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Updated: 18.12.2012 15:51
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"Vae Victis" ("Wehe den Besiegten"): Griechenland, die anderen europäischen Schuldnerländer (auch "PIGS-Staaten" genannt), Europa und Deutschland - als Hegemon - sowie ein "Aufruf"

Welche Chancen bekommt der soziale Protest - oder Untergehen im Rechtspopulismus. Europa heute - und ein Blick auf Versailles und die Folgen

Gegen dieses Vernarrt-Sein in irgendwelche kleinlichen Dummheiten, die eher medial gesteuerten "Volksstimmungen" entsprechen als ökonomischer "Gesamtklugheit" für Europa zieht Robert von Heusinger in einem Kommentar zu den aktuellen europäischen Ereignissen den frühen Keynes aus der Schublade - mit seiner Schrift über den "Versailler Friedensvertrag": "Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages" (von 1920 - neu aufgelegt 2006)(http://www.fr-online.de/politik/meinung/im-wuergegriff/-/1472602/8545682/-/index.html externer Link)

Dem liegt gerade ganz aktuell der politische Sachverhalt zu Grunde, dass Deutschland um eine Umschuldung Griechenlands kämpft (http://www.nachdenkseiten.de/?p=9696#h01 externer Link) und strikt eine Beteiligung der privaten Gläubiger fordert (http://www.fr-online.de/wirtschaft/krise/strenge-auflagen/-/1471908/8545998/-/index.html externer Link). Ja, dies wird dann noch gleich zur Rettung der Weltwirtschaft hochstilisiert (http://www.sueddeutsche.de/geld/griechenland-abstimmung-im-bundestag-retter-von-koalition-und-weltwirtschaft-1.1107531 externer Link), was relistischer "Rettung" der Finanzmarkt-Dominanz hieße.

Das hat dann auf den Finanzmärkten wieder die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Griechenlands zur Folge (http://www.sueddeutsche.de/geld/standard-poors-ausblick-bleibt-negativ-ratingagentur-stuft-kreditwuerdigkeit-griechenlands-herab-1.1108055 externer Link).

Bezüglich der "Privaten Beteiligung" widerspricht dann noch wenigstens der EZB-Präsident Trichet - mit der Auffassung, dass man doch gerade diese private Geld für die Mobilisierung des Kapitals bei der Privatisierung in Griechenland (http://www.nachdenkseiten.de/?p=9602 externer Link) wieder benötige (http://www.sueddeutsche.de/geld/trichet-deutet-zinserhoehung-an-das-ende-des-billigen-geldes-1.1107017 externer Link).

Ach, was wäre gewonnen, wenn endlich die Einsicht reifen würde, dass diese Umschuldungsgerede nebst der privaten Beteiligung ein Irrweg ist (http://www.nachdenkseiten.de/?p=9579 - aber dann doch wieder http://www.nachdenkseiten.de/?p=9665 externer Link).

So meint dann wieder Robert von Heusinger weiter, wer heute das kleine Büchlein von Keynes liest, erschrickt ob der Aktualität. Die Abrechnung des großen Ökonomen John Maynard Keynes mit der Verlogenheit (z.B. heute die Verschleierung wie offensichtlich die Politik im Griff der Finanzmärkte sich befindet (http://www.nachdenkseiten.de/?p=7415 externer Link), den Rachegefühlen ("Bild": Verkauft doch eure Inseln ... und die Akropolis gleich mit - vgl. dazu http://www.nachdenkseiten.de/?p=9650 externer Link) sowie den schwachen Staatsmännern (vgl. das Antreiben der Spekulation durch und aus dem deutschen Finanzministerium http://www.nachdenkseiten.de/?p=9386 externer Link sowie http://www.nachdenkseiten.de/?p=9696#h01 externer Link) - Keynes hatte auch damals vorgerechnet, wie allein die - damals noch nicht finanzmarkt-angeheizte - Zinslast Deutschland einer ökonomisch sinnvollen Perspektive beraubt (S.135 f.).

Das erinnert einen noch an diesen Gallier-"Häuptling" Brennerus, der den unterlegenen Römern noch eine weitere Ladung Gold abpresste - unter dem Ausruf "Vae victis" (Wehe den Besiegten), denn hiermit wurde die Staatsschuld der Griechen noch weiter ins unermessliche und unerträgliche hochgetrieben, - statt sie endlich in festverzinsliche Eurobonds umzuwandeln (http://www.nachdenkseiten.de/?p=9743#h01 externer Link sowie http://www.wissen.de/wde/generator/wissen/services/nachrichten/ftd/PW/50216902.html externer Link und auch noch http://www.nachdenkseiten.de/?p=9583#h01 externer Link sowie nicht zuletzt http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/ist-der-euro-noch-zu-retten/ externer Link).

Um immer wieder dieses aktuelle keynesianische "Dreigestirn" zur Rettung des Euro heranzuziehen, ohne auch einen vierten Keynesianer zu vergessen, den Wirtschaftsweisen Peter Bofinger (http://www.zeit.de/politik/ausland/2010-12/bofinger-kritik-eu-beschluss/komplettansicht externer Link) - auch wenn wir von dieser ökonomischen Vernunft, die nicht nur "narzistisch" auf sich selbst bezogen agiert, wohl noch ein Stück entfernt sind.

Mit Keynes politische Prozesse antizipieren

Aber kehren wir doch noch einmal zu Robert von Heusinger mit seinem Blick auf den frühen Keynes zurück: Faszinierend ist das Buch, weil es die politischen Prozesse antizipiert. Erst sorgt populistischer Wahlkampf in den Demokratien der Siegermächte - heute müsste das Geberländer heissen, dafür, dass den Besiegten - heute eben Schuldnerländern - immer unsinnigere, unerfüllbare Forderungen auferlegt werden.

Habermas nennt das einfach "demoskopiegeleiteter Opportunismus" (http://www.nachdenkseiten.de/?p=9130#h06 externer Link) und Keynes arbeitet diese politische - einfach rückgratlose - Schwäche des damaligen britischen Staatsoberhauptes so klar im Verlauf der englischen Unterhauswahlen im Jahre 1918 heraus - mit "diesem Gemisch von Habgier und Sentimentalität, Vorurteil und Täuschung" (S. 110 ff.).

Ein paar Jahre später wehren sich die derart unter Druck gesetzten Demokratien, prophezeite damals Keynes, indem sie ihre Tribute (Reparationen) einstellen, ihren auferlegten Verpflichtungen nicht mehr nachkommen (eine Hyperinflation war dabei ein bewährtes Mittel, was unter dem gemeinsamen Dach des Euro inzwischen ausgeschlossen ist). Deshalb sei es nicht Edelmut, sondern ökonomische Zweckmäßigkeit, wenn die Siegermächte dafür sorgten, dass auch bei den Besiegten Bedingungen für Wohlstand und Wachstum herrschten. Eine solche Politik - die den heute herrschenden Eliten wieder so unmöglich erscheint - fördere am schnellsten und besten die Freundschaft zwischen den Völkern.

Nun wissen wir, dass diese Mahnungen von Keynes damals in den Wind gesprochen waren - mit all den schrecklichen Folgen für Europa, mit dem sich gegenseitig immer weiter hochschaukelnden Hass und der "Erbfeindschaft". Gerade, damit dies nicht noch einmal "passiert", war Europa konzipiert worden - eben nicht "Morgenthau"- sondern "Marshall"- und "Schuman-Plan". Aber heute wird wieder unbedacht bis töricht mit diesem Feuer schlechter Emotionen gespielt - obwohl uns dieses "Mentekel" noch deutlich sichtbar an die Wand geschrieben steht .So wissen wir heute nicht, können es wieder nur erahnen, inwieweit diese neoliberale Engstirnigkeit mit seiner asozialen Brutalität uns weiter, auch politisch, in eine schreckliche Sackgasse in Europa führt.

Denn Europa in den Jahren 2010 und 2011 setzt diese Freundschaft, die nach 1945 so selbstverständlich geworden war, fährt R.v.H. fort, aufs Spiel. So muss die Staatsschuldenkrise in der jetzigen Form ihrer versuchten Bewältigung als gescheitert gelten. Die nationalen Demokratien halten den eingeschlagenen Weg nicht aus - auch für Deutschland bleibt die Lohndumpingsstrategie zum Exportwachstum riskant (http://www.nachdenkseiten.de/?p=6701#h05 externer Link) und die gleichzeitigen Sparprogramme verschärfen noch zusätzlich die sozialen Ungleichgewichte immer mehr (http://www.nachdenkseiten.de/?p=6631 externer Link).

Rechtspopulismus wird in Deutschland - im Gefolge von Sarrazin - immer hoffähiger (http://www.heise.de/tp/artikel/33/33301/1.html externer Link). So entsteht immer mehr ein deutliches "schwarzes Loch rechtsaußen" (http://www.nachdenkseiten.de/?p=6701#h19 externer Link). Aber auch die USA geraten in diesen Strudel mit ihrer "Tea-Party-Bewegung" (http://www.nachdenkseiten.de/?p=7262 externer Link), Finnland hat am rechten Rand erstaunlich zugelegt (http://www.nachdenkseiten.de/?p=9139 externer Link) und Frankreich blickt nach dem Fall von Strauss-Kahn mit Blick auf die "Front National" (FN) der Marine Le Pen einem ungewissen Ausgang bei den Präsidentschaftswahlen entgegen (http://www.heise.de/tp/artikel/34/34891/1.html externer Link).

Butterwegge bemüht sich noch um die genauere begriffliche Klärung des Rechtspopulismus (http://www.nachdenkseiten.de/?p=2936 externer Link sowie http://www.nachdenkseiten.de/?p=4414 externer Link), um sich stringenter mit ihm auseinandersetzen zu können. Aber das wichtigste bleiben wohl die ökonomischen Fakten - die - "federführend" von Deutschland - mit ideologischer Blindheit weiter und weiter vorangetrieben werden.

Und welche Chance bekommt der politische Protest ?

Es wird eine ganz zentrale Frage werden, inwieweit die politischen Proteste zu dieser so zwangsläufig erscheinenden Rechtsentwicklung ein Gegengewicht darstellen - und dann Eingang in die politischen Institutionen finden.

Es ist interessant zu entdecken, dass zunächst von politisch sehr "weit entfernten" Institutionen am umfassendsten Alternativen ausgesprochen werden - wie z.B. von der "Internationalen Arbeitsorganisation" (englisch "ILO"), die "eine neue Ära der sozialen Gerechtigkeit" einfordert (http://www.ilo.org/public/german/region/eurpro/bonn/aktuelles/iak_2011.htm externer Link). Dort wird bedauert, dass selbst die jüngste Krise nicht zu einem Umdenken der Eliten geführt habe (http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2011/0607/wirtschaft/0040/index.html externer Link).

Bei uns in Europa sind es aber vorerst die jungen Menschen - eine verlorene Generation? -, die darum kämpfen werden. Sicher schon massiv in Griechenland (http://www.labournet.de/internationales/gr/schuldenkrise.html). Es geht hier inzwischen auch um die Entscheidung für oder gegen Demokratie. So formiert sich hier inzwischen der Protest, weil die Demokratie ausgehebelt wird, um mit dem Spardiktat die Staatsschuld zu begleichen.

Europa auch noch als Zerstörer jeglicher Demokratie ?

Aber dann - für manche ziemlich überraschend - auch in Spanien, wo bald jeder zweite Jugendliche ohne Arbeit ist (http://www.nachdenkseiten.de/?p=9519 externer Link und auch http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/aufbruch-der-vielen/ externer Link sowie http://www.nachdenkseiten.de/?p=9583#h12 externer Link).

Der Alt-Sozial-Demokrat Jochen Vogel meinte auch Deutschland könnte wegen seiner sozialen Schieflage mehr Protest vertragen (http://www.nachdenkseiten.de/?p=9654#h05 externer Link). Nur es könnte sicher ein Problem werden, wenn es den "Regierenden" gelingt, dass die bei uns sozial ins Abseits Geschobenen sich noch als etwas deutlich "Besseres" fühlen, als die so schändlich "geknechteten" Griechen (siehe oben Rechtspopulismus). Die - bisher meist - neoliberale Fixierung der Sozialdemokraten macht sie eher untauglich für eine solche Aufgabe, diese rechte Orientierung aufzulösen - sie konnten sich ja auch bei Sarrazin nicht entscheiden...

Und so besteht durchaus die Gefahr, dass sich die europäische Sozialdemokratie dafür entscheidet, eine europäische Ordnung mit Deutschland als "lohndumpenden" Hegemon zu etablieren (http://www.nachdenkseiten.de/?p=9762#h03 externer Link). Nur lavieren wir damit nicht immer weiter auf einen "braunen Abgrund" zu? In Irland und Portugal wurden linke Regierungen nach der Durchsetzung der EU-geforderten Austeritäts-Programme abgewählt (http://www.nachdenkseiten.de/?p=9762#h16 externer Link).

Doch im Moment keimt noch Hoffnung, ob der aufflammende soziale Protest in Europa sich diesem Europamodell der Verelendung von immer mehr Menschen noch wirksam entgegenstellen kann (http://www.nachdenkseiten.de/?p=9654#h10 externer Link). Es geht um nichts Geringeres als die demokratische Zukunft Europas (http://www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/bahl_wr.html) - im Grundsatz nichts Anderes, als in Ägypten, Tunesien oder Syrien, aber für das sich so gern als "Vorbild" fühlende ganze Europa.

Eine gewisse Bündelung diese Protestes europaweit geht inzwischen vom Europaparlament aus, dass sich schon im letzten Jahr in der aktuell wichtigen Frage der Eurobonds zu einer Positionierung gegen die Finanzmärkte klar gegen die Bundesregierung in Deutschland gestellt hatte (http://www.sven-giegold.de/2010/eurobonds-europaparlament-stellt-sich-gegen-die-deutsche-bundesregierung/ externer Link), geht nun wohl auch von Europa eine Initiative aus, die den weiteren Vormarsch des Neoliberalismus in den europäischen Institutionen zunächst zum Problem macht - und ihn auch hoffentlich dann stoppen kann (http://www.changeforeurope.eu/de externer Link). Hier fordern Sozialdemokraten, Grüne und Linke eine Wende in der europäischen Wirtschaftspolitik: Der Sparkurs gefährdet nicht nur den Euro, sondern stellt auch den sozialen Frieden und eine nachhaltige Entwicklung in Frage (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=wu&dig=2011%2F06%2F11%2Fa0180&cHash=
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externer Link). Und der Europa-Abgeordnete Udo Bullmann (SPD) meint: "Wir sind es einfach leid, nur Austritätsvorschläge zu hören".

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 14.06.2011


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