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Updated: 18.12.2012 15:51
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Kompetenzflucht aus dem DGB ? Eindrücke nach der DGB-Satzungs-Reform: Der letzte "seiner Art"!

"Heute steht es für alle lesbar im Kommunalteil der SZ: Der DGB-Regionsvorsitzende von München, Christoph Frey, wird neuer Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt ( Awo ). Was zunächst wie eine normale - und damit gewöhnliche - Personalie aussieht, könnte sich bei einem genaueren Blick als weitere "politische Entleerung" des DGB auf der regionalen Ebene darstellen.

Die Einzelgewerkschaften haben auf dem letzten DGB-Kongress eine Satzungsänderung durchgesetzt, die den Regionsvorsitzenden nach der bisherigen "Machart" - er wird auf einer Delegiertenversammlung von den Kollegen der Einzelgewerkschaften der Region gewählt - zu einem Relikt aus der vergangenen Tagen macht : er wird in Zukunft von oben - vom DGB-Bezirksvorstand "bestimmt" ( vgl. auch im LabourNet)

Damit wird aber gerade auf der regionalen Ebene dem DGB-Regions-Vorsitzenden die Grundlage entzogen - auch mit etwas Selbstbewußtsein - politisch wirken zu können. Der Nachfolger des Münchner DGB-Regionsvorsitzen wird also - ohn die bisherige "Rückkoppelung" an die Gewerkschafter aus der Region - von oben bestimmt. Das mag ja vielleicht mehr Macht für die Bezirksleiter und Vorsitzenden der Einzelgewerkschaften auf Landesebene ( und darüber hinaus - je nach Zuschnitt der neuen DGB-Bezirke ) bedeuten, aber auf der regionalen Ebene wird er "politisch total entleert" - und auch "entdemokratisiert". Und das für eine Region wie München , die von Freising bis nach Weilheim reicht...

Meine Prognose ist, dafür wird sich wohl kaum ein so engagierter und kompetenter DGB-Regionsvorsitzender mehr finden lassen , wie das der bisherige Regionsvorsitzende war - der als "Gewählter" sozusagen auch zum "letzten seiner Art" wurde . Und wenn dann wird es ein Nachfolger auch allenfalls als Zwischenstation für "Besseres" nutzen ( wegen der Möglichkeit zu vielfältigen Kontakten ).

Ein alter erfahrener DGB-Vorsitzender hat jedoch einmal gemeint, man bräuchte rund zwei Wahlperioden, um für die Gewerkschaften politisch so richtig Gewicht zu bekommen. Nun wird "keine Gefahr" mehr bestehen, dass auf regionaler Ebene der DGB noch ein politisches Gewicht erhält - ob das dann den Einzelgewerkschaften nützt ?

Der bisherige DGB-Regionsvorsitzende wird jedenfalls für sich einen angemessene Herausforderung finden : Er wird als Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt München einen Sozialverband mit 2 800 Mitarbeitern in 196 Einrichtungen zu managen haben. Dafür sei ihm viel Erfolg gewünscht - auch wenn der perspektivische Verlust für den DGB München wohl noch nicht abzuschätzen ist - und erst noch sein wird.

Und so könnte man den Satz des jetzt scheidenden DGB-Regionsvorsitzenden nach seiner Wahl : "Die vielfältigen Erfahrungen und die Leidenschaft, mit denen ich für den Deutschen Gewerkschaftsbund gearbeitet habe, bringe ich künftig bei der Awo ein" (SZ) - auch so verstehen , da umfassende Erfahrungen und Leidenschaft beim DGB auf regionaler Ebene immer weniger gefragt sein werden, werde ich diese jetzt eben bei der Awo einbringen.

P.S.: Die Strukturverschiebungen in den Gewerkschaften haben m.E. die Einzelgewerkschaften zu dieser seit langem zu beobachtenden schleichenden "Entmachtung" und politischen Entfunktionalisierung des Dachverbandes DGB geführt, der traditionell so etwas wie der "Politische Arm" der Einzelgewerkschaften war - aber gerade auch mit ausgeprägtem makroökonomischen Sachverstand in guter Ergänzung zur mehr betriebswirtschaftlichen Sichtweise der Einzelgewerkschaften . Neben dem "politischen Arm" konnten sich die Einzelgewerkschaften somit auf die Lohnfindung und die Betriebe konzentrieren , wo der DGB nichts zu sagen hatte.

Nachdem aber speziell in Deutschland das Feld der Lohnfindung - im Gegensatz zu anderen europäischen Staaten - immer mehr vor allem nach der sog. "Hartz-Reform" mit der Entstehung eines gewaltigen Niedriglohnsektors - immer mehr den Gewerkschaften "entglitt" , gingen sie erst einmal den Weg , sozusagen aus "Spargründen" - durch Entmachtung des Dachverbandes DGB - selbst das politische Feld immer stärker "für sich" zu erobern - anstatt mit dem Blick auf die Streikfähigkeit ( Vergleich mit anderen europäischen Ländern ) verlorenes Terrain bei der Lohnfindung - aber auch bei der Sozialpolitik etc. - zurückzugewinnen. ( vgl. z.B. "Für eine Renaissance der Gewerkschaften und des Sozialen - Der Streik und die Durchsetzungsfähigkeit der Gewerkschaften "aus eigener Kraft"

Kommentar von Volker Bahl vom 19.10.2011


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