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Updated: 18.12.2012 15:51
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Kämpfen in der Krise

»Mögen haben wir schon gekonnt, aber dürfen haben wir nicht gesollt« – Christian Frings* über den »Fall Univeg« Duisburg

Die Sanierungskosten für die Krisen›lösungs‹strategien auf dem Rücken der Belegschaften bzw. der Lohnabhängigen insgesamt austragen? Dagegen haben die DGB-Gewerkschaften unter dem Motto »Gerecht geht anders« einen heißen Herbst angekündigt, zu dem sie derzeit dezentral, auch mit betrieblichen Aktionen, mobilisieren. Höhepunkte sollen die Demonstrationen in Stuttgart, Erfurt, Dortmund und Nürnberg am 13. November sein. Doch wie steht es mit der Fähigkeit der Beschäftigten, in den Betrieben Widerständigkeit zu entwickeln? Die Belegschaft von Univeg, einem Metro-Zulieferer, hat es versucht und sich gegen die im Zuge des Metro-Sanierungskonzeptes beschlossene Schließung ihres Werks organisiert. Wäre mehr drin gewesen? Durchaus, meint Christian Frings – wenn die Gewerkschaft statt auf Sozialpläne auf das Arbeitskampfinstrument »Sozialtarifvertrag« gesetzt und die Öffentlichkeit einbezogen hätte. Ein Lehrstück in Sachen verhinderter Widerstand?

Am Morgen des 30. September 2010 haben sich etwa vierzig ArbeiterInnen der Firma Univeg vor dem Arbeitsgericht in Duisburg versammelt. Sie zeigen sich solidarisch mit dem Betriebsrat Murat P., der auf Antrag der Betriebsratsmehrheit aus dem Gremium ausgeschlossen werden soll. Was war sein Vergehen? Hatte er etwa hinter dem Rücken der KollegInnen mit dem Arbeitgeber zusammengearbeitet? Oder sich von den Chefs bestechen lassen, um Unruhe im Betrieb zu verhindern? Ganz im Gegenteil. Murat hatte die KollegInnen darin unterstützt, gegen ihre Entlassung und gegen einen schlechten Sozialplan zu protestieren. Und er hatte das auch öffentlich getan, unter anderem im Gespräch mit den wenigen, hauptsächlich türkischen Pressevertretern, die sich überhaupt für den Konflikt interessierten. Das wird ihm nun zum Vorwurf gemacht: Er habe Interna aus dem Betriebsrat in die Öffentlichkeit getragen und andere Betriebsräte beleidigt. In diesem ersten Gütertermin ist der Anwalt der Betriebsratsmehrheit, der regelmäßig für Gewerkschaften und Betriebsräte gegen die Unternehmerseite auftritt, auffallend wortkarg. So ganz wohl scheint er sich nicht in seiner Rolle zu fühlen, zusammen mit den ebenfalls geladenen Firmenchefs der Univeg gegen einen kämpferischen Kollegen vorgehen zu müssen. Der Arbeitsrichter lässt durchblicken, dass die vorgetragenen Vorwürfe wohl ein bisschen zu dünn seien, um den Ausschluss aus dem Betriebsrat wegen »grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten« (§ 23 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz) zu begründen – mit »Güte« ist hier nichts zu machen, für den 22. November, 11 Uhr, wird ein Kammertermin angesetzt.

Diskussionsverhinderung mit juristischen Mitteln

Sachlich betrachtet ist das ganze Verfahren absurd. Seit April ist bekannt, dass die Firma Univeg in Duisburg zum 30. Oktober dicht macht, letzter Arbeitstag für die etwa 250 Beschäftigten war am 15. Oktober. Aber die Posse vor dem Arbeitsgericht ist nur der Abschluss einer nicht wirklich geführten Debatte unter den KollegInnen und mit der Gewerkschaft über die Entwicklung von Widerstand gegen Entlassungen. Univeg ist nur eines von vielen kleinen Beispielen, wie diese notwendige Diskussion auf technokratische Weise nicht zugelassen und im Einzelfall sogar juristisch abgewürgt wird. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob die überall verbreitete Wut über Entlassungen, Leiharbeit, Lohnsenkungen usw. sich zu breiteren Protesten entwickeln kann oder ob gerade diese reale Konfliktbereitschaft und Mobilisierungsfähigkeit durch schnell herbeigeführte Sozialpläne von Betriebsräten und Gewerkschaften um jeden Preis ruhig gestellt wird, um »Krisenproteste« als von oben kontrollierte Veranstaltungen im Griff halten zu können. Denn die Situation ist explosiv und der Blick in die Nachbarländer zeigt den deutschen Gewerkschaften, dass sich an solch existenziellen Fragen Mobilisierungen nicht so einfach an- und wieder ausschalten lassen wie in gewöhnlichen Tarifrunden. Oder in den einfachen Worten eines der nicht von der Gewerkschaft gestellten Rechtsanwälte in den Kündigungsschutzverfahren von Univeg-KollegInnen: Er mache immer wieder die Erfahrung, dass Gewerkschaftssekretäre durchdrehen, wenn ihre Mitglieder selbständig aktiv werden.

Geräuschlose Abwicklung statt »heißem Herbst«

Bei Univeg wollten die überwiegend aus der Türkei stammenden Arbeiter und einige wenige Arbeiterinnen aktiv werden und ihren Rausschmiss im Rahmen der Konzernstrategie des riesigen Metro-Konzerns nicht einfach hinnehmen. Aber dürfen haben sie nicht gesollt. Dabei waren die Ausgangsbedingungen günstig, um den Konflikt über den kleinen Duisburger Betrieb hinaus auszuweiten. Die formal selbständige Firma Univeg Duisburg Service GmbH mit ca. 250 Beschäftigten, davon 180 in Festanstellung, gehört faktisch zu zwei Großkonzernen. Der Duisburger Betrieb ist eine Filiale der Univeg-Deutschland mit ca. 1000 Beschäftigten. Früher war es die »1x1 Fruchtunion«, die seit 1919 mit dem Import von Bananen aus der Karibik groß geworden war. Im August 2008 war die Firma vom belgischen Multi Univeg übernommen worden, der mit knapp 10000 Arbeitskräften in 25 Ländern einen jährlichen Umsatz von 3,3 Mrd. Euro (2009) im Fruchtgeschäft macht. Die Duisburger Firma arbeitete ausschließlich für die Metro, einen der weltweit größten Handelskonzerne mit 300000 ArbeiterInnen in 150 Ländern. Als sich in der Krise die Gewinne nicht mehr durch die Ausweitung des Geschäfts vergrößern ließen, setzte die Metro vor allem auf Rationalisierungsmaßnahmen. Im Juni kündigte sie an, zum ersten Mal in ihrer Unternehmensgeschichte vier Standorte zu schließen und allein in Deutschland 900 Leute zu entlassen. Der Univeg in Duisburg wurde der Auftrag entzogen – die Arbeiten sollen in Zukunft in ihrem eigenen Betrieb gemacht werden. Die Strategie zahlt sich aus, gerade hat die Metro eine Gewinnsteigerung für 2010 um 100 Mio. Euro auf 2,3 Mrd. angekündigt.

Als die Geschäftsleitung den KollegInnen am 27. April mitteilte, dass der Betrieb zum 30. Oktober 2010 geschlossen werden müsse, brach für sie eine Welt zusammen. Die meisten haben hier schon seit zehn und mehr Jahren in Sechs-Tage-Woche und in Schichtarbeit geschuftet, Bananenkisten herumgeschleppt und Gemüse verpackt. Kein Traumjob, aber es war ein fester Arbeitsplatz – und die sind im Ruhrgebiet Mangelware. Die KollegInnen waren bereit, dafür zu kämpfen. Sie demonstrierten vor dem Werksgelände, mobilisierten die Unterstützung von KollegInnen aus anderen Betrieben, die vor ähnlichen Problemen standen, z.B. die FlugzeugreinigerInnen aus Düsseldorf von Klüh (siehe express 8/2010). Sie wandten sich an die Öffentlichkeit und den Bürgermeister Sauerland (der allerdings kurz darauf mit seiner »Love Parade« vor ganz anderen Problemen stand). Vor allem von der Gewerkschaft ver.di, in der fast alle Beschäftigten organisiert sind, erhofften sie sich Unterstützung für ihre Aktionen – zumal der Duisburger ver.di-Geschäftsführer als Abgeordneter der Partei »Die Linke« im Rat sitzt und auch der stellvertretende Bürgermeister von dieser Partei gestellt wird. Aber die anfänglichen Hoffnungen, dass damit für eine gute Repräsentation von Arbeiterinteressen in der Politik gesorgt sei, verkehrten sich ins Gegenteil. Sie mussten die Erfahrung machen, dass der altbekannte Ruhrgebietsfilz aus SPD und Gewerkschaftsbürokratie nur um ein linkes Tüpfelchen bereichert worden war.

Als angesichts der Betriebsschließung die Frage »Was tun?« im Raum stand, drängten die zuständigen Gewerkschaftssekretäre die KollegInnen, möglichst schnell einen Sozialplan zu unterschreiben und Ruhe zu bewahren. Angesichts der dünnen Kapitaldecke der formal selbstständigen GmbH in Duisburg sei nicht viel zu erwarten, und im Übrigen bestehe die Gefahr, dass die Firma Insolvenz anmelde. Es seien nur 2,3 Mio. Euro in der Kasse, und diese müssten nun durch einen Sozialplan verteilt werden. Erst auf Druck einiger Kollegen im Betriebsrat wurde die Kapitaldecke einer wirtschaftlichen Prüfung unterzogen, die ver.di als zu teuer abgelehnt hatte, wodurch sich die Summe wundersamer Weise auf 3,259 Mio. erhöhte. Und was den KollegInnen von Anfang an nicht einleuchtete, war ihre Behandlung als formal selbständige Firma – faktisch lief alles über die Firmenzentrale der Univeg-Deutschland in Bremen, warum nicht auch sie für die Sozialplankosten oder den Erhalt von Arbeitsplätzen unter Druck setzen? In den mittlerweile in erster Instanz abgeschlossen Kündigungsschutzverfahren haben sich zwar alle beteiligten fünf Duisburger Arbeitsrichter auf den Standpunkt zurückgezogen, dass allein die Duisburger GmbH zuständig sei, aber ganz anders hätte es in einer öffentlichen Kampagne oder bei einem Streik ausgesehen.

Sozialtarifverträge – Rechtslage radikaler als Gewerkschaftspolitik

Die Situation ist paradox: Als das Bundesarbeitsgericht 2007 in einem Grundsatzurteil (1 AZR 252/06) den Streik um Sozialtarifverträge für zulässig erklärte, liefen Arbeitgeberverbände Sturm und protestierten gegen diese maßlose »Ausweitung des Streikrechts«. Jetzt, wo die Möglichkeit besteht und angesichts der Krise höchst willkommen sein müsste, statt zahnlosen Sozialplanverhandlungen durch Streikmaßnahmen Druck auszuüben, machen die Gewerkschaften nur sehr zögerlich davon Gebrauch und weigern sich, auch gegen den Willen ihrer Mitglieder, diesen Weg auch nur in Betracht zu ziehen – so wie hier bei Univeg war es auch im Fall Klüh Düsseldorf. Selbst das Kostenargument kann nicht überzeugen, da allein durch Urabstimmung und Warnstreiks erheblicher Druck ausgeübt werden kann. Gerade in der Obst- und Gemüseverpackung könnten schon kurze, überraschende Warnstreiks zu kostenträchtigen Unterbrechungen von Kühlketten und Lieferverträgen führen. Dann wäre die Frage, ob die Duisburger Univeg-GmbH formal selbständig und allein aus ihrer Kasse für die Abfindungen zuständig ist, ziemlich schnell gegenstandslos geworden, weil gleichermaßen Univeg-Deutschland wie der Metro-Konzern ein Problem gehabt hätten. Die an den Kündigungsschutzverfahren beteiligten Anwälte formulierten sehr deutlich, dass sie mit schwachen juristischen Argumenten das Versäumnis der Gewerkschaft auszubaden hätten – der offensichtliche Zusammenhang zum Gesamtkonzern hätte ihrer Ansicht nach nicht juristisch, sondern durch einen Streik aufgezeigt werden müssen.

Aber ver.di und der an den Sozialplanverhandlungen beteiligte Anwalt – derselbe, der jetzt das Ausschlussverfahren gegen Murat betreibt – setzten den Betriebsrat unter Druck, möglichst schnell einen Sozialplan zu unterschreiben. Das ausgehandelte Ergebnis war dürftig: 0,4 Bruttolöhne pro Beschäftigungsjahr, und ältere KollegInnen, die kurz vor der Rente stehen, sollen leer ausgehen. Die Gewerkschaft drohte zusammen mit der Firmenleitung damit, die Firma könne auch Insolvenz beantragen, und dann würde für alle noch weniger herauskommen. Eine sehr zweifelhafte Drohung, denn für den guten Namen Univeg würde »Insolvenz« einen deutlichen Imageschaden bedeuten. Das zeigt sich jetzt, nachdem alles zu spät ist, daran, dass Univeg-Duisburg vorsorglich eine Namensänderung beantragt hat – denn für den Fall, dass die noch offenen Kündigungsschutzverfahren, die 75 KollegInnen angestrengt haben, doch mit höheren Kosten verbunden wären, könnte die nicht mehr mit dem Namen Univeg verbundene GmbH dann etwas geräuschloser die Insolvenz einleiten.

Allein gegen ver.di und Linkspartei

Im ersten Anlauf lehnte der Betriebsrat in einer Sitzung, bei der ein Ersatzmitglied einen kranken Kollegen vertrat, den Sozialplan mit fünf zu vier Stimmen ab (das Öffentlichmachen dieses Abstimmungsergebnisse gehört übrigens zu einem der »Verstöße«, auf die sich das Ausschlussverfahren gegen Murat stützt!). Die Gewerkschaftssekretäre und der Gewerkschaftsanwalt setzten die Betriebsräte massiv unter Druck und forderten sie – sogar im Beisein der Arbeitgeberseite – dazu auf, endlich zuzustimmen. Weitere Proteste seien zwecklos. In anderer Zusammensetzung stimmte dann der Betriebsrat mit fünf zu vier Stimmen zu, und der Sozialplan wurde am 25. Juni unterzeichnet. Viele KollegInnen waren damit höchst unzufrieden, veranstalteten weitere Protestkundgebungen, unter anderem auch vor dem Büro ihrer Gewerkschaft ver.di, von der sie mehr erwartet hatten. Sie redeten mit der Presse, aber nur ein paar Artikel in den Lokalteilen und in türkischen Zeitungen beschäftigten sich mit dem Konflikt. Mitte August wandten sich die Unzufriedenen in einem offenen Brief, der von über 90 KollegInnen unterschrieben wurde, an die gesamte ver.di-Organisation – schilderten ihre Kritik an den örtlichen ver.di-Sekretären und gingen auf die verpasste Chancen einer breiteren Mobilisierung bei Univeg und Metro ein.[1] Ohne Reaktion, ohne Einladung seitens ver.di zu einer offenen Diskussion. Diese migrantische Belegschaft scheint einfach nur ein Problem für den reibungslosen Geschäftsablauf eines Gewerkschaftsbüros zu sein. Und um das einzudämmen, wird einer der aktivsten Sprecher der Unzufriedenen durch das Ausschlussverfahren eingeschüchtert. Der Form halber erhalten alle ver.di-Mitglieder bei Univeg im August noch ein Schreiben der ver.di-Landesleitung, in dem diese sich bedingungslos hinter das Vorgehen in Duisburg stellt und betont, dass »alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zur Wahrung der Interessen unserer Mitglieder ausgeschöpft« worden sein. In dem bezeichnenden Schlusssatz des Schreibens wird klargestellt: »Anschuldigungen gegenüber ver.di und deren Mitarbeitern weisen wir zurück. ver.di wird nicht zulassen, dass ver.di oder einzelne ver.di-Mitarbeiter beschädigt werden.« Das Ansehen der Organisation als ultima ratio. Mittlerweile haben viele Univeg-KollegInnen ihren Mitgliedsausweis abgegeben.

Durch die Verstrickung der Partei »Die Linke« in diese Logik des bedingungslosen Organisationserhalts war den KollegInnen auch weitgehend eine breitere Öffentlichkeit verbaut. Nach einer Protestversammlung vor dem Werksgelände berichtete die Lokalpresse am 12. Juli darüber unter der Überschrift: »Protest gegen Sozialplan. Viele Mitarbeiter von Univeg in Kaßlerfeld sind sauer auf die Gewerkschaft und das Angebot des Arbeitgebers«. Aber schon am 16. Juli beeilte sie sich, diesen Eindruck zu korrigieren, und ließ ausführlich die Betriebsratsmehrheit und die Gewerkschaft zu Wort kommen, von denen alle Vorwürfe bestritten wurden. Auf einer beeindruckenden Versammlung von etwa 160 hauptsächlich migrantischen ArbeiterInnen aus verschiedenen Betrieben der Region in einer Duisburger Schule am 20. Juni, fünf Tage vor der Unterzeichnung des umstrittenen Sozialplans, war dieser Mechanismus der Diskussionsverhinderung hautnah zu erleben. Anlass war die Solidarität mit den Düsseldorfer Klüh-Beschäftigten, aber mobilisiert durch die migrantischen Netze der regionalen Arbeitersolidarität waren auch KollegInnen von DPD Duisburg, dem Autozulieferer Kiekert aus Heiligenhaus, der Putzfirma »aktiv« – und eben von Univeg gekommen. Es ging den Organisatoren und Beteiligten der Veranstaltung um eine offene Diskussion über die Perspektiven unseres Widerstands in der Krise. Aber als ein Kollege von Univeg ihren Fall schilderte und Kritik an ver.di anmeldete, rastete der anwesende stellvertretende Bürgermeister der Linkspartei nahezu aus. Um den Raum in einer öffentlichen Schule zu bekommen, hatte er sich als Schirmherr der Veranstaltung zur Verfügung gestellt und ein paar Grußworte gesprochen. Aber als im Zusammenhang mit Univeg Kritik an ver.di laut wurde, forderte er die Versammlungsleitung auf, diese Diskussion sofort zu unterbinden. Eine wirkliche Diskussion konnte in diesem Tumult nicht mehr zustande kommen.

Perspektiven der Krisenproteste?

In den Versammlungen der Univeg-KollegInnen vor dem Arbeitsgericht während der 75 Kündigungsschutzverfahren oder in türkischen Teestuben in abgelegenen Duisburger Stadtteilen ist handgreiflich zu spüren, wie stark dieses Gefühl des vollständigen Ausschlusses bei ihnen sitzt und sie auch entmutigt. Die ausführliche Schilderung einiger Details dieses kleinen Einzelfalls soll zur Diskussion darüber anregen, wie breitere Proteste entstehen könnten – bzw. durch welche Mechanismen sie bisher in Deutschland verhindert worden sind. Univeg ist allein in der Region zwischen Duisburg und Köln nur eines von vielen Beispielen ähnlicher Abläufe, die kaum bekannt werden und nur in einer Art mündlicher Öffentlichkeit der »Parallelgesellschaft« kursieren – etwa bei den Belegschaften von DPD Duisburg, TMD Leverkusen, Kiekert Heiligenhaus usw. Aber wenn wir zusammen mit den führenden Ökonomen der Weltökonomie davon ausgehen, dass der jetzige »Aufschwung« nur das unvermeidliche Zwischenhoch eines typischen »double dips« darstellt, könnten solche Erfahrungen und ihre Diskussion eine wichtige Bedeutung haben, um uns auf den nächsten und dann dramatischeren Einbruch der Weltkonjunktur vorzubereiten.

* Christian Frings lebt in Köln und schrieb im express zuletzt über »Putz bei Klüh« (8/2010).

Erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 10-11/10

express im Netz unter: www.express-afp.info externer Link, www.labournet.de/express externer Link


Der offene Brief wurde bei labournet zusammen mit dem Sozialplan veröffentlicht: www.labournet.de/branchen/dienstleistung/eh/univeg_verdi.pdf pdf-Datei
www.labournet.de/branchen/dienstleistung/eh/univeg_sozialplan.pdf pdf-Datei
Ein ausführlicherer Artikel war nur in türkischer Sprache in der türkisch-deutschen Zeitschrift »Yeni Hayat« erschienen: »Univeg – Firma weg!« vom 22. Juli 2010, www.yenihayat.de/?p=1727 externer Link; unter anderem auf die dort wiedergegebenen Aussagen von Murat P. stützt sich das gerichtliche Verfahren zu seinem Ausschluss aus dem Betriebsrat.


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