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Updated: 18.12.2012 15:51
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Startschuss zum Ausschluss?

Eine Antwort an Uwe Meinhardt, IG Metall Stuttgart

Werter Kollege Meinhardt,

ich habe im labournet deinen Beitrag “Die Mär von den Geheimverhandlungen” gelesen. Schwach muss die Position der verantwortlichen MetallerInnen in Stuttgart sein, wenn sie so den Abschluss bei Daimler-Chrysler verteidigen, wie du es gegen seine Kritiker tust. Dein ganzer Brief strotzt nur so von Beleidigungen Andersdenkender: “Verschwörungstheorien”, “Pfaffendenken”, “Polit-Pietismus”, “Elitedünkel”, “äußerst gestörten Verhältnis zur Wahrheit”, “unangreifbare eigene Überlegenheit”, “bürgerliches Eliteverständnis”.

Natürlich hat deine Schimpfkanonade eine materielle Basis ... die Verteidigung des katastrophalen Abschlusses von Daimler-Chrysler. Ob geheim oder offen verhandelt – jeder Metaller, jede Gewerkschafterin überhaupt muss nach dem Abschluss mit rd. 500 Mio. Euro Kosteneinsparungen und der nachfolgenden Gewinnsteigerung des Konzerns von über 1,5 Mrd. Euro im zweiten Quartal 2004 denken: Wenn sie es beim Daimler nicht halten, wie sollen wir in “meinem” Klein- oder Mittelbetrieb die tariflichen und sozialen Errungenschaften halten? Da muss ich in Zukunft ohne die Gewerkschaften sehen, wie ich über die Runden komme. Und tatsächlich berichten die bürgerlichen Medien nach dem Abschluss bei Daimler-Chrysler ja auch über hunderte von “Durchbrüchen” in anderen (Metall)betrieben.

Selbst wenn der Abschluss bei allen Daimler-Beschäftigten positiv aufgenommen würde ... in der BRD steht er für den “Dammbruch” mit allen materiellen Verschlimmerungen und demoralisierenden Folgen für die Gewerkschaftsarbeit. Während aber in der ganzen Republik immer mehr Menschen von einer konzertierten Aktion der Bundesregierung (Agenda 2010, Hartz IV) mit Siemens und Daimler-Chrysler (Arbeitszeit) gegen die Arbeitenden, Arbeitslosen, Sozialhilfeempfänger und, und, und ... ausgehen, sehen die für die Betriebe verantwortlichen Gewerkschaftssekretäre nur noch “ihren” Betrieb und “ihren” Konzern. Jede gesamtgesellschaftliche Verantwortung für die Aufrechterhaltung des Lebensstandards aller Arbeitnehmer und Beschäftigungsloser wird mit solchen Verhandlungen und Abschlüssen wie bei DC ignoriert.

Deine beleidigenden Töne fallen nur auf dich selbst zurück – ernst nehmen muss mensch aber deinen Spaltungsvorwurf: Verbreitung von “Flugblätter in Untertürkheim”, Bruch von “Absprachen über Strategie und Taktik” d.h. gemeint ist wohl die Demonstration über die B 10 – alles Rechte, die als Meinungsfreiheit im Art. 5 und als Versammlungsfreiheit im Art. 8 des Grundgesetzes abgesichert sind. Dein Vorwurf der Spaltung gipfelt in dem Satz: “ Es scheint, als wenn für jeden ordentlichen `Gewerkschaftslinken` die Spaltung der Bewegung ein nur geringer Preis ist, wenn es darum geht, die eigene Liturgie durchzusetzen”. Während also nach dem Abschluss bei Daimler-Chrysler die “Dienstleister” und die Bandarbeiter z.B. bei der Arbeitszeit gespalten werden, sind die “Spalter” für dich nicht diejenigen, die das unterschrieben haben, sondern die, die das zu kritisieren wagen.

Muss nicht jemand, der wie du, Flugblattverteilen und eine unerwünschte Demonstration als “Spaltung” ansieht, von einem völlig monolithischen Verständnis von Gewerkschaften ausgehen mit preußischer Disziplin und Gehorsam? Wenn heute in der globalisierungskritischen Bewegung Vielfalt in den Aktionen und Pluralismus in der Debatte angesagt sind, dann wird es langsam Zeit, dass ein solches Verständnis auch im Gewerkschaftsapparat Einzug hält.

Spaltungsvorwürfe und beleidigende Töne gegen Andersdenkende waren in den 70er Jahren in der Gewerkschaftsführung hoch im Kurs. Ihnen folgten die Gewerkschaftsausschlüsse. Wenn du deine Kritik auch noch auf die Person Tom Adler zuspitzt, dann kann ich das nur als ideologische Vorbereitung seines Gewerkschaftsausschlusses und von Repression gegen die Linke in den Gewerkschaften verstehen. Auch nach dem Stahlstreik 1978/79 hatte die Führung der IG Metall nichts besseres zu tun, als die KritikerInnen des Abschlusses bei Mannesmann und Thyssen abzuservieren. Ob das heute, selbst unter einem neoliberalen 2. Vorsitzenden der IG Metall, noch so einfach ist wie damals, wage ich allerdings zu bezweifeln.

Peter Berens, Mitglied der IG Metall, Oberhausen


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