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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Gewerkschaftswahlen im Ölsektor: Scheideweg der ganzen Gewerkschaftsbewegung? Die Konföderation FUTPV wurde gegründet, um die Gewerkschaftsbewegung in Venezuelas wichtigster Branche zusammenzubringen - rund die Hälfte der 80.000 Beschäftigten sind organisiert. Am 1. Oktober sind die Wahlen - in die sich der Ölminister kräftig eingemischt hat. Der Ton der Auseinandersetzung zwischen den verschiedenen kandidierenden Listen ist, gelinde gesagt, rauh. Dazu unsere aktuelle Materialsammlung "Gewerkschaftswahlen als Scheideweg?" vom 21. September 2009. Gewerkschaftswahlen als Scheideweg? Die venezuelanische Ölindustrie ist in verschiedenster Beziehung der zentrale Faktor der Wirtschaft: Bei leichten Schwankungen sind es immer deutlich über 80 Prozent aller Exporterlöse, die hier erwirtschaftet werden. Das Unternehmen PDSVA beschäftigt 80.000 Arbeiter, dazu noch etwa 20.000 Kontraktarbeiter und selbstverständlich gibt es auch noch das, was allgemein Zulieferindustrie genannt wird. Politisch war das Unternehmen einerseits lange ein Hort jenes Teils der Gewerkschaftsbewegung, der sich sozialpartnerschaftlich mit den alten Eliten verbündet hatten - und selbstverständlich auch immer ein zentraler Quell der Bereicherung für die herrschenden Klassen. Alles dies weist daraufhin, dass die gewerkschaftspolitischen Entscheidungen in diesem Kernbetrieb zumindest den Gesamtzustand der Gewerkschaftsbewegung massiv beeinflussen, ein Gesamtzustand im übrigen, der davon gekennzeichnet ist, dass ob der Auseinandersetzungen der diversen Strömungen der Gewerkschaftsbund UNT paralysiert ist. Die Wahlen in der Föderation der Ölarbeitergewerkschaften sollten ursprünglich im Juli stattfinden, dann im August, nun wurden sie auf den 1. Oktober 2009 angesetzt. Einstweilen gibt es in der FUTPV seit ihrer Bildung aus vier verschiedenen Föderationen (von denen eine der CTV angehörte - jenem Gewerkschaftsbund, der den Rechtsputsch 2002 unterstützte) im April 2007 eine provisorische Koordination - und dies ist einer der Hasen im Pfeffer, denn der Branchentarif ist am 17. Januar 2009 abgelaufen und zusammen mit der Wahlverschiebung erhebt sich ständig die Frage, wer über einen neuen Vertrag verhandeln soll. Ursprünglich waren nicht weniger als 18 Listen zur Wahl aufgestellt worden - im Laufe der immer länger werdenden Zeit haben zahlreiche Verhandlungen zu Zusammenschlüssen geführt, so dass jetzt noch 9 Listen sich bewerben. Im Juli hatte der Ölminister öffentlich unterstrichen, er werde keine Tarifverhandlungen mit Feinden der Revolution führen - was vielleicht gut klingen mag, aber spätestens dann fragwürdig ist, wenn das Ministerium entscheidet, wer ein Feind der Revolution ist. Das ist ausführlich dargestellt in dem Beitrag "Venezuela: Oil Minister Fuels Controversy in Union Elections" von Kiraz Janicke bei Venezuelanalysis am 19. Juli 2009. Am 15. September 2009 schreibt - nach weiteren Wahlverschiebungen - derselbe Autor im selben Organ den Beitrag "Mobilizations and Counter-Mobilizations in Venezuela's Oil Union Elections" in dem vor allem über die Auseinandersetzungen berichtet wird zwischen der Liste 7 (die Sozialistische Arbeiteravantgarde - VOS) - der die Gegner vorwerfen, vom Managment, also auch dem Ölminister, bevorzugt zu werden - und der Liste 1 der revolutionären Klassenströmung C-Cura - der wiederum ihre Bündnispolitik der Arbeitersolidarität vorgeworfen wird, weil sie dort die Zusammenarbeit mit alten diskreditierten Vertretern des CTV praktizierten. Eine dritte Liste, die relativ profiliert auftritt ist die Liste 9 - die sich aber vor allem der ideologischen Auseinandersetzung mit anderen Listen widmete, während Liste 7 die Arbeiterpartizipation am revolutionären Prozeß und Liste 1 ökonomische Forderungen in den Mittelpunkt ihrer Kampagnen stellten. Der Wahlaufruf von C-CURA "Elecciones de la Futpv: rechacemos el chantaje y derrotemos a la plancha de los patronos" am 20. September 2009 bei apporea veröffentlicht, unterstreicht nochmals diese Konfrontation - die VOS Liste wird ausdrücklich als Liste der Bosse charakterisiert. Bereits drei Tage zuvor, am 17. September 2009 hatten die "Sozialistischen Patrouillen" einen Beitrag veröffentlicht "Las patrullas socialistas petroleras y las elecciones de la FUTPV" in dem diejenigen verteidigt werden, die die Regierung Chavez unterstützten und ihre Kritiker als Gegener der Revolution benannt. In dem Beitrag "Una victoria de los petroleros clasistas marcaría un punto de inflexión en la lucha de clases" am 21. September 2009 bei apporea veröffentlicht, versucht das (studentische) Colectivo Libre Aquiles Nazoa die Position von C-CURA jenseits der aktuellen Polemik etwas grundsätzlicher darzustellen, indem eine Gesamtcharakterisierung des gesellschaftlichen Prozeßes in Venezuela versucht wird und die Regierung als eine der Klassenzusammenarbeit analysiert wird, was sich insbesondere eben in der Ölindustrie zeige. Dass der Hintergrund dieser Auseinandersetzung in der Tat kompliziert ist, zeigt die Meldung "PDVSA despide a dirigenta sindical" die am 16. September 2009 bei indymedia Venezuela publiziert wurde - und die besagt, das eine aktive Gewerkschafterin entlassen wurde, weil sie die gesundheitsgefährdenden Zustände eines Gasbetriebes anprangerte. Dass schliesslich diese Auseinandersetzung jetzt schon gesamtgesellschaftliche Wellen schlägt, zeigt sich auch an Unterstützungserklärungen - wie im Falle von "Organizaciones populares apoyan a Jose Bodas" - am 7. September 2009 ebenfalls bei indymedia Venezuela veröffentlicht - von anderen Gewerkschaften und sozialen sowie politischen Organisationen für beide Seiten. Zusammengestellt von hrw |