas wurde der Wahlsieg Lulas als eine Art Beginn eines Epochenwandels herbeigesehnt und verstanden. Bei seinem Besuch in Argentinien rief Lula denn auch direkt dazu auf, dem brasilianischen Beispiel zu folgen. Begrüsst wurde der Wahlsieg aber auch von allen führenden IBFG Gewerkschaften. Als Beispiel die Stellungnahmen der Internationalen Metallarbeiterföderation und der United Steelworkers of America, wie sie im (englischsprachigen) Nachrichtendienst der brasilianischen Metallarbeiterföderation CNM (Mitglied der CUT) wiedergegeben wurden: CNM-Dokumente zur Lula-Wahl
Die Weigerung Lulas, bei Amtsantritt den Mindestlohn um 50 Dollar zu erhöhen - stattdessen soll der Hungerlohn zur Jahresmitte gerade mal um 10% steigen - scheint ein Indiz dafür, dass nicht einmal Spielraum für einen "honeymoon" ist. Im November bereits hatte Lula Gewerkschaften, Unternehmer und andere Gruppierungen eingeladen, Gespräche über den Abschluss eines Sozialpaktes zu führen. Was nach klassischer sozialdemokratischer Politik klingt, ist es auch: Hauptgegenstand der Debatte war eine Reform Arbeitsgesetze, die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes bringen soll - bekannte Segnungen wie Lockerung Kündigungsschutzes usw...
Auslandsverschuldung, Landreform, Panamerikanische Freihandelszone - das sind die die Grundsatzfragen (die ersten beiden: seit langem), um die im gesellschaftlichen Raum Brasiliens Auseinandersetzungen geführt werden. Im unabhängig organisierten Referendum über die Freihandelszone ALCA (FTAA auf englisch) hatten sich über zehn Millionen BrasilianerInnen gegen diese Einführung ausgesprochen - wobei davon ausgegangen werden darf, dass sie (fast) alle Lula-WählerInnen sind.
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