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Updated: 18.12.2012 15:51 |
3D-Jobs in Südkorea – auch hier: dreckig, gefährlich, schwierig Die »Equality Trade Union[1]« (ETU) ist eine Dachgewerkschaft für Fabrikarbeiter, Opfer von Arbeitsunfällen, Gelegenheitsarbeiter, befristet Angestellte, Behinderte und Gastarbeiter in Südko-rea. Das folgende Interview mit Kabir Uddin, einem illegalen Gastarbeiter aus Bangladesh, der zur Spitze der ETU gehört, führte Jamie Doucette. Es wurde ursprünglich im znet veröffentlicht (www.zmag.org/content), das dem unten vorgestellten Internetportal <this tuesday.org> ange-schlossen ist. Gastarbeiter in Südkorea Jamie: Ich glaube, es wäre am besten, mit einigen allgemeinen Fakten für diejenigen Leser anzu-fangen, die nicht viel über Gastarbeiter in Südkorea wissen. Wieviele Gastarbeiter gibt es dort eigentlich im Moment? Kabir: Es gibt ungefähr 350000 Gastarbeiter in Südkorea. Alles begann um das Jahr 1991 herum. Anfangs kamen nur wenige Menschen hierher, um zu arbeiten, aber von 1994-1996 stieg die Zahl der Gastarbeiter um mehr als 250000. Im Moment arbeiten ungefähr 80 Prozent dieser Menschen illegal. Jamie: Warum sind diese Arbeiter illegal? Kabir: Na ja, es gibt nur zwei Möglichkeiten für Migranten, nach Südkorea zu kommen. Die eine ist ein Visum für Touristen, das nach drei Monaten abläuft, und die andere ist das Firmen-Trainee-System (ITS)[2]. Ein System zur Regelung von Arbeitsgenehmigungen existiert noch nicht. Die koreanische Föderation kleiner und mittelständischer Betriebe (KFSB)[3] beschäftigt Agenten in Entwicklungs- oder Schwellenländern, die Arbeiter in der benötigten Anzahl anwerben. Genau wie ich bewerben sich viele Menschen für ihren vermeintlichen Traumjob in Südkorea. Diejenigen, die das Glück haben, ausgewählt zu werden, bezahlen zunächst über 8000 US-Dollar, um hierher zu kommen. Im Rahmen des ITS werden sie niemals offiziell als Arbeiter anerkannt, sondern lediglich als Trainee, also als Beschäftigte, die eine zusätzliche Ausbildung benötigen. Trotzdem arbeiten wir mindestens 12 Stunden pro Tag in den sogenannten 3D-Jobs[4] – Jobs, die dreckig, gefährlich und schwierig sind – für einen sehr geringen Lohn. Die Bestimmungen des »Labor Standards Act«, des Gesetzes zur Regelung von Arbeitsverhältnissen, gelten für die Trainees nicht. Es gibt weder grundlegende Rechte für Arbeiter, noch ist eine Abfindung gewährleistet. Deswegen tauchen Gast-arbeiter auch oft unter, nachdem sie sich einige Fähigkeiten und Grundkenntnisse der Landesspra-che angeeignet haben, und werden folglich illegal. Damit sind sie dem ständigen Risiko ausgesetzt, erwischt und ausgewiesen zu werden. Die Ursprünge der südkoreanischen Arbeiterbewegung Jamie: Wann und wie hast Du den Bereich für Migranten innerhalb der »Equality Trade Union-Migrants Branch« (ETU-MB) gegründet? Kabir: Seit Oktober 1996 hatte ich elf Monate innerhalb des Trainee-Systems gearbeitet, als meine Freunde und ich aus unseren Fabriken und den dort vorherrschenden langen Arbeitszeiten ausbra-chen. Wir zogen gemeinsam nach Masok, einem großen Industriegebiet, in dem Möbel produziert werden. Gelegentlich mussten wir uns einige Stunden in den Bergen verstecken. Es kamen immer nur wenige Offiziere, um die Papiere der Arbeiter zu überprüfen, so dass wir rechtzeitig ver-schwinden und uns verstecken konnten. Nach unserer Rückkehr am Abend sahen wir dann, wer gefasst worden war. Wenn lediglich einige wenige unserer Kollegen gefangen wurden, waren wir anderen froh über unser Glück. Im Grunde verstanden wir nicht, wo unsere Schuld lag. Wir tun doch nur ganz friedlich unsere Arbeit. Und doch müssen wir auf diese Art leben. Wir können zu jeder Zeit des Landes verwiesen, entlassen, verletzt oder gezwungen werden, zwei oder drei Monate ohne Bezahlung zu arbeiten. Es ist auch möglich, dass unsere Gehälter von den Arbeitgebern, die uns wegen unseres illegalen Status ausnutzen, verspätet ausbezahlt werden. Und wenn ich von jemandem geschlagen werde, muss ich mich zusammenreißen, weil ich illegal hier bin. Etwas später lernten wir dann einige Mitarbeiter einer südkoreanischen Beratungsstelle kennen, die 1995-96 gegründet wurde. Einige Priester gründeten eine NGO, um zu verschiedenen Problemen wie unbezahlten Löhnen und Verstößen gegen das Arbeitsrecht zu arbeiten und zur Entwicklung von Kulturprogrammen für Arbeiter aus verschiedenen Ländern beizutragen. Diese Organisationen waren klein und beschäftigten zusammen mit Freiwilligen, die Teilzeit arbeiteten, lediglich einen oder zwei feste Angestellte. Meine Freunde aus Bangladesh und ich trafen uns manchmal dort und ich arbeitete in Teilzeit jeden Samstag und Sonntag dort, um zu übersetzen und andere Migranten zu beraten. Es existieren jedoch Auflagen bei der Organisation von NGOs und so nahmen wir manchmal an Protesten mit anderen südkoreanischen Arbeitern teil und besuchten Feste zum ersten Mai, Protestmärsche etc. Meine alten Freunde aus Kindheitstagen und ich wurden von der radikalen Atmosphäre dieser Protestmärsche angesteckt und trafen viele engagierte Aktivisten und neugierige Studenten, die sich für die Situation der Gastarbeiter interessierten. Im Jahr 1999 traten mein alter Freund Bidduth (Bidu) und ich sogar zusammen mit anderen Freunden in einer Live-Übertragung über die Probleme der Illegalität und das ITS in einem Bildungsprogramm im Fernsehen auf. Wir wurden jedoch ignoriert, die Diskussion wurde hauptsächlich mit dem Vorsitzenden des Gemeinsamen Komittees für Gastarbeiter in Korea (JCMK)[5] und mit den Geschäftsleuten der KFSB geführt. Das war somit auch das erste und einzige Mal, dass wir im Fernsehen auftraten. Auf der anderen Seite sorgte unser Auftritt jedoch für die Aufmerksamkeit der Medien, an unserer Situation änderte dies jedoch überhaupt nichts. Danach gab es eine Konferenz zur Diskussion der Einführung eines neuen Systems zur Regelung der Arbeitserlaubnis, das dem bereits existierenden ITS sehr ähnelt. Das JCMK, das Arbeitsministerium und das Justizministerium nahmen daran teil, diskutierten die Angelegenheit jedoch nur unter sich; Vertreter der Migranten wurden nicht eingeladen. Jamie: Und was passierte dann? Kabir: Nun ja, wir fragten uns: Wo sind die Vertreter der Gastarbeiter? Warum wurden sie nicht um ihre Meinung gebeten? Warum will uns niemand zuhören? Aus diesem Grund hat die Gesetz-gebung die Illegalität niemals vermindert und somit auch die Probleme, mit denen wir zu kämpfen haben. Also gründeten progressive Leute von der JCMK eine neue Organisation, die wirklich sehr aktiv war. Ungefähr im September 2000 organisierten wir uns mit sowohl südkoreanischen Arbei-tern als auch Gastarbeitern und nannten unsere Organisation »SN for MRF «[6] (Kampfnetzwerk für die Rechte für Migranten und Migrationsfreiheit). Zunächst waren da nur zwei Migranten, Jones, ein philippinischer Aktivist, und ich. Zusammen waren wir 13 Mitglieder. Danach wurde ich aus dem Zentrum für Migranten des JCMK in Masok, dem Shalom Haus, hinausgeworfen. Der Priester dort warnte mich mehrere Male, ich solle nicht zurückkommen, aber wir hatten weder ein Büro noch Geld und ich hatte noch nicht mit dem Aufbau eines Unterstützungsnetzwerks unter den Gastarbeitern begonnen. Und so initiierten wir ein Informations-Rundschreiben in vier Sprachen: Bangladeshi, Nepalesisch, Englisch und Koreanisch. Wir nahmen an jedem großen Protestmarsch von südkoreanischen Arbeiter teil, an dem wir konnten, und verteilten Flugblätter an sie. Nach viel harter Arbeit kam allmählich Unterstützung und ich wurde schließlich von der örtlichen Polizei bedroht. Meine Freunde rieten mir zur Vorsicht, da wir alle illegal im Land waren und vor richtigen Aktionen zu viel Angst hatten. Die Geburt der »Equality Trade Union« Jamie: Ging es von da an aufwärts? Kabir: Oh ja, es gab viele Studenten, die uns mit ihrer Solidarität unterstützten. Obwohl wir nur wenige waren, hielten wir Sit-Ins vor der Myoungdong Kathedrale ab. Die Kathedrale ist ein ge-schichtsträchtiger Ort, viele südkoreanische Aktivisten fanden dort Zuflucht während des Militär-regimes. Eine Gruppe von Eng-lischlehrern aus den USA und Kanada gesellte sich zu uns. Genau wie unsere Mitglieder führten wir immer mehr Aktionen durch. Ich begann, mir mehr Wissen über Aktivitäten von Arbeitern und radikale Politik anzueignen und meine Sprachkenntnisse in Korea-nisch, Englisch und Pakistani zu verbessern. Nach acht Monaten schlug eine Gewerkschaft für Ar-beiterinnen vor, dass wir uns zusammen organisieren und einen eigenen Zweig der Gewerkschaft gründen. Und so diskutierten wir immer mehr über Gewerkschaftsaktivitäten von Arbeitern und warum es wichtig ist, sie durchzuführen. Eigentlich gab es keine rechtlichen Probleme mit der Gründung einer eigenen Gewerkschaft; aber wir waren laut dem Einwanderungsgesetz illegal. Deshalb haben wir eine Gewerkschaft gegründet. Wir nannten sie die Equality Trade Union (ETU) und haben noch mehrere andere Zweige. Wir sind die erste Gewerkschaft für Gastarbeiter in Südkorea. Wir sind ein Teil der Konföderationsgewerk-schaft (KCTU)[7], Südkoreas größtem und radikalstem Gewerkschaftsverband mit ungefähr 750000 Mitgliedern. In der Anfangszeit des »SN for MRF« bekamen wir viel Unterstützung von der KCTU und anderen Gewerkschaften, besonders von der Gewerkschaft für Aushilfsarbeiter der südkoreanischen Telekom. Am 19. Mai 2001 führten wir unsere Gewerkschaft mit einer Feier an der Yonsai-Universität mit über hundert Teilnehmern und einigen tonangebenden Mitarbeitern der KCTU und anderen Bürger-Organisationen ein. Unsere Botschaft lautete, dass wir zusammen mit anderen südkoreanischen Arbeitern kämpfen müssen. Unsere Slogans waren: Stoppt die Ausbeutung. Für die Durchsetzung von Arbeitsrechten. Für die Rechte von Gastarbeitern. Schafft das Trainee-System ab. Während der letzten zwei Jahre haben wir praktisch für jede Angelegenheit gekämpft, die Gastarbeiter betraf, angefangen von öffentlichen Protesten aufgrund von Lohnzurückhaltung, über Unfälle am Arbeits-platz bis hin zu wilden Streiks. Zum ersten Mal verlangten wir am 7. April 2002 auch die Legalisie-rung von Gastarbeitern, indem sich mehr als tausend von uns auf einem Highway zusammenfanden und in die Innenstadt von Seoul hinein demonstrierten. Wir haben Migranten aus vielen verschiedenen Ländern zusammengebracht. Das war das erste Mal in Südkorea, dass Migranten in solch einer großen Anzahl zusammentrafen. Wir haben zudem gegen einzelne Fabriken gekämpft und in einigen Fällen in diesem und im letzten Jahr gegen die Arbeitgeber gewonnen. Obwohl wir illegale Migranten sind, haben wir in Auseinandersetzungen anderer Arbeiter eingegriffen. Dies ist also unsere Geschichte, das heißt die ETU-MB-Geschichte. Unser vorrangiges Ziel ist die Legalisierung aller Migranten und sowie die Durchsetzung von Aufenthalts- und Arbeitsrecht. Organisation im Alltag Jamie: Wie ist die ETU organisiert? Oder, anders gefragt, welches sind ihre verschiedenen Teile? Kannst Du mir ein paar Beispiele von Aktionen geben, die die ETU-MB organisiert hat bzw. an denen sie teilgenommen hat? Kabir: Die ETU-MB wurde von südkoreanischen Aktivisten zusammen mit ein paar Gastarbeitern wie mir organisiert, die zu einzelnen Gastarbeiter-Gemeinden Verbindungen hatten und die sich für das Thema interessierten. Wir Gastarbeiter haben verschiedene Pflichten: Wir sind für Information, Kultur-Festivals und unsere vielen Versammlungen vor der Einwanderungsbehörde in Seoul ver-antwortlich, wo wir angegriffen wurden und uns mehrere Male wehren mussten. Als wir die zweite große Massenversammlung von Illegalen und Gastarbeitern im Rahmen des Trainee-Systems im April 2001 vorbereiteten, versuchten die Einwanderungsbehörde, die Polizei und der Geheimdienst, unsere Versammlung zu unterbinden. Also hielten Bidu, Yi Yoon Joo (der Vorsitzende unserer Gewerkschaft) und ich 77 Tage in einem Sit-In aus und erhielten Gesellschaft von nepalesischen Migranten. Danach wurde in der internationalen Presse über uns berichtet. Von unseren Verwand-ten und sympathisierenden Organisationen in anderen Ländern wurden auch Solidaritäts-Proteste vor südkoreanischen Botschaften durchgeführt. Schließlich wurden Bidu und ich am 2. September 2002 um sechs Uhr morgens von über 100 Polizisten verhaftet. Bidu und ich wurden 81 Tage in einem Internierungslager festgehalten, aber wir kämpften im Gefängnis weiter. Es gab Proteste in ganz Südkorea. Wir begannen mit einem Hungerstreik, um zudem die Freilassung aller Langzeitgefangenen durchzusetzen. Schließlich wurden wir laufen gelassen. Bidu und ich bekamen die Auszeichnung »Kämpfer des Jahres« von der KCTU verliehen, während wir noch im Gefängnis waren. Es gab auch zwei kurze Dokumentarfilme von Studenten über unser Elend. Das staatliche Fernsehen und andere Zeitungen berichteten über uns. Unsere ganze Geschichte kann nachgelesen werden unter: www.base21.org. Jedenfalls haben wir zwar nicht alle unsere Ziele erreicht, aber immerhin können wir sagen, dass die Angelegenheiten von Gastarbeitern jetzt als bedeutendes soziales Thema angesehen werden und dass die ETU-MB an der Front der Kämpfe steht. Kulturübergreifende Organisation Jamie: Mit welchen Schwierigkeiten seid ihr konfrontiert, wenn eure Mitglieder viele verschiedene Sprachen sprechen und aus verschiedenen Ländern und Kulturen kommen? Kabir: Ich glaube, das ist ziemlich leicht, denn obwohl da viele Unterschiede zwischen uns sind, ist die Arbeit, die wir machen müssen, doch dieselbe und die Sprache des Kampfes ist überall auf der Welt sehr ähnlich. Manchmal gibt es Kommunikationsprobleme und wir werden von südkoreani-schen Aktivisten missverstanden. Dies ist ein Problem, da die Mitglieder der ETU-MB zu 80 Prozent aus Bangladesh kommen. Wir müssen also Koreanisch sprechen, aber andere Migranten ver-stehen dann Koreanisch wieder nicht gut. Die Südkoreaner sprechen auch nicht gut Englisch. Ich habe großes Glück, dass ich fünf Sprachen ziemlich gut spreche. Also ist Sprache eines unserer größten Probleme. Wir versuchen, alle kulturellen Diskriminierungen zwischen uns zu durchbre-chen und fügen uns nun sogar besser in die Kultur ein, da wir in der südkoreanischen Gesellschaft leben. Im Moment sprechen unsere Anführer wie südkoreanische Aktivisten und erfinden genauso gute Slogans. Jamie: Aber wie geht ihr mit Konflikten in der Gruppe um? Wie schafft ihr es, dass die Leute auch in schweren Zeiten zufrieden und zuversichtlich bleiben? Kabir: Ich glaube, jedes Mitglied hat etwas beizutragen, das einfach Teil seiner oder ihrer Einstel-lung oder des Verhaltens ist. Vom südkoreanischen Personal der ETU, besonders von Yi Yoon Joo, habe ich viel gelernt. Mein Freund Bidu ist ebenfalls einer der Anführer in den Bangladeshi-Gemeinden. Es hat ein paar Probleme mit Egoismus gegeben und Konflikte darüber, wer denn nun das Sagen hat, aber nicht mit den Migranten, lediglich mit einigen jüngeren südkoreanischen Akti-visten. Es gibt immer Leute, deren Meinung und Theorien radikaler sind, aber wir konnten diese Probleme immer erfolgreich lösen. Manchmal veranstalten wir große Picknicks, um uns zu erholen. Unser letztes Picknick am Sorak Mountain war sehr groß: ungefähr 300 Migranten sind gekommen, sogar diejenigen, die gar keine Mitglieder sind. Wir sind progressiv und kritisieren unsere eigenen Fehler. Darum, glaube ich, bleiben die Konflikte nicht lange bestehen. Eine weltweite Bewegung? Jamie: Die ETU scheint jedes Wochenende an südkoreanischen Arbeiterprotesten, Anti-Kriegs-Demonstra-ionen und anderen Solidaritätskundgebungen teilzunehmen, obwohl man oft in Schwie-rigkeiten kommt aufgrund der kämpferischen Stimmung dieser Versammlungen, auf denen Gewalt eher eine Selbstverständlichkeit als eine bewusste taktische Wahl darstellt. Warum ist Solidarität, besonders die Solidarität unter Arbeitern, so wichtig für die ETU? Kabir: Wir sind als Gastarbeiter hier und somit ohne die südkoreanischen Aktivisten machtlos. Zu-nächst einmal sind wir illegal und gehören verschiedenen Kulturen an. Somit kennen wir auch un-sere Gegner sehr gut und wissen, wie stark diese sein können, z.B. auf welche Art und Weise sie uns angreifen und unterdrücken. Vor allem anderen sind wir Arbeiter, auch wenn wir Migranten sind. Wenn Arbeiter in fremde Länder gehen, sind sie Migranten und müssen die örtlichen Bewe-gungen kennen lernen, da die Arbeitgeber und Kapitalisten unsere Arbeit ausbeuten – indem wir anders gemacht werden und diskriminiert werden – um daraus Profit zu schlagen. Wenn die Kapi-talisten das Kapital globalisieren, warum sollten dann die Arbeiter sich nicht mit anderen Arbeitern aus aller Welt verbünden? Jamie: Wo verrichtest Du Deine wichtigste Arbeit: in der Fabrik, bei den Menschen zuhause, im Büro der ETU-MB oder bei Protesten und Kundgebungen? Kabir: Sehr gute Frage. Ich glaube, ich weiß es nicht. Meine allergrößte Befriedigung wäre eine kleine Revolution, wenn 100000 Migranten an unserer Versammlung teilnehmen würden und wenn die ganze Welt über unseren Kampf informiert würde und uns unterstützte. Sie halten mich viel-leicht für komplett verrückt oder einfach für einen Tagträumer. Aber ich weiß, dass ich tief in mei-nem Herzen einen Tornado in mir trage und dass das Feuer in mir immer dafür sorgen wird, dass ich den Versuch, alle Formen der Unterdrückung durch den Kapitalismus und die Regierung zu bekämpfen, nicht aufgeben werde. Unabhängig davon, was ich bislang erreicht habe, ich bin auf jeden Fall fest entschlossen weiterzumachen. Wenn andere sich fürchten, sich offen zu bekennen, müssen wir doch sogar mit sehr kleinen Aktionen erfolgreich sein. Zu unseren befriedigendsten Ergebnissen gehören die Rede vor 30000 Menschen am Maifeiertag, der Kampf gegen die Beamten der Einwanderungsbehörde, der Sit-in-Kampf, der 21 Tage andauernde Hungerstreik und schließlich die Entlassung aus dem Internierungslager. Vor allem bin ich sehr froh, als Kämpfer an vorderster Front ein Teil der Gastarbeiterbewegung zu sein.
Übersetzung: Gerlinde Göppel Erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 4/04 Anmerkungen 1) »Equality Trade Union«
bedeutet im Deutschen etwa »Gewerkschaft für Gleichheit« |