letzte Änderung am 19.September 2003

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Bericht über die venezuelanische Arbeiterbewegung:
Der Prozess geht weiter

Von Michael A. Lebowitz, 8.August 2003
(Zusammenfassende Übersetzung von Helmut Weiss)

Verstaatlicht die Banken! Verweigert die Bezahlung der Auslandsschulden und nutzt das Geld zur Schaffung von Arbeitsplätzen! 36 Stundenwoche! - Solche und andere Losungen prägten den ersten UNT-Kongress am 1. und 2. August 2003.
Nachem die jahrelange Unterstützung des alten Dachverbandes CTV für die neoliberale Politik der verschiedenen Regierungen in der Beteiligung der CTV am schnell gescheiterten Putschversuch vom April 2002 kulminiert war, wurde ein Jahr danach, im April 2003 die UNT gegründet.

Zum ersten UNT Kongress kamen 1.300 Delegierte, die 120 Gewerkschaften und 25 regionale Zusammenschlüsse vertraten.Die grösste Einheit - und Leidenschaft - traten in der Prinzipiendebatte auf: "Für die Verwandlung der kapitalistischen in eine selbstverwaltete Gesellschaft" , für ein neues autonomes Entwicklungsmodell, das den Menschen die Emanzipation von Klassenausbeutung, Unterdrückung, Diskriminierungund Exklusion ermöglicht - so waren die Slogans(...).

Was diese Prinzipien konkret bedeuten wurde klar, als es um die Diskussion des Aktionsplans ging. Während die TeilnehmerInnen einig waren in derUnterstützung zahlreicher Initiativen der Chavez - Regierung, wie etwa die Alphabetisierungskampagne, die Entsendung kubanischer Ärzte in Slumgebiete,das staatliche Programm zum Wohnungsbau, das Gesetz zum Verbot von Entlassungen und die Ablehnung der panamerikanischen Freihandelszone FTAA (ALCA), gab es zahlreiche Positionen, die weit über die Regierungspolitik hinausgingen: Verstaatlichung der Banken, Arbeitszeitverkürzung usw.

Die Unabhängigkeit der UNT zeigte sich auch an hefitgen Kritiken an den Ministern für Arbeit und für Gesundheit, insbesondere die Erklärung des Notstandes im Gesundheitswesen wurde scharf kritisiert.

Weniger einheitlich war die Debatte, als es um interne Auseinandersetzungen ging(...) hier gab es zahlreiche Auseinandersetzungen um organisatorische Prinzipien. Zahlreiche Entscheidungen wurden der Mitgliedschaft überlassen.

Dennoch war der Kongress kein voller Erfolg. Wenige Tage vor dem Kongress hatte die provisorische Leitung der UNT beschlossen, dass die "Confederacion Unitaria de los Trabajadores de Venezuela" (CUTV) - Mitglied im Weltgewerkschaftsbund - die von Beginn an am Prozess der Bildung der UNT beteiligt war, nicht mit ihren regionalen zusammenschlüssen am kongress teilnehmen könne - weshalb viele ihrer Mitglieder fern blieben. Wie auch der einflussreiche Führer der Stahlarbeitergewerkschaft SUDISS, Ramon Machuca nicht anwesend war, was einige Gerüchte hervorrief...

Die wichtigste Abwesenheit war jedoch die von Chavez selbst. Der am nächsten Tag in einer Rede eben jenen Ramon Machuca hervorhob...

Um wirklich die einheit der arbeitenden Bevölkerung zu erreichen, wäre mehr nötig, als UNT, CUTV, die Machuca-Strömung und Teile der CTV Mitgliedschaft zusammenzubringen: nur 12 Prozent der im formalen Sektor Beschäftigten gehören diesen Gewerkschaften an. Ausserhalb stehen die enorme Zahl der Armen, für die Chavez die erste Regierung stellt, mit der sie sich identifizieren können.
Und auch wenn die UNT allen Arbeitenden sich verpflichtet fühlt - wie es ihre Forderungen nach der Gründung von Erwerbslosenkomitees und nach Essensmarken für Rentner und Erwerbslose zeigen - bleibt die Frage: Wie kann der Graben, der die Gewerkschaftsmitglieder und jene Hälfte der Bevölkerung, die informell tätig ist, überwunden werden? Diese organisieren sich auf eigene Weise. Und dies zusammenzubringen wäre das wichtigste, um Niederlagen zu vermeiden.

Denn die Realität einer gespaltenen Gesellschaft wurde auch anhand des UNT-Kongresses deutlich: für die Fernsehzuschauer fand dieser kongress nicht statt. Lediglich das staatliche Fernsehen berichtet, wie bekannt - schlechte Technik und ausblenden bei den heftigsten Debatten. (...) Das schafft eine virtuelle Realität, die die Vereinigung der Arbeitenden schwieriger macht, als sie sein müsste...

Michael A. Lebowitz, Professor Emeritus Economics Department Simon Fraser, University Burnaby, B.C., Canada .
Zum (englischen) Originaltext

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