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Updated: 18.12.2012 15:51
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Gewerkschaftsbund als wesentlicher Machtfaktor?

"Der Diktator ging, die Diktatur bleibt?" - das war einer der Protestslogans während der zahlreichen Protestaktionen gegen die Übergangsregierung, deren Schlüsselstellungen von alten Gesichtern aus Ben Alis Riege gehalten werden sollen. Nach dem Rückzug der Minister, die die UGTT stellen sollte, wird von vielen Seiten der Gewerkschaftsbund als ein wesentlicher Faktor der weiteren Auseinandersetzung um den Übergang zu demokratischen Verhältnissen gesehen. Wobei die Forderung nach Auflösung der RCD, der Partei Alis, eine der zentralen Fragen ist. Die Partei war sich nicht zu peinlich, Ali im Nachhinein auszuschliessen. Die Sozialistische Internationale war sich nicht zu peinlich, die ganze Partei aus ihren Reihen auszuschliessen. In unserer knappen Materialsammlung "Machfaktor UGTT?" beschränken wir uns am 21. Januar 2011 auf die wichtigen Fragen...

Machtfaktor UGTT ?

"Außer dem UGTT waren mehrere Mitglieder halblegaler Parteien der Opposition dort vertreten. ATTAC-Tunesien fordert diese auf, sich ebenfalls zurückzuziehen. Unsere Freunde verlangen allgemeine freie Wahlen für eine verfassunggebende Versammlung, aus der eine neue Regierung hervorgehen soll. In gar keinem Fall sollen einer künftigen Regierung Vertreter des ehemaligen Unterdrückungsregimes angehören. Daß die Gewerkschaften jetzt auf diese Weise sehr konsequent agieren und sich zurückziehen, ist übrigens keineswegs selbstverständlich. Teilweise hatten sich auch Gewerkschaften mit dem alten System arrangiert - ihnen war nichts anderes übrig-geblieben. Jetzt stellt sich heraus, daß sie nun massiv Gewerkschaftsrechte fordern und - wie es konkret in einer ihrer Veröffentlichungen heißt - »die Wiederherstellung von Volkseigentum«" - so sagt es Hugo Braun von attac am 19. Januar 2011 in dem Interview "Dort ist eine demokratische Revolution im Gang" externer Link in der jungen welt, zur Situation der sogenannten Übergangsregierung. Einige Aspekte zur Ausbreitung kämpferischer Positionen innerhalb des Gewerkschaftsverbandes waren im LabourNet bereits 2007, anhand eines Berichtes über den 21. Gewerkschaftskongress "Der 21. Gewerkschaftstag der UGTT - im Belagerungszustand" publiziert worden.

Eine ganze Reihe von Schlaglichtern über die Zerrissenheit des Gewerkschaftsverbandes liefert in der Reportage "La semaine qui a fait tomber Ben Ali" externer Link Olivier Piot am 19. Januar in den Blogs von Le Monde diplomatique. Ob mit Aktivisten der Lehrergewerkschaft in Tozeur oder Eisenbahngewerkschaftern in Sfax - oder gar Aktivisten der massiv unterdrückten Protestbewegung in Gafsa, allesamt wiederholen unabhängig voneinander, und extrem krtitisch, die langjährige Verwobenheit der Spitzen des Gewerkschaftsverbandes mit dem Ali-Regime. Dabei geht es - unter anderem - um den Anfang Januar von der UGTT beschlossenen eintägigen Protestgeneralstreik - der für den 27. Januar beschlossen worden war. "Das ist ja wohl denn absichtlich spät" sagt einer von Piots gewerkschaftlichen Gesprächspartnern.

In dem Beitrag "En Tunisie, le syndicat UGTT devient l'acteur politique principal" externer Link von Pierre Puchot am 19. Januar 2011 bei mediapart (gebührenpflichtig) stellen Gewerkschaftsaktivisten zwei Gründe für eine besondere Rolle der UGTT in der aktuellen Situation heraus: Zum einen sei es real die einzig existierende und lebendige Großorganisation des Landes, die zum zweiten vor allem seit den Auseinandersetzungen von Gafsa und Redeyef eine starke und kontinuierliche innere Kräfteverschiebung erlebt habe, eine stetige abnehmende Entscheidungsgewalt der Alinahen Führungsmannschaft.

Einen guten Einblick in die innere Situation der UGTT bietet auch die Lektüre der "DÉCLARATION
DE LA COMMISSION ADMINISTRATIVE NATIONALE
" pdf-Datei der UGTT vom 04. Januar 2011. Da werden demokratische Reformen im Sinne der Menschenrechtsorganisationen gefordert, sogar erstmals offiziell die Opfer von Gafsa gewürdigt und die Zensur erwähnt - aber es fehlt eine eindeutige Positionierung gegen Ali und seine Mannschaft, was zu diesem Zeitpunkt längst eine massenhafte Haltung geworden war...

Diese Übergangsregierung ist durch die fortgesetzten Widerstandsaktionen geschwächt - wie die faktische Auflösung von Alis Regierungspartei RCD, durch kollektiven Austritt der Führungsgremien, nachvollziehbar macht - diese Auflösung ist eine der Grundforderungen der Bewegung, neben dem naheliegenden Prinzip, kein Minister Alis dürfe der neuen Regierung angehören. Die Entwicklung wird in dem Beitrag "Erste Regierungskrise in Tunesien" externer Link von Thomas Pany am 19. Janaur 2011 bei telepolis nachgezeichnet. Die aktuelle Situation ist auch in dem Beitrag "Neuer Aufruhr in Tunis" externer Link von Arnold Schölzel am 21. Januar 2011 ebenfalls in der jungen welt nachzulesen.

Der selbsterklärte Übergangsregierungschef Ghannouchi erklärt in einem Interview mit Europe1, dass alle verbliebenen Ali-Minister "saubere Hände" hätten, was der Interviewer nicht glauben mochte. Nachzulesen in dem Transkript "L'interview transcrite de Mohamed Ghannouchi par Jean-Pierre Elkabbach" externer Link am 18. Januar 2011 beim tunesischen Portal Nawaat.

Zusammengestellt von hrw


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