"Aufgrund der Komplexität ist es nicht so einfach dies Papier so schnell zu kommentieren. Trotzdem will Tacheles das Papier der interessierten Öffentlichkeit nicht vorenthalten damit zumindest noch eine Diskussion an den Vorhaben der Bundesregierung entsteht. Es fallen daran insbesondere folgende Verschärfungen auf:
- Die Regelungen "Sofortangebot für Kunden ohne bisherigen Leistungsbezug" (Ziff. A1). Damit gemeint ist, potenziellen Antragstellen zunächst eine "Maßnahme" anzubieten, bevor sie einen Antrag ausgehändigt bekommen, geschweige denn Leistungen erhalten. Abschrecken der Antragsteller ist das Kalkül. Damit soll auf die Erfahrungen der sog. Kölner, Lübecker, Mannheimer Modelle zurückgegriffen werden, mit denen 30 % der Erstantragsteller abgeschreckt wurden. Hintergrund dazu: Anordnung der Verfolgungsbetreuung.
- Die drastischen Verschärfungen bei Sanktionen, so soll wenn das zweite mal innerhalb eines Jahres eine Pflichtverletzung vorliegen, diese gleich zu einer Sanktion von 60 % führen (Ziff. B.4 Änderung 1).
- Bei Sanktionen soll es sofort möglich werden, diese bis in die Unterkunftskosten durchzuführen (Ziff. B.4 Änderung 2).
- Umkehrung der Beweislast bei der eheähnlichen Gemeinschaft. Hier will die Regierung ihr Rollback gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes und diverser Sozialgerichte weiter forcieren (Ziff. A.5).
- Schaffung von gesetzlichen Grundlagen zur weiteren Ausspitzelung von SGB II - Beziehern (Ziff. A.3, A 27, B.1, B.3, B.5, E.2 ).
- Verankerung eines Außendienstes zur Durchführung von Hausbesuchen als institutionelle Organisationseinheit eines jeden Leistungsträgers (B.3).
- Reduktion von Unterkunftskosten auf die bisherigen Kosten, wenn ohne Zustimmung des Leistungsträgers umgezogen wurde (A.23)."
Aus dem Kommentar von Harald Thomé, Tacheles- Online Redaktion vom 11.4.06 . Siehe dazu auch:
Änderungen für Arbeitslosengeld II-Betroffene zum 01.08.2006. "Notfalls gerichtliche Überprüfung veranlassen"
"Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen e.V. (BAG-SHI) weist darauf hin, dass die am Dienstag, dem 1. August, in Kraft tretenden neuen Regelungen des "Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende" (Fortentwicklungsgesetz) in Teilen nicht der bisherigen Rechtssprechung von Bundesverfassungsgericht und Sozialgerichten entsprechen und mit dem Zivilrecht nicht vereinbar sind." Pressemitteilung von Bag-Shi vom 28.07.2006
Der Bundesrat fordert eine Verschärfung von Hartz IV
- Empfehlungen der Ausschüsse. Drucksache 404/1/06
- Beschluss des Bundesrates. Drucksache 404/06 (Beschluss) vom 7.7.06
- Empfehlungen zum Hartz IV-Fortentwicklungsgesetz im Bundesrat: "Die Politik stiehlt sich aus ihrer Verantwortung"
Pressemitteilung von BAG-SHI vom 6.7.06 . Aus dem Text: "."1-€-Jobs, Sofortangebote, Sanktionen und Leistungsausschluss sind kein Mittel gegen die zunehmende soziale Not", so Andreas Geiger, Vorsitzender der BAG-SHI. "Die Forderungen der Ausschüsse des Bundesrates, soziale Leistungen nur noch vorübergehend zu gewähren (Punkt 9) oder den Vorrang lebenslanger Unterhaltsverpflichtungen zwischen Eltern und Kindern auszuweiten (Punkt 10), sind für uns nicht akzeptabel."."
Alg II-Optimierung: Gesetz gegen Gerichtsentscheidungen
Artikel von Herbert Masslau vom 8. Juni 2006 auf seiner Homepage
Schrecken ohne Ende. Hartz IV: Die "Fortentwicklung" des sozialen Terrors durch schwarz-rote Zwangsarbeitspolitik
Artikel von Robert Kurz in Freitag vom 9.6.06
Zitat zum Thema:
"Hartz-Test
Im Rahmen des Hartz-Optimierungs-Gesetzes sollen künftig Arbeitslose ein "Sofortangebot" erhalten, damit ihre Arbeitsbereitschaft getestet wird.
Der Überlebenstest für die Betroffenen findet dagegen schon seit längerem statt: durch die monatliche Überweisung des Arbeitslosengeldes."
Aus: Deutscher Einheit(z)-Textdienst von Werner Lutz 6/2006
Erwerbslose unter Pauschalverdacht. Humanistische Union kritisiert Änderungsgesetz zu Hartz IV
"Als Einschüchterungsversuch und unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte von Millionen erwerbsloser und hilfebedürftiger Menschen kritisiert die Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union die geplanten Änderungen im sogenannten Fortentwicklungsgesetz für "Hartz IV"." Presseerklärung der HU vom 1.6.2006
Erklärung des Bündnis für Soziale Gerechtigkeit und Menschenwürde (BüSGM) zum "Fortentwicklungsgesetz von Hartz IV"
Erklärung des BüSGM vom 07. Juni 2006
Bundessozialrichter rügt Verschärfung von Hartz IV. Jurist äußert Zweifel an Zulässigkeit der Regeln für eheähnliche Gemeinschaft und Stiefeltern / Kritik an Umkehr der Beweislast
"Die Verschärfungen im Hartz-IV-Gesetz für eheähnliche Gemeinschaften und Stiefeltern hat Bundessozialrichter Ulrich Wenner kritisiert. Die am 1. Juni vom Bundestag beschlossenen Änderungen seien "verfassungsrechtlich problematisch"." Artikel von Hans Nakielski in Frankfurter Rundschau vom 06.06.2006
»Eines Sozialstaates nicht würdig«. Neues Gesetz minimiert Arbeitsmarktchancen Obdachloser und verursacht Mehrkosten.
Ein Gespräch mit Thomas Specht-Kittler , Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG W), von Ralf Wurzbacher in junge Welt vom 3.6.06
Große Koalition optimiert Hartz IV bis zum Verhungern. SPD und Union wollen am Donnerstag auch eine 100% Kürzung des ALG-II durchbringen
Presseerklärung des Erwerbslosen Forum Deutschland vom 31.5.06
SAK: BezieherInnen von Hartz IV leben in Armut. Kürzungsdiskussion ohne Grundlage - Forderung nach Mindestlohn und Grundsicherung
Presseerklärung der Saarländischen Armutskonferenz vom 31.5.06
"DGB fordert Nachbesserungen bei Hartz IV"
Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Entwurf eines Gesetzes der Fraktionen CDU/CSU und SPD zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Aus dem Text: ".Mit dem Gesetzentwurf soll das Gesetz weiter optimiert werden. Dies ist auch dringend notwendig. Aber die Lösungsansätze im Gesetzentwurf zielen vor allem darauf, die Verwaltungspraxis zu straffen, den Leistungsmissbrauch zu bekämpfen und das Zusammenwirken des SGB II mit anderen Rechts- und Leistungssystemen zu verbessern. Hierdurch sollen dauerhaft 1,4 Mrd. Euro eingespart werden. Doch dies allein reicht nicht um die entstanden Schwierigkeiten zu beheben.."
Stellungnahme der Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen zum Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende
Bag-Shi-Stellungnahme (Stand 8.5.2006) vom 24.05.2006
Arbeitsuchende unter Generalverdacht
"Die Bundesregierung hat den "Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende" beschlossen, der von den Koalitionsfraktionen in den Deutschen Bundestag eingebracht worden ist (Bundestags-Drucksache 16/1410) und bereits am 1. August 2006 in Kraft treten soll. Ein wesentliches Ziel des Entwurfs ist es, die stark gestiegenen Kosten der Hartz-IV-Reform durch eine verstärkte Kontrolle aller Arbeitsuchenden nennenswert zu begrenzen. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hat mit Schreiben vom 18. Mai 2006 gegenüber dem Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestages Stellung genommen und auf die datenschutzrechtlichen Probleme hingewiesen. Die Datenschutzbeauftragten unterstützen nachdrücklich die in der Stellungnahme des BfDI enthaltenen Forderungen." Gemeinsame Erklärung des Bundesbeauftragten und der Landesbeauftragten für den Datenschutz der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen vom 26. Mai 2006
Hausmitteilung: Der Blockwart
"Achtung! An alle Mieter!
Zum Vollzug des Hartz IV-Optimierungsgesetzes gibt die Hausverwaltung bekannt, daß mit sofortiger Wirkung wieder der deutsche Blockwart eingesetzt wird. Er hat künftig folgende Befugnisse und Aufgaben:." Extra-Ausgabe des Deutschen Einhei(t)z-Textdienst zum Thema Hartz IV: Optimierung von Werner Lutz
Die unendliche Lüge. Organisierte Not statt Grundsicherung
Stellungnahme des Vorstandes Erwerbslosenausschuss ver.di Bezirk Berlin vom 18.5.06
Optimiertes Super-Elend. Änderungen bei Hartz IV
"Wenn die Bundesregierung ankündigt, Hartz IV durch eine Gesetzesnovelle »optimieren« zu wollen, dann wird das von den Arbeitslosen zu Recht als Drohung aufgefasst. Denn »Optimieren« bedeutet nichts anderes als Sparen. Kürzungen der Leistungen und verschärfte Kontrollen sollen jährlich 1,2 Milliarden Euro einbringen. Gleichzeitig bleibt die Arbeitsförderung auf der Strecke; allein in Nordrhein-Westfalen wurden im vorigen Jahr 750 Millionen Euro für Qualifizierungsmaßnahmen und Lohnkostenzuschüsse nicht genutzt. Mit dem Fördern sind die zuständigen Behörden anscheinend überfordert." Artikel von Thomas Binger in Jungle World vom 17. Mai 2006
Optimierungsgesetz bringt ein Optimum an Repression und Sanktion
Presseerklärung des Erwerbslosenausschusses ver.di Südbaden zu der geplanten 2. Nachbesserung des SGB II
Risiko Wohngemeinschaft
Hartz IV-Optimierungsgesetz. Paare und Wohngemeinschaften müssen sich zukünftig vor der Arbeitsagentur rechtfertigen. Artikel von Maria Wersig in Freitag vom 12.5.06
Wer nicht arbeitet, wird kontrolliert
"Hartz-IV-"Optimierungsgesetz" heute im Bundestag: Arbeitslose werden strenger auf Arbeitswillen geprüft und bestraft. Kleiner Aufstand in der SPD-Fraktion. Müntefering: "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen." Hat er seinen Bebel gelesen?..." Artikel von Ulrike Winkelmann in der taz vom 11.5.2006
Zitat des Tages 10. Mai 2006 - weil es nun auch der DGB gemerkt hat (und Hartz IV verbessern möchte):
"Mit dem SGB-II-Optimierungsgesetz wird Hartz IV keinen Deut besser. Die Bundesregierung setzt auf verschärfte Kontrollen und Kürzungen, ohne die Arbeitsförderung zu verbessern. Damit wird das Prinzip Fördern und Fordern' immer mehr zu einer Blaupause für Sozialabbau."
Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer in der DGB-Pressemitteilung vom 09.05.2006 : "Engelen-Kefer für Generalrevision bei Hartz IV"
"Solidarität kann niemals als Einbahnstraße organisiert funktionieren". Clever: Verschärfung bei Arbeitslosengeld II richtig
"Die Verschärfung der Kontrollen beim Arbeitslosengeld II sind nach Ansicht des Verwaltungsratsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit, Peter Clever, richtig, reichten jedoch noch nicht aus. So müssten außerdem die Zuschläge gestrichen werden, die den Übergang von Arbeitslosengeld I zu Arbeitslosengeld II abfederten. Diese Zahlungen gingen über das angestrebte System einer Grundsicherung hinaus und machten deshalb die Aufnahme von Arbeit unattraktiv.." Interview im Deutschlandfunk vom 04.05.2006
Fehlanreize bei Hartz IV abbauen - Kosten reduzieren - Leistungsrecht überprüfen und an der früheren Sozialhilfe orientieren. Kommunale Spitzenverbände zum Fortentwicklungsgesetz der Bundesregierung
"Die kommunalen Spitzenverbände unterstützen die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen bei der Korrektur von Fehlentwicklungen durch das Hartz-IV-Gesetz. Das heute im Bundeskabinett behandelte Fortentwicklungsgesetz zum Sozialgesetzbuch II (SGB II) enthalte viele richtige Maßnahmen, die im Gesetzgebungsverfahren weiter ergänzt werden müssten, erklärten der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund heute in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin." Presseerklärung vom 3. Mai 2006
Grundsicherung für Arbeitsuchende wird fortentwickelt
"Die vorhandenen Mittel zur Grundsicherung für Arbeitsuchende müssen effizient und praxisnah eingesetzt werden. Die gemachten Erfahrungen zeigen, dass die Zielgenauigkeit einiger Instrumente noch verbessert werden muss. Das Kabinett hat Anpassungen beschlossen, damit jede und jeder Arbeitsuchende bestmöglich unterstützt werden kann." Meldung zum Kabinettsbeschluss bei Bundesregierung online vom 03.05.2006. Das nunmehr von der Regierung gebilligte "Fortentwicklungsgesetz" liegt noch nicht vor. Es soll noch in der nächsten Woche in den Bundestag eingebracht und verabschiedet werden. Der Bundesrat muss dann im Juli zustimmen, damit die Neuregelungen wie geplant zum 1. August in Kraft treten können. Höchste Zeit für Proteste!
DIHK - Papier: Erst Arbeit, dann Transfer!
"Das DIHK Arbeitspapier gibt die Forderungen der Arbeitgeber an die Politik sehr gut wieder. Es zeigt ebenfalls die Heuchelei der Arbeitgeber auf: es geht den Arbeitgebervertretern natürlich nicht um die Verbesserung der Chancen Erwerbsloser, sondern um die Durchsetzung eines Niedriglohnsektors auf den Rücken der Erwerbslosen damit die Arbeitgeber durch die Erwerbslosen noch mehr Profit machen können. Das Papier eignet sich ebenfalls dazu die Forderungen der Gegenseite aufzuzeigen, aber auch die Veränderungen am Arbeitsmarkt und Verschärfungen gegen Erwerbslose (Erste SGB II - Änderungsgesetz / SGB II - Optimierungsgesetz) zu verstehen." So der Kommentar der Tacheles- Online Redaktion zur Dokumentation des Arbeitspapiers "Für einen besseren Einstieg Arbeitsloser" vom Januar 2006
Vermögensfreibeträge gehen in den Keller, Sanktionen werden verschärft... Ministeriumsliste mit zahlreichen Änderungsplänen deutet auf weitere drastische Einschnitte und Verschärfungen beim Arbeitslosengeld II hin.
BAG-SHI Pressemitteilung zur geplanten Verschärfung des SGB II vom 19.04.06
Politik der Abschreckung. Neues Gesetz zu Hartz IV zielt auf die Vereinzelung der Betroffenen
"Nein, der Sommer 2004 soll sich nicht wiederholen. Seit den Montagsdemonstrationen ist man vorsichtiger geworden. Es geht darum, die Kosten für Hartz IV deutlich zu senken, ohne breiten Protest zu provozieren. Eine einfache Kürzung des Regelsatzes - »wissenschaftlich« durch entsprechende Studien vorbereitet - wurde deshalb schon früh verworfen. Die klassische Salamitaktik ist zurückgekehrt. Der Testballon war die Kürzung des ALG II für Jugendliche unter 25 Jahren. Der Widerstand war gering. Nun wird mit dem Gesetz zur »Optimierung« des Sozialgesetzbuches II nachgezogen." Artikel von Sebastian Gerhardt in junge Welt vom 19.4.06
Und zur Entlarvung des Arguments der angeblichen Kostenexplosion als Sachzwang siehe unser Special zum Thema
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