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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Die USA und Europa/Deutschland weiter in einer "Echternacher Springprozession" durch die Krise Die USA mit Obama Beginnen wir doch vor Obamas Rede zum Arbeitsmarkt (Aufwärts - wenigstens gefühlt / Kommentar in der SZ http://www.sueddeutsche.de/politik/vor-obamas-rede-zum-us-arbeitsmarkt-aufwaerts-wenigstens-gefuehlt-1.1140429 Wenn die Amerikaner misstrauisch sind - und schon wieder auf die Republikaner mit ihren gescheiterten Konzepten - mehrheitlich? - setzen, so trägt dafür Obama selbst die Schuld, denn seinem hoffnungsvollen "Change" ließ er zunächst doch nur die alten republikanischen Finanzmarktrezepte (mit den gleichen Leuten wie unter Bush) mit einem Kniefall vor der "Wall Street" folgen... Wer mir das jetzt nicht glauben will und für überzogen hält, der schaue sich diesen hervorragenden Film von Charles Ferguson "Inside Job" an, der zwar von Hollywood mit einem Oskar für den Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde - was er m.E. wirklich verdient hat - aber dennoch nie in einem Kino gezeigt wurde. Den Film kann jedoch jede(r) in jedem Buchladen für nur ca. 14.- Euro erwerben! (www.insidejob.com/ Und jetzt nach Hollywood wendet sich dann wohl auch der Wähler ab, denn - ganz anders als Roosevelt in den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts - schien die "größte Weltwirtschafts- und Finanzkrise seit 80 Jahren" bei Obama nicht vorzukommen - und so schrieb die Rundschau erst einmal zu recht: "In der Not bringt der Mittelweg den Tod" (www.fr-online.de/politik/meinung/in-der-not-bringt-der-mittlere-weg-den-tod/-/1472602/10805910/-/index.html Aber dann kam es doch ganz anders! - ganz anders? Jedenfalls riss der Präsident der Vereinigten Staaten das Ruder noch einmal ganz herum - zum Kampf gegen die Arbeitslosigkeit! So konnte Paul Krugman doch schreiben, wie angenehm er überrascht war durch Obamas "Job Plan" (www.nachdenkseiten.de/?p=10695#h03 Ganz im Gegensatz dazu hatte dies Roosevelt - nach einem offensiven Wahlkampf gegen das unersättlich freie Tun der Finanzindustrie - schon 1933 mit seinem "Glass-Steagall-Act" in Angriff genommen, der vor allem auch das sog. "Trenn-Banken-System" brachte. Dabei ist so offensichtlich wie das ganze Geld einer Volkswirtschaft weiter so radikal zur Finanzindustrie mit ihrer Zockerei - und Vermögensverschiebung - hinwandert. (Vgl. "The Great Bank Robbery" www.nachdenkseiten.de/?p=10695#h05 Die Wall Street kann in den USA also weiter das Geschehen diktieren - auch wenn der Präsident zunächst alle Anstrengungen "versucht" darauf zu setzen, durch ein Wachstumsprogramm wenigstens die Arbeitslosigkeit zu verringern. Nur selbst bei diesen "versuchten" Anstrengungen muss schon wieder Wasser in den Wein geschüttet werden, wie Paul Krugman in einer Kolumne "USA in Fesseln" feststellt: Obama hat einige richtige Ideen, um etwas gegen die Arbeitslosigkeit zu tun. Doch die Republikaner (mit ihrer Mehrheit) werden sie verhindern (www.fr-online.de/politik/meinung/usa-in-fesseln/-/1472602/10827060/-/index.html Aber es bleibt vorerst weiter spannend - denn nun werden wir doch von Obama ein weiteres Mal überrascht, - er hat nämlich die Idee - um seinem Plan doch zur Realisierung zu verhelfen - diesen durch die Reichen (wo das viele Geld jetzt inzwischen liegt) finanzieren zu lassen (www.sueddeutsche.de/politik/us-arbeitsmarkt-initiative-reiche-sollen-obamas-job-plaene-finanzieren-1.1142201 Wenn wir also bei unserem Bild der "Echternacher Springprozession" bleiben wollen, dann kann man dieses - durchaus lobenswerte - Vorhaben des US-Präsidenten erst einmal als einen Schritt nach vorne sehen, das wahrscheinlich sogar seine gesunkenen Wieder-Wahlchancen erhöhen könnte. Europa und Deutschland beim weiteren "Durchwursteln" auch ohne Lösung - Zur "marktkonformen" Demokratie mit Verbriefungshype Nur wer sich wieder einbilden möchte, wir in Europa und Deutschland seien bei uns auch nur ein wenig besser dran, der muss eines "Schlechteren" belehrt werden - ja, im Gegenteil ein Konjunkturprogramm aus Deutschland - wie es z.B. die Chefin des IWF Lagarde Deutschland nahe gelegt hatte (www.nachdenkseiten.de/?p=10626#h06 Und man kann schon sagen "spiegelbildlich" zu den USA bleiben die Finanzmärkte bei allen in den Blick genommenen Maßnahmen - auf dem Weg von einer Währungsunion zu einer Wirtschaftsunion - in der EU einfach weiter außen vor - es geht eben bei den anzupeilenden Maßnahmen immer nur um eine "Beruhigung" dieser Märkte - wie Guy Verhofstadt noch einmal betont (www.taz.de/EU-Politiker-ueber-Wirtschaftspolitik/!77869 Vielleicht sind da auch einem Erhard Eppler ein paar "Bogenleuchten aufgegangen"? Bei den Grünen kann man ja Sven Giegold mit "Finance Watch" - dem "Greenpeace für die Finanzmärkte" zu den Vorkämpfer zählen - aber wenn die Sprache auch auf die Finanzmarktregulierung kommt, dann sieht er die Möglichkeiten dafür erst einmal ganz weit hinten auf der politischen Agenda (vgl. sein Interview auf "Kontext-TV" www.nachdenkseiten.de/?p=10695#h08 Diese Unfähigkeit zu gemeinsamen Eurobonds veranlasst dann Rudolf Hickel in einem weiteren großen "Rundumschlag" zu den Entwicklungsmöglichkeiten in Europa nach dem Gipfelbeschluss vom 21. Juli 2011 (siehe "Europa in einem gemeinsamen Lernprozess nach vorne" www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl8.html) hin zu einer europäischen Wirtschaftsregierung einfach doch noch den "Haircut" genannten Schuldenschnitt - sozusagen aus ganz pragmatischen Gründen - auf den Schild zu heben (www.iaw.uni-bremen.de/rhickel/pdf_dateien/euro_ezb_blazzrt_2011-07-21.pdf Denn Griechenland bleibt weiter in der "Todesspirale", wie Niels Kadritzke diagnostiziert (www.nachdenkseiten.de/?p=10692 Aber wo das Sparen zur "ultima ratio" des gesamten politischen Handels wird, kann man nur mit Wolfgang Lieb ausrufen "Hurra, wir sparen uns kaputt" (www.nachdenkseiten.de/?p=10469 Dabei hatte gerade der IWF in einer jüngsten Studie, in der in 17 Industrieländern 173 Konsolidierungsprogramme untersucht werden, herausgefunden, dass die in ökonomischen Kreisen noch immer so verbreitete Mär vom Gesundsparen einfach absurd ist. Dort wird das Kaputtsparen der Gesamtwirtschaft ausführlich belegt - und das Fazit lautet: Jeder Prozentpunkt, um den der Staat die Fiskalpolitik straffte, hat innerhalb von zwei Jahren beim Wirtschaftswachstum 0,6 Prozentpunkte und beim privaten Konsum 0,75 Prozentpunkte gekostet. Wieder einmal bedurfte es der Gewalt der Krise, um die Doktrin vom Einsparstaat (als Wachstumsmotor!) durch Ansätze zur Stärkung der Wirtschaft wegzuräumen (Rudolf Hickel)( www.zeit.de/wirtschaft/2011-08/schulden-konjunktur Nur Deutschland als der "absolute Hort" dieser Lehre wird doch langsam in Europa auch zum Rückzug gezwungen. So hat ein Fanatiker dieses Stabilitäts- (sprich Spar-) Kurses bei der EZB, der Chefvolkswirt Jürgen Stark das Handtuch geworfen, als die "anderen" mehrheitlich nicht mehr so wollten wie er - und mit ihm die Bundesbank - es so will (www.fr-online.de/wirtschaft/eklat-bei-der-ezb/-/1472780/10822960/-/index.html Aber die Versuche Deutschlands ökonomisch Europa - ganz unsolidarisch nur im eigenen Interesse - zu beherrschen, werden immer stärker wahrgenommen (www.nachdenkseiten.de/?p=10614#h13 Dabei hatte auch schon EU-Präsident Barroso erstmals ansatzweise in einem Brief an die siebzehn Mitgliedsländer der Eurozone darauf hingewiesen, dass es sich um eine Systemkrise des Euroregimes handele und eben schon längst nicht mehr um eine auf wenige Länder (des Südens) konzentrierte Staatsschuldenkrise, indem er feststellte: "Es ist klar, dass wir es nicht mehr nur mit einer Krise an der Peripherie der Eurozone zu tun haben". Die durch die Konstruktion der Währungsunion (ohne Wirtschaftsunion) und damit einer einheitlichen Geldpolitik ausgelöste Spaltung in der Eurozone wird heute durch eine viel zu stark nationalstaatliche Politik, die den Kern der Krise nicht wahrnehmen will, verschärft (siehe Hickel,a.a.o. S.3). Dabei hat die EZB selbst auch wieder die Probleme bei den Zinsen nur halbherzig wahrnehmen wollen - und eine Kehrtwende in der Krise gescheut (www.fr-online.de/wirtschaft/krise/ezb-scheut-die-kehrtwende/-/1471908/10818460/-/index.html So gewinnt immer weiter noch "am Ende die Bank" (www.nachdenkseiten.de/?p=10681#h03 So beginnt sich doch auf der politischen Ebene (siehe Eppler versus Merkel) eine Kontroverse über die Herrschaft der Finanzmärkte langsam herauszuschälen - und damit wird jetzt so langsam doch nicht mehr der "ganz großen Koalition" für die Finanzmärkte "allseitig" die Stange gehalten und zum absoluten "Muss" für die Politik erklärt. Wenn auch im Moment die notwendige "Neue Gesamtkonstellation" mit regulierten Finanzmärkten, wie sie im Bundestag schon zur Diskussion stand, noch "in den Sternen" steht. (Siehe www.labournet.de/diskussion/wipo/finanz/bahl3.html in Verbindung mit www.nachdenkseiten.de/?p=10011#h05 Die Krise weiter als Lehrmeisterin für ökonomische Analphabeten Nur es könnte sein, dass dann auch hier wieder die Krise selbst den so "tumben" politischen Eliten - wie bisher meist - "mores" lehrt. Und der nächste Krisenschub könnte kurz bevor stehen, wenn einer, der es eigentlich immer genau wußte, der Chef der Deutschen Bank Josef Ackermann, anfängt vor der nächsten Finanz-Krise zu warnen (www.nachdenkseiten.de/?p=10634#h02 Aber auch einigen Managern der Werte schöpfenden Wirtschaft geht das immer weitere Gezocke auf den Wecker und sie können darin einfach auch nicht mehr einen wirklichen ökonomischen Sinn erkennen, so dass sie sich doch jetzt auch schon gegen die Spekulation zu Wort melden (www.nachdenkseiten.de/?p=10663 Und wenn der nächste Finanzmarkt-Absturz kommt, trifft er Deutschland nicht mehr in guter wirtschaftlicher Position , sondern auch volkswirtschaftlich schon vor dem "Absturz" ( www.sueddeutsche.de/wirtschaft/deutsches-wirtschaftswachstum-die-weiteren-aussichten-absturz-1.1140660 Wenn man zusätzlich noch bedenkt, dass die "Armut der öffentlichen Hand" nicht nur durch die gewaltigen Bankenrettungskosten veranlasst wurden, sondern auch noch durch die ganzen Steuersenkungen - meist auch zugunsten der Reichen (www.nachdenkseiten.de/?p=10681#h02 Und noch eine Stützung durch das Bundesverfassungsgericht vor dem Untergang des Euro . aber mit der "marktkonformen" Demokratie, die wohl angemessener "spekulationskonforme Demokratie, auf dem Weg zu einer Plutokratie" heißen sollte. Genau an dem Tag, an dem Obama seine "große Rede" für ein Job-Programm in den USA hielt, wurde auch die Bundeskanzlerin - gestärkt durch das Bundesverfassungsgericht - noch einmal kämpferisch für Europa und für den Euro (www.fr-online.de/meinung/letzte-hilfe,1472602,10805916.html Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht - gegen notorische Euro-Gegner - weiter den schmalen Grad beschritten zwischen einer europäischen Verfassung, die die Marktradikalität - mit "Märkte, Märkte über alles"... - auf der einen Seite stärkt, und auf der anderen Seite auf diesem Wege "marktkonform" die EU nicht untergehen lassen will. So hat es just jetzt auch die Maastricht-Regeln (zu deren einseitigen ökonomischen Unsinn vgl. auch noch einmal Hickel,a.a.o.) in den Verfassungsrang erhoben (www.nachdenkseiten.de/?p=10675 Die frühere Ausgewogenheit unserer Verfassung zwischen sozialen Rechten und Wirtschaftsrechten hatte es ja früher in seinem "Lissabon"-Urteil schon beseitigt durch die gnadenlose Aufhebung der Tarifautonomie gegenüber einer schrankenlosen Unternehmensfreiheit (www.nachdenkseiten.de/?p=4043#h21 Während auf der einen Seite immer mehr Leute in den politisch gewollten Niedriglohnsektor absinken (www.fr-online.de/home/jeder-fuenfte-vollzeitbeschaeftigte-lebt-vom-niedriglohn/-/1472778/10819676/-/view/asTicker/-/index.html Mal schauen, ob dagegen auch die "große Wut der immer mehr Überzähligen" - wie in England - einmal zunehmen könnte. Nur vorerst scheinen die Deutschen noch die Angst vor dieser Zukunft einfach hinter sich zu lassen: "Goodbye German Angst" (www.fr-online.de/panorama/goodbye-german-angst,1472782,10818324.html So werden eben die Deutschen - trotz oder gerade durch ihre "Angst" vor den Kosten der Krise diese Zeche doch einfach zu zahlen haben. Aber das ist wohl schon wieder für die einfache Rechnung "einer schwäbischen Hausfrau" zu kompliziert. Ein Nachtrag noch: Angesichts der geringen Gemeinsamkeit für eine Lösung der Krise ging die Runde der G8 am letzten Wochenende in Paris ohne Ergebnis auseinander. Das ist nur insoweit anders als in der letzten Krise vor 80 Jahren, als sich dort die Industrieländer - voran die USA mit Roosevelt - einfach weigerten nach gemeinsamen Lösungen in der Krise zu suchen. Dies sollte nur nationalstaatlich möglich sein. Heute reden sie wenigstens miteinander darüber - nur ohne Ergebnis (nur, was ist jetzt da der "große" Unterschied?). P.S.: Wer noch genauer wissen möchte, wie es um eine "Echternacher Springprozssion" steht, der kann doch einfach noch einmal - sozusagen zurück - in dem Beitrag "Zangenbewegung..." nachschauen (www.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl10.html). Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 14.9.2011 |