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Updated: 18.12.2012 15:51
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

DaimlerChrysler erwirkt eine weitere Einschränkung der Internetfreiheit und des Grundrechtes auf freie Kommunikation

Betriebsgruppe darf nicht mehr auf LabourNet Germany linken

In unserer letzten Meldung zu diesem ungeheuerlichen Dauerthema zitierten wir aus Nachrichten vom Mercedesplatz - Ausgabe vom November 2005 pdf-Datei: ". Die Krönung ist, dass die Firma einen Zwangsgeldantrag gegen Klaus Ehlers beim Arbeitsgericht Kassel eingereicht hat. Mit einer abenteuerlichen Begründung wird ihm unterstellt, dass er die Auflagen des Homepageurteils vom 15.7.04 nicht einhält.
Die Argumentation lautet: Auf der Homepage "alternativemetaller.de" befindet sich ein Link zur Internetseite von "labournet.de". Auf dieser wiederum befinden sich, neben anderen Informationen, auch die "Nachrichten vom Mercedesplatz". Anmerkung: Der Link war schon vor Beginn des Rechtsstreits auf der Homepage "alternativemetaller.de." Das Arbeitsgericht Kassel hat den Zwangsgeldantrag der Firma zurückgewiesen. Die Begründung lautet: Klaus Ehlers hat die Verpflichtung des Urteils eingehalten. Mit der Verlinkung zu "labournet.de" liegt kein Verstoß gegen die Verpflichtung das Urteils vom 15.7.04 vor. Eine Darlegung oder der Nachweis, dass er die Einstellung bei Labournet zu verantworten hat ist nicht gegeben. Gegen diesen Beschluss hat die Firma Beschwerde beim Landesarbeitsgericht eingelegt
."

Während also das Arbeitsgericht Kassel, mit Beschluss vom 17.10.05 -1 BV 6/03, den Link auf uns als eindeutig als rechtmäßig erklärt hat, ja sogar nachträglich mit Schreiben vom 24 10.05 nochmals bestätigt wurde, wurde er gemäß Beschluss vom Landesarbeitsgericht Hessen vom 29.12.05 -9 Ta 550/05- ins genaue Gegenteil umgekehrt und zum Unrecht erklärt. [1]

Klaus Ehlers, langjähriges Mitglied des Betriebsrates der Daimler Chrysler AG, Werk Kassel, im Namen der Liste der "Alternativen Metaller" und der Betreiber der Homepage der Gruppe, wurde nunmehr gezwungen, den Link zu der Homepage von "LabourNet Germany" aus der Homepage zu entfernen.

Für den Fall der Nichterfüllung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 750 € (falls das Geld nicht eingetrieben werden kann 3 Tage Zwangshaft) festgelegt. Weitere Rechtsmittel sind im Zwangsvollstreckungsverfahren leider nicht möglich.

Weil auf der Homepage "www. alternativemetaller.de" externer Link mittels Link zu "LabourNet", unter vielen anderen auch die Belegschaftszeitungen "Nachrichten vom Mercedesplatz" abzurufen sind, vertrat nunmehr das Gericht, ganz im Gegensatz zum Beschluss der ersten Instanz in Kassel, die Auffassung, dass durch die Verlinkung zu "LabourNet Germany" gegen die tenorierte Verpflichtung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Kassel vom 17.12.03 -1 BV 6/03- in Verbindung des Beschlusses des LAG Hessen vom 15.7.04 -9 TaBV 190/03- verstoßen wird. Das Zugänglichmachen über einen Link auf eine andere Webseite sei lediglich eine Umgehung des tenorierten Gebotes.

Dass sich der Link zu LabourNet (inklusive "Nachrichten vom Mercedesplatz") von Anfang an auf der Homepage "AlternativeMetaller" befand, dies in den in den Vorinstanzen, obwohl bekannt, nicht beanstandet wurde, spielte für das Gericht keine Rolle.

Des Weiteren wurde nicht berücksichtigt, dass der Link zu "LabourNet" nicht direkt auf die "Nachrichten vom Mercedesplatz" führt. Erst auf einer Unterseite (Branchen > Auto > Daimler Chrysler) sind die "Nachrichten vom Mercedesplatz" in einer weiteren Unterseite (DaimlerChrysler Kassel > "Nachrichten vom Mercedesplatz") zu erreichen. Von einem gezielten Hinführen auf die "Nachrichten vom Mercedesplatz" kann hier keine Rede sein.

Hiermit ist der Beschluss des LAG Hessen mehr als fragwürdig. Theoretisch zu Ende gedacht dürften die Alternativen Metaller gar keinen Link mehr setzen, weil immer die Gefahr besteht, dass irgendjemand in Folge einen Link zu Labournet setzt. Dass man sich durch das Setzen eines Links den Inhalt der gelinkten Seite zum geistigen Eigentum macht - wie in der Urteilsbegründung angenommen - ist ebenfalls sehr fragwürdig.

Letztendlich wird Klaus Ehlers - vorgeschoben über seine Rolle als Betriebsrat - das Recht und die Freiheit genommen, einen Link zu einer legalen Homepage zu schalten und damit erfolgreich in seine Gesinnung sowie seine Auswahl der "befreundeten Homepages" und Freunde allgemein eingegriffen! Klaus Ehlers hat deshalb gegen dieses Urteil Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Allerdings ist dies nicht der erste (bisher erfolgreiche) Versuch von DaimlerChrysler, das Verhalten und Denken der Beschäftigten auch jenseits der arbeitsvertraglichen Pflichten zu beeinflussen, siehe hierfür z.B. die vom GBR im November 2003 mitverabschiedete Verhaltensrichtlinie von DaimlerChrysler [2].

Doch es geht längst nicht mehr "nur" um die Grundrechte von Beschäftigten des DaimlerChrysler-Konzerns, es geht um die Grundrechte aller - v.a. kritischen - Beschäftigten und um Beschneidung des freien Internets zugunsten von Kapitalinteressen!

In einem Schreiben an die Anwälte von Klaus Ehlers pdf-Datei und zur Vorlage beim Hessischen Landesarbeitsgericht bescheinigte die Redaktion des LabourNet Germany, die "Nachrichten vom Mercedesplatz" im Wissen des Gerichtsurteils und ohne die Beteiligung von Klaus Ehlers weiterhin zu veröffentlichen und zwar mit folgender Begründung:

". Ausschlaggebend für diese redaktionelle Entscheidung war das offensichtliche Interesse vieler, uns unbekannter Belegschaftsmitglieder, die uns diese Zeitung seitdem mit der Bitte um Verbreitung zukommen lassen. Von Herrn Ehlers haben wir die genannte Zeitung seit dem Gerichtsbeschluss nie erhalten. Sollte im Übrigen tatsächlich die auch nur annähernde Gefahr bestehen, dass Klaus Ehlers ein Link zu unserer Homepage zu Lasten gelegt wird, so weisen wir vorsorglich daraufhin, dass mehrere Tausend anderer Homepages - auch die der IG Metall - Links auf uns beinhalten . ".

Desweiteren kündigten wir in einem Offenen Brief an die Geschäftsleitung im DaimlerChrysler Werk Kassel vom 11.12.2005 pdf-Datei an: ". Dieses juristische Vorgehen der Geschäftsleitung von Daimler Chrysler betrachten wir als Angriff auch auf unser Internetportal, wie auch auf die Meinungs- und Pressefreiheit überhaupt. Will die Geschäftsleitung bei ihrem Kampf gegen unliebsame Betriebsräte auch noch Vorschriften machen, wer sich mit wem verlinkt, wer sich wo informiert? (.) Dass nun Klaus Ehlers unsere Aktivitäten angelastet werden sollen, ist für uns eine Kampfansage. Auch wenn es der Geschäftsleitung von Daimler Chrysler nicht passt - uns geht es vor allem um die Meinung der Kolleginnen und Kollegen und ihren freien Meinungs- und Informationsaustausch. Wir werden auch nicht akzeptieren, dass die Geschäftsleitung von Daimler Chrysler in unsere Presse- und Meinungsfreiheit dadurch einzugreifen versucht, in dem sie Links zur unserem Internetportal juristisch zu unterbinden versucht.
Rund 200.000 monatliche LeserInnen des LabourNet Germany haben ein Interesse am freien Meinungs- und Informationsaustausch über den beruflichen und betrieblichen Alltag wie auch über die jeweiligen Strategien der Unternehmensleitungen wie gewerkschaftlichen Interessenvertretungen. Wir werden alle Angriffe auf dieses Grundrecht abwehren, alle Angegriffenen unterstützen und zu Protesten gegen die Angreifer aufrufen
."

Dieses versprechen müssen und wollen wir einhalten und bitten daher um Verbreitung dieses ungeheuerlichen Urteils nicht nur in den Belegschaftszeitungen sowie um Hinweise/Ideen an die Redaktion, wie eine solche erfolgreiche Kampagne organisiert werden könnte!

Mag Wompel und Ralf Pandorf für die Redaktion des LabourNet Germany

Anmerkungen

Anm. 1) Siehe dazu Nachrichten vom Mercedesplatz - Ausgabe vom Februar 2006 pdf-Datei

Wir berichteten über den gesamten Fall: "Generalangriff! Neues zur Netzzensur gegen "Nachrichten vom Mercedesplatz"" und "Skandalurteil gegen "Nachrichten vom Mercedesplatz" - Netzzensur pur!" unter Branchen > Auto > DaimlerChrysler Kassel

Anm. 2) Die Verhaltensrichtlinie bei DaimlerChrysler externer Linkpdf-Datei


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