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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Der DGB, die Lohnpolitik und die Schwäche der Gewerkschaften Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 19.5.2010
Ein kleiner Vorspann Nach der Eröffnung mit Merkel und Sommer hat sich bei mir die Wahrnehmung auf diese politisch-gewerkschaftliche Szenerie noch mehr akzentuiert oder verschoben : es erscheint das Bild einer schrecklichen "Kultur der Verantwortungslosigkeit" in Deutschland - keine(r) steht für "sein" eigenes eklatantes Versagen ein und sieht nur den Fehler bei den "anderen" - und so kann es dann sogar zu demonstrierten "Gemeinsamkeiten" kommen. Vorgestern begann der DGB-Kongress mit geplanten Einschnitten - und als alten DGB-ler versetzt mich dies "natürlich" in einen geistigen Erregungszustand - und die geringe Berichterstattung dazu lieferte mir dann ein wenig den "Nährboden" zu einer kleinen Auseinandersetzung. Und nebenbei geht mir bei der Finanzkrise "ein Licht auf", wie wir in Deutschland quer durch die Organisationen eine "Verlogenheitskultur" - oder präziser noch eine "Kultur der Verantwortungslosigkeit" -pflegen, die allenfalls die Linke ankratzt - dieser "böse Bube", pfui, pfui ! Ganz anders als in den USA, wo inzwischen doch jeder wissen kann, wie das mit der Finanzkrise - auch politisch ! - lief. So wird wenigstens die Verantwortlichkeit geklärt. Oh, bei uns waren die ganzen Polit-Täter von Merkel über Steinbrück & Co bis hin zu den Landesbanken nur unschuldige Opferlämmlein. Ja, vielleicht sagt man dann doch besser wie die SZ "Vorwurfskultur" dazu - eben immer sind nur die "anderen" schuld ( siehe dazu unten Leo Müller`s "Bankräuber") - aber eben nicht nur bei der Finanzkrise, diesem Lieblingsfeind der Gewerkschaften, weil sie so über das eigene "Versagen" bei den "ökonomischen Ungleichgewichten" nicht zu sprechen brauchen. Linken-Parteitag und der Beginn des DGB-Kongresses Eine interessante zeitliche Koinzidenz von der Inszenierung politischer ( Linke ) und gewerkschaftlicher (DGB )Kräfte, die so wenig miteinander zu tun haben wollen - jedenfalls die Gewerkschaften und schon seit langem alles tun, um dieses Auseinanderfallen absolut zu verstärken. Es mag erst einmal skizzenhaft, vorläufig - aber auch provozierend ausfallen, aber angesichts der in der Öffentlichkeit dargebotenen Meinungsbildung doch notwendig, weil dort nur sehr "sporadische" Einzelausschnitte geboten werden, die sich so erst einmal schlecht zu einem - wohl erst kursorischen - Gesamtbild dieser sog. DGB-Reform zusammenfügen lassen. Ich weiß nicht, ob und wie deutlich mir es gelingt, dies ein wenig "entlang" der aktuellen Berichterstattung nachzuzeichnen - dennoch versuche ich diesem knallharten bevorstehenden "Einschnitt" in das "uralt" deutsche Gewerkschaftsverständnis nachzuspüren - ein wenig in der Absicht, doch auch verständlich zu machen, was hier in gedanken- und ideenloser Manier so platt einfach vollzogen wird , werden muss - immer unter dem schon lange währenden Diktum des "Sparens" wegen des Mitgliederverlustes. Die etwas hochtrabende Bezeichnung "Strukturreform" ist schon deshalb meist weit zu hoch gegriffen. Keine ökonomisch angemessene Definition der Löhne mehr durch Gewerkschften vorhanden Aber beginnen wir bei Eva Roth und mit ihrer Feststellung, dass - und das ist ein speziell deutsches Problem ! - die Lohnpolitik die Schwäche der Gewerkschaften signalisiert: http://www.fr-online.de/top_news/2646579_Lohnpolitik-Die-Schwaeche-der-Gewerkschaften.html Und zu recht wird festgestellt, dass dies doch eigentlich ihr Kerngeschäft wäre - aber nun haben sie nur noch den "prekären Salat" neben der netten Pflege der eigenen traditionellen Stammklientel : Oder noch etwas genauer in Zahlen ausgedrückt: rund ein Viertel der Beschäftigten sind im Niedriglohnsektor ( junge Menschen haben zunächst meist gar keine andere Chance!) und von dem zentralen Gestaltungsinstrument der Gewerkschaften dem Flächentarifvertrag werden nur noch rund die Hälfte der Beschäftigten erfasst. Das hängt ganz stark mit zwei Entwicklungen zusammen: 1.) Während des Einigungsprozesses verließen die Gewerkschaften - etwas ökonomisch "tölpelhaft" - den Pfad der "Lohntugend" und schufen mit dem "falschen Lohn" ( vgl. das entsprechende Kapitel "Der falsche Lohn" in: Heiner Flassbeck "Gescheitert" ), der eben nicht mehr im Zusammenhang mit der Produktivitätsentwicklung stand, eine immer größere "tarifvertragslose Zone". 2.) Schuf die Rot-Grüne Regierung mit den Hartz-Reformen - so wie es der damalige Bundeskanzler Schröder den Bossen in Davos angekündigt hatte, den größten Niedriglohnsektor in Europa - eine der härtesten politischen Niederlagen für die deutsche Gewerkschaftsbewegung, gegen die sich zu wehren, gerade ein Oskar Lafontaine noch gehofft hatte, dass die Gewerkschaften zu dem Instrument des politischen Streiks greifen würden. Nur gefangen in dem speziellen deutschen Arbeitsrechts"korsett" des "Nipperdeyschen Käfigs" wurde dies gleich überhaupt nicht politisch thematisiert. Einmal durch Richterrecht geschaffene Rechtsordnungen - obwohl es im europäischen Ausland ganz anders gehandhabt wird - werden so wie "naturgegeben" und deshalb unveränderbar für "ewig" hingenommen. Obwohl es ein wunderbares Tableau gewerkschaftlicher Möglichkeiten in Europa gibt, erscheint für die Deutschen - nebst ihren Medien - das deutsche Gewerkschafts-"Modell" als "einzigartig" und nur in dieser Form möglich. Ein sehr seltsames Verständnis in einem gemeinsamen Europa ! Während doch sonst überall vergleichendes "Ranking" nach den besten Ergebnissen angesagt ist, entzieht sich die deutsche Gewerkschaftsorganisation "standhaft" jedem Vergleich! Aber angesichts der gewerkschaftlichen Schwäche ergibt sich speziell für Deutschland das Phänomen, dass die Gewerkschaften in eine gewissen "Abhängigkeit" von der Politik geraten, weil die "eigene Kraft" nicht ( mehr ) weit reicht. Wie weit darf Politik in den Gewerkschaften gehen? Aber apropos Politik: Ich fand es enorm faszinierend, wie im letzten Wahlkampf zwar schön das Thema "Mindestlohn" auf die politische Agenda gesetzt wurde - aber zusätzlich alles vermieden wurde diese Arbeitsmarkt-"Reformen" auch nur anzusprechen ( war das die pure uralt Loyalität zur SPD und die Erwartung, die Linke einfach politisch in "Quarantäne" setzen zu können? - die Antwort möchte ich jedem selbst überlassen). So wurde also Hartz als "Faktum" von den Gewerkschaften einfach "akzeptiert" - und die ganzen Niedriglöhner mit dem "neuen" Mindestlohn zufrieden gestellt, von dem Ulrike Herrmann einmal so süffisant festgestellt hatte, er sei ja eigentlich durch die SPD und ihre Arbeitsmarktreformen erst "notwendig" geworden. und 3.) All dies zusammen ergibt, dass Deutschland rund die letzten zehn Jahre unter dem gemeinsamen Dache des Euro stagnierende oder gar sinkende Löhne hat, um - jetzt einmal grob gesagt - mit der dadurch entstandenen besseren internationalen Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland vor allem die in den anderen - europäischen - Ländern durch höhere Lohnsteigerungen entstandene Binnennachfrage für sich "abzuschöpfen" - ein wichtiger "Strukturfehler", der die jetzige Krise verschärft hat. Die notwendige "Reform" des DGB als der "politische" Arm der Einzelgewerkschaften? Oder Politik zur alleinigen Verfügung der Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften? Und wenn man diese Tendenzen als Grundlage für die jetzige Reform nimmt, deren Philosophie eine eindeutige Entpolitisierung ist - Ulrich Mückenberger und Eberhardt Schmidt erinnerten in der FR an die "unselige" Geschichte der Ortskartelle mit ihren "Ehrenamtlichen", die auch schon mit Hilfe der Einzelgewerkschaften weitgehend ins "politische Abseits" geschoben wurden - www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/doku_und_debatte/264-Mueckenberger-Die-Gewerkschaften-muessen-den-DGB-lenken.html - dann ergeben sich andere Bilder: die Einzelgewerkschaften haben in ihrem "Kerngeschäft", den Löhnen, immer weniger zu sagen, also müssen sie ihre Attraktivität für eventuelle Mitglieder auf dem politischen Felde suchen. Eigentlich müsste das dem DGB zustehen - nur da dieser von den Einzelgewerkschaften vollständig "abhängig" ist, macht man ihm das leicht streitig. Alternative: Schlagkräftige Gewerkschaftspolitik - Das Vorbild ÖGB Warum dann nicht für eine Reform des DGB den Weg des ÖGB (Österreichischen Gewerkschaftsbundes) gehen: alle werden nur noch Mitglied des Daches - und die Einzelgewerkschaften sind "Abteilungen" des einheitlichen Gesamtverbandes? Man könnte da sicher besser und auch "effektiver" sparen? Der Kern der Reformvorstellungen Also bleiben wir weiter erst einmal "immanent" in der deutschen Diskussion - auch wenn sie überhaupt nicht in der Lage ist über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=sw&dig=2010%2F05%2F14%2Fa0075&cHash=fab7876912 sowie weiter zur "Struktur-Reform" www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/real/dgbstruktur.html Gerade auf der regionalen Ebene soll es jetzt wieder - trotz der "widrigen" Erfahrungen mit den Ortskartellen - von ehrenamtlichen Mitgliedern gemacht werden - aber wenn die dann z.B. von Attac "übernommen" werden? Ich erwähne das nur wieder als Beispiel - das vor allem auch der Frage nachgeht, was ist, wenn mangels "Kapazität" eine eigene politische Meinungsbildung unterbleiben "muss". Gibt es dann etwa "Richtlinien", die festlegen, dass nur langjährige "genormte" SPD-Mitglieder, die nie an Hartz zu rühren wagen - oder allenfalls in dem Geiste, den die SPD gerade aktuell einmal bereit ist zuzugestehen, eben nur solche ein gewerkschaftliches Ehrenamt "übernehmen" dürfen. Oder nehmen wir einfach das ganz aktuelle Beispiel der Finanzkrise, zu dem der IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber eine "Wahrheitskommission" von der Bundesregierung fordert - wohl angesichts der Defizite in der eigenen Wahrnehmung. Darf dann ein Ehrenamtlicher möglichst erst dann eine Meinung haben, wenn die Bundesregierung sich "bequemt" - und sonst eben nicht. Wie steht es in diesem Zusammenhang mit einer qualifizierten Position zum Bankentribunal von ATTAC, von dem sicher viele nützliche Anregungen ausgingen, aber das ich aus meiner - vielleicht etwas ökonomisch keynesianischen - Sicht keineswegs eins zu eins für die Gewerkschaften übernehmen wollte. Aber wer soll das dann übernehmen - allein der wackere Dierk Hierschel vom DGB-BV? Für eine bisher tragfähige "Bündnispolitik" zur Finanzkrise halte ich dagegen dies auf ein einzelnes Instrument zur "Eindämmung" der Finanzmärkte ausgerichtete Bündnis des DGB für eine "Finanztransaktionssteuer" (siehe www.steuer-gegen-armut.org ). Dabei hat m.E. Wolfgang Storz so recht, dass diese Finanzkrise gerade bis in die letzten Winkel des Alltags uns alle betrifft - auch und gerade die betriebliche Praxis: www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/ So zutreffend wird dieses politische Schauspiel der Ohnmacht in einem Essay von Harald Schumann dargestellt - www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/die-krise-ein-schauspiel-der-ohnmacht/1714228.html - nur welche Meinung darf gelten - eventuell auch gar die, dass Oskar Lafontaine schon 1999 Recht hatte? (www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/aktuell/2644861_Oskar-Lafontaine-im-Interview-Ich-habe-recht-behalten.html ) Und wenn der gut recherchierte Hintergrund-Bericht dann zu dem Ergebnis kommt, wie schon die rot-grüne Regierung uns bei der Finanzkrise - mindestens seit 2003 - hinters Licht geführt hat? (www.tagesspiegel.de/kultur/der-grosse-raubzug/1803948.html ) Albrecht Müller hatte dies auch schon auf den "Nachdenkseiten" ausführlich dokumentiert. Hier wurde im Gleichklang mit den Medien - ausgehend von der "Lehman-Lüge" - die ganze eigene Verantwortung für diese Krise abgeschoben. Nein, man selbst war überhaupt nicht in diese Sache involviert gewesen - allein die "bösen" anderen. Wie weit dürfen da "Meinungen" gehen, die mangels klarer gewerkschaftlicher Willensbildung (noch) nicht entschieden sein können? Außer man reduziert sich auf ein "Gewerkschaftsverständnis" - voll arbeitsteilig allein auf die "Praxis" im Betrieb und eben die Mitglieder - alle anderen Einschätzungen und seien sie noch so relevant für die Existenzbedingungen der Arbeitnehmer-Menschen - werden "delegiert" oder "outgesourct" und die daraus dann folgende politische Praxis wird von "oben" einfach übergestülpt - und jede(r)frau/mann hat sie so zu akzepieren und sich "hartz-mäßig" anzupassen. (www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=sw&dig=2010%2F05%2F14%2Fa0077&cHash=e759a7403d ) So streckt man/frau in diesen Gewerkschaften eben nach der Decke, die durch die jeweiligen politischen Mehrheiten vorgegeben ist - und keine Frage darüber hinaus - bitteschön - nur wie will man das bei dem zunehmenden "ehrenamtlichen Element", das so gewünscht wird, dann gewährleisten? Am besten "man" unterbindet es von Anfang an - und so wird dann eben nichts draus. Alles nur ein wenig ideologischer Schaum für die neuerlich anstehende Sparpolitik? Deutsche Gewerkschaften nur für sich ? Ja, wenn die Deutschen allein wären, könnten sie sich solche Dummheiten und kurzsichtigen Borniertheiten leisten mit eventuell weiteren Mitgliederverlust angesichts der gewerkschaftlichen Impotenz für immer mehr Beschäftigte - aber wir sind unter dem Dache des gemeinsamen Euro irgendwie zusammengekettet und Nicola Liebert beschrieb dies zu der Frage - jetzt aktuell in der Euro-Krise - "Ist der Euro noch zu retten" so trefflich : "So eine Währungsunion ist eine feine Sache für Länder, die stark vom Export leben. Früher stellte die starke Mark für die deutschen Firmen ein Problem dar. Jedes mal, wenn die Mark wieder zulegte, wurden die deutschen Ausfuhren wieder teurer und damit weniger wettbewerbsfähig. Auch die angeblich so hohen Löhne galten als Problem. Das hat sich alles geändert. In der Euro-Zone gibt es keine Mark-Aufwertungen mehr. Und die Löhne sind dank der rot-grünen Arbeitsmarktreformen, dank Zeitarbeit und 400-Euro Jobs inflationsbereinigt seit Jahren gesunken. Deutschland wurde Exportweltmeister. Die Sache ist nicht ganz so fein für Länder, wo die Löhne noch stiegen (erg. "dank" eines effizienteren Streikrechtes im Sinne der dortigen ArbeitnehmerInnen) - wie Griechenland, Spanien oder Italien (siehe auch bei Frankreich die "Intervention" von Lagarde).... Und jetzt werden die Rufe laut, dann müssten eben alle dem leuchtenden deutschen Vorbild folgen. Aber: Wenn alle den Gürtel enger schnallen und zugleich wie die Weltmeister exportieren, wer kauft dann die ganzen Waren?" Soweit zu dem Krisenproblem der "ökonomischen Ungleichgewichte" - und hier müsste ein Dachverband DGB sehr heftig mit den Defiziten der Einzelgewerkschaften, die ökonomisch so gravierend sind, ringen. Es soll Länder geben, wo dieses Ringen in aller Öffentlichkeit zwischen der stärker mikroökonomischen Sicht der betrieblich orientierten Einzelgewerkschaften und dem Dachverband durchaus üblich sind - aber dort hat der Dachverband auch eine größere Eigenständigkeit und daher Gewicht wie z.B. in Schweden. (www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2010%2F05%2F15%2 Aber zunächst müssten dann bei den "anderen" auch eifrig die Gewerkschaftsrechte weiter beschnitten werden - und die deutschen Gewerkschaften müssten es sich ans Revers heften lassen, dass sie als Taufpate an der "Wiege" dieses "Untergangs" der europäischen Gewerkschaften standen - aber darüber soll ja gerade nicht mehr geredet werden - sondern nur noch über die "Anpassung" an all diese "Unbillen" - so scheint es - oder sehe ich da etwas zu schräg? Gewerkschaften ohne Kontext? Es gab ja in der Weltwirtschaftskrise - angetrieben von den betrieblichen Interessen - noch durch die Gewerkschaften gewisse Erfolge für die Beschäftigung mit der Abwrack-Prämie und dem Kurzarbeitergeld. Nur wie weit reicht das gegenüber der immer rascher mit ihren Krisen zuschlagenden Finanzmärkten? Wie können langfristige Beschäftigungserfolge durchgesetzt werden? Schon angesichts der bisher vorgestellten Schwäche-Analyse drängen sich einem mehrere Punkte auf: 1.) Wie kann die Lohndurchsetzungsfähigkeit der deutschen Gewerkschaften so verbessert werden, dass sie im internationalen Vergleich - insbesondere für dieses gewerkschaftliche Projekt eines "Sozial-Modells für Europa" - nicht nur als der schreckliche "Klotz am Bein" daherkommen müssen, der jede weitere - auch sozial ausgewogene und ökonomisch machbare - Einkommensentwicklung behindert? 2.) Und in enger Verbindung damit steht die Frage der Ungleichheit der Einkommensverteilung als Wachstumshindernis, d.h. wie können die Gewerkschaften - anknüpfend an die internationale Diskussion, die von den Wirtschaftsnobelpreisträgern Paul Krugman und Joseph Stiglitz angestoßen wurde - diese rasante Verschlechterung der Einkommens- und Vermögensverteilung wieder zurückdrehen. Anregungen für diese Diskussion hat gerade das IMK mit seinem Report Nr. 41 zur "Rolle der Ungleichheit" ausführlich dokumentiert und sachkundig vorgestellt: www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_41_2009.pdf sowie kurz: www.boeckler.de/show_product_imk.html?productfile=HBS-004487.xml und zu einem Konsensmodell der Krisen-Erklärung Till van Treeck www.boeckler.de/94074_99866.html (Zur Krise weiter beachte z.B. die IMK-Reports Nr. 35, 36, 38, 40, 41, 48) Nur dies sei hier auch angemerkt, die politische Umsetzung der "Gleichheit" verweist auf ein in Europa wiederum vorhandenes Modell von Gewerkschaften im sog. "Nordischen Modell" der skandinavischen Länder. Einschub: Die Rolle wirtschaftlicher Erklärungsmuster für die gewerkschaftliche Politik So wurde das IMK (Institut für Makroökonmie und Konjunkturforschung) zu einem Leuchtturm gegen das so dominant gewordene neoliberale Mainstream-Feld in der deutschen Ökonomie. Und man muss dem DGB-Vorsitzenden Michael Sommer zugestehen, dass er einer sehr guten Eingebung gefolgt ist, als er den international renommierten Ökonomen Gustav Horn, als er wegen der dortigen neoliberalen "Gleichschaltung" beim Berliner DIW "gefeuert" worden war, ein Institut wie das IMK an die Hand gab. Aber welche Rolle spielt es für die Gewerkschaften? Wohl eher eine zufällige Außenseiter-Rolle! Während es früher im DGB einmal eine wirtschaftspolitische Bildungspolitik gab, die mit ihren jährlichen "Schwerpunkt-Themen" innergewerkschaftlich Meinungsbildung betrieben hat, ist beim DGB kein ökonomischer "Diskurs" mehr installiert. Die Gewerkschaften waren es eben zunächst in ihrer Tradition gewohnt, dass die herrschenden ökonomischen "Deutungsmuster" kaum etwas mit ihrer Interessenlage zu tun hatten - und sie so ihre "eigene" Meinung sich selber bilden mussten, um angemessen ihre "Interessenlage" auch ökonomisch begründen zu können. Ich will nun nicht unbedingt für die Wiederherstellung "alter Rituale" kämpfen, aber angesichts der meinungsstarken und finanziell gut ausgestatteten INSM ("Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft") der Metallarbeitgeber nebst Bertelsmann & Co. kann man nur sagen: deren Rechnung ging auf - man muss nur sämtliche "alternativen" Meinungskanäle weitgehend verstopfen und mit der geballten Macht der eigenen Meinungsbildung einen sog. neoliberalen Mainstream herstellen - und schon werden dann auch die Gewerkschaften gezwungen sein - ganz "faktisch" über ihre Mitglieder - auf dieser Welle nolens volens mitzuschwimmen. So könnte es durchaus jetzt, wo das Scheitern dieses marktradikalen Wirtschaftskonzeptes in der Krise so offensichtlich geworden ist, sehr dringlich werden, auch und gerade das so sehnlich herbei gewünschte ehrenamtliche Potential besser ökonomisch zu "schulen" bzw. einfach weiterzubilden, dass sie in jedem "Diskurs" gegenüber der Wirtschaftsdoktrin der Arbeitgeber ihren Mann bzw. ihre Frau stehen können. Über die "Bastionen gestrigen Denkens" muss eben auch aufgeklärt werden www.boeckler.de/94074_103242.html , sonst merkt gar niemand das "Ende der neoliberalen Agenda" (www.boeckler.de/94074_102360.html ) Eine den gewerkschaftlichen Interessen entsprechende ökonomische Denke stellt sich nicht über die traditionelle "Öffentlichkeit" der Medien her, wie zwei alte und erfahrene, den Gewerkschaften verbundene Journalisten in einer umfassenden Studie zur Wirtschaftsberichterstattung in der Krise feststellen mussten (www.nachdenkseiten.de/?p=5002 ). Ob diesen Defiziten abzuhelfen diese DGB-Struktur-Reform "hilft", darf stark in Zweifel gezogen werden, weil nicht diese anstehenden Probleme angegangen werden - ja, sie werden nicht einmal angemessen thematisiert. Ach, diese Feststellung wird so erschreckend deutlich vorgeführt, wenn der von den Gewerkschaften benannte Wirtschaftsweise Peter Bofinger zu Beginn des DGB-Kongresses mit der Brille des Ökonomen feststellt, dass wir in Deutschland "unter unseren Verhältnissen" leben (www.sueddeutsche.de/,tt3m1/wirtschaft/137/511245/text/ ), aber diese Problemlage wird nicht wahrgenommen wie bei Bofinger, der noch einmal feststellt: "Die Spekulanten sind schuld an der Euro-Krise, und die Bundesrepublik ist ihr Opfer? Alles Märchen" Die Währungsunion wird eben nur Zukunft haben, wenn die deutsche Wirtschaftspolitik erkennt, dass wir selbst ein Teil des Problems wie auch der Lösung sind. Das bedeutet nicht, dass wir nicht mehr exportieren oder in unseren Anstrengungen um Produktivitätssteigerung und Innovationen nachlassen sollen. Es bedeutet aber, dass wir dafür sorgen müssen, dass unsere Binnennachfrage endlich in Schwung kommt. Deutschland hat ein vitales ökonomisches Interesse am Euro. Doch ohne energische Anstrengungen der deutschen Wirtschaftspolitik für mehr Balance innerhalb des Systems wird die Europäische Währungsunion dieses Jahrzehnt nicht überleben. Nur derartige zentrale Erkenntnis ist noch nicht einmal beim DGB angekommen, wo der gemeinsame "Feind" die Finanzhaie sind und "nur" eine Regulierung der Kapitalmärkte gefordert wird (Michael Sommer). In dieser gemeinsamen "Vorwurfskultur" - schuld sind immer die "anderen" - kann dann die Bundeskanzlerin gutgelaunt anknüpfen - wenn auch mit unfruchtbareren Regeln für die Finanzmärkte - und schon ist der Beifall der versammelten Gewerkschafter da.(www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/2651961_Angela-Merkel-Die-Stimmungskanone.html ) Und da kann dann auch - angesichts der für die Politik so bequemen Lohndefizite - die Kanzlerin fröhlich die Gewerkschaften mit ihrer Mitbestimmung loben. Auf dieser Eben "herrscht" ja auch eher die allen gemeinsame mikroökonomische Denke. Abschließend tut es mir leid, feststellen zu müssen, dass Eva Roth in ihrem zusammenfassenden und abschließenden Kommentar zum DGB - es ist ja schon schön, dass es überhaupt einen gibt! - so einfach zu dem Schluss kommt, dass es doch ausreicht, wenn der DGB nur noch auf Bundesebene vorhanden ist , als ob es je ausgereicht hätte, Politik und Ökonomie nur vom Bund her verstehen zu wollen. Der neoliberale Mainstream kann so nie durchbrochen werden und die Gewerkschaften "in sich" nie lernfähig oder "diskursfähig" für Alternativen werden. Wie unter diesen Umständen ausgerechnet gewerkschaftliche "Stärke" zustande kommen soll, bleibt dann letztlich ihr Rätsel. Mir leuchtet es nicht ein. (www.fr-online.de/in_und_ausland/politik/meinung/2655980_Leitartikel-Was-Staerke-bedeutet.html ) P.S.: Dabei habe ich die gesamte Problematik der öffentlichen Finanzen ("zehn Jahre Entstaatlichung" - Peter Bofinger) und Finanzierung der Sozialleistungen nach den "Finanzmarktabstützungs-Programmen", die wohl besser "Spekulations-Abstützungsprogramme" hießen, hier noch gar nicht angesprochen, die auch nur gesamtpolitisch gelöst werden können. Aber dazu unkt dann nur der wiedergewählte Vorsitzende, "es wird sehr harte Einschnitte geben" (www.sueddeutsche.de/,ra311/wirtschaft/205/511312/text/ ) Nur wird dieser Hilflosigkeit des weiteren Hinnehmens dann noch die Warnung vor einer Spaltung der Gesellschaft - gar nur einer weiteren? - in die Welt gesetzt. (www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/2655700_DGB-Sommer-warnt-vor-weiterer-Spaltung.html ) Dies kann diesen Eindruck, dass anpassungsbereite Perspektivlosigkeit die Gewerkschaften wie Mehltau überzogen hat, schon gar nicht mehr aufheben. Außer man glaubt daran, dass wie bei Rumpelstilzchen die "Nennung" des Übels schon eine Lösung sein kann. Krise bleibt so eben Schicksal! Aber zu was brauchen wir Gewerkschaften, die nicht einen aus ihrer Rolle heraus plausiblen Weg aus der Krise weist? Aber vielleicht werden wir in dieser so pessimistischen Sicht doch noch positiv überrascht, da es doch noch die aktivierende Mitteilung gibt, dass die Gewerkschaften jetzt "lauter werden" und für einen Kurswechsel in der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik eintreten werden - durch Aktionen in den Betrieben. (www.fr-online.de/top_news/2659540_Grundsatzdebatte-Gewerkschaften-werden-lauter.html ) |