Konsequente Demokratie ist lästig. Um einen störungsfreien Ablauf von "Großprojekten" zu gewährleisten, wird sie daher schon mal eingeschränkt oder ganz ausgesetzt. Das passiert beim Castor-Transport genauso wie bei Gewerkschaftsfusionen. Geht es im einen Fall um das Demonstrationsrecht, müssen die frisch verschmolzenen ver.dianer dagegen vorerst auf ihr Wahlrecht verzichten – wo gehobelt wird, fallen Späne. Über die Gewerkschaftstage, den millionenschweren Verschmelzungskongress und die Frage, was aus Hobeln und Spänen nun werden soll, werden wir in der nächsten Ausgabe des express berichten. Über die Differenzen zwischen Autonomie und Partizipation unter den funktionalen Imperativen von Managementkonzepten im "neuen Geiste des Kapitalismus" und Selbstbestimmung bzw. radikaler Demokratie in emanzipatorischer Absicht geht es Harald Wolf mit seinem nebenstehenden Beitrag, einer Überarbeitung seines Referats auf der Konferenz "Aufgaben und Perspektiven kritischer Gesellschaftstheorie heute". Wolf hält damit entgegen verbreiteten gesellschaftstheoretischen und sozialphilosophischen Positionen, die Selbstbestimmung im Rahmen der dichotomen Kontruktionen von System und Lebenswelt nurmehr außerhalb der "Erwerbssphäre" bzw. der Produktion verorten können, an der Notwendigkeit einer Befreiung der Arbeit fest. Über die Konferenz selbst, mit der die Otto Brenner Stiftung, das Frankfurter Institut für Sozialforschung und die Abteilung Bildung der IG Metall Mitte Februar einen Beitrag zur Zukunftsdebatte der IGM gesetzt haben, werden wir in der nächsten Ausgabe des express genauer berichten.
Abschließend zum Thema "mehr Demokratie wagen" möchten wir auf eine Initiative zum Erhalt des Minderheitenschutzes und Verhältniswahlrechts bei der Anfang April parlamentarisch zu verhandelnden Reform des Betriebsverfassungsgesetzes aufmerksam machen. Sicher nur eine von vielen Schwachstellen in der geplanten Reform, aber eine, bei der realistische Aussichten auf eine Änderung der bisherigen Entwürfe bestehen. Die Initiative wird getragen von Mitgliedern des Chemiekreises, der Auto- und Mercedes-Koordination und der Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken. Text und weitere Informationen sind erhältlich bei Nikolaus Roth, Mitglied der KollegInnen für eine durchschaubare Betriebsratsarbeit bei Bayer Leverkusen, Tel. (0221) 62 80 69