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Updated: 18.12.2012 15:51
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Kampf gegen Repression - Kampf gegen Kriegsdrohungen

Einen Zweifrontenkampf führt die klandestine Busfahrergewerkschaft Vahed in Teheran: Gegen das reaktionäre Regime im Iran und gegen die internationalen Kriegsdrohungen. "Unsere Gewerkschaft betrachtet diejenigen, die den Krieg propagieren und vorbereiten, nicht als ihre Freunde und Unterstützer. Wir lehnen kriegerische Handlung gegen unser Land entschieden ab und rufen die Arbeiter auf, aufmerksam zu sein, um den Ausbruch eines Krieges zu verhindern. Niemals werden die Interessen der Arbeiter durch Krieg und Blutvergießen geschützt" - so sagt es Ebrahim Madadi (Vahed-Vorstandsmitglied) im Interview "Wir lehnen kriegerische Handlungen gegen Iran ab" von Nick Brauns - hier eine Langfassung der Publikation in der "Jungen Welt" vom 21. Juni 2006

„Wir lehnen kriegerische Handlungen gegen unser Land entschieden ab“

(Interview mit Ebrahim Madadi vom Vorstand der illegalen Teheraner Busfahrergewerkschaft Vahed)

In der vom Staat nicht anerkannten Gewerkschaft der Verkehrsbetriebe Scherkat-e-Vahed sind rund 8000 der 16.000 Angestellten des öffentlichen Nahverkehrs im Großraum Teheran organisiert. Im Dezember und Januar organisierte die Busfahrergewerkschaft große Streiks im Teheraner Nahverkehr. Worum ging es und wie ist die Situation der Gewerkschaft heute?

Seit Beginn unserer Gewerkschaftsaktivität im Jahre 2004 stehen wir unter Beobachtung der Sicherheitsorgane. Mehrfach griffen im Beisein der Polizei Provokateure des islamischen Betriebsrates und des staatlichen Arbeiterhauses das Büro der Gewerkschaft an.

Da der Vorstand der Verkehrsbetriebe Scherkat-e-Vahed Forderungen der Arbeiter wie Lohnerhöhung keine Beachtung schenkte, veröffentlichten wir eine Informationsbroschüre über das Streikrecht und Streikbewegungen in anderen Ländern. Am 22. Dezember daraufhin wurden mehrere Mitglieder des Gewerkschaftsvorstandes, darunter der Vorsitzende Mansour Ossanloo, Ebrahim Madadi, Abdolreza Teraki, Monsou Hayat-Gheybi, Gholamreza Mirzai, Abbas Najand-Kodaki, Ali Zade-Hossein und Ata Babkhani in ihren Wohnungen verhaftet. Nach einem Verhört durch Beamte des Innenministeriums wurden sie ins Evin-Gefängnis gebracht.

Für die Freilassung der Verhafteten und für die Durchsetzung betrieblicher Forderungen rief die Gewerkschaft am 24. Dezember 05 zum Streik auf. Drei Tage nach der Bekanntgabe des Streikaufrufs wurden außer Mansour Ossanloo alle Verhafteten freigelassen. Doch um vier Uhr früh wurden am Streiktag 25 Vorstands- und Gewerkschaftsmitglieder mit den Namen Said Torabian, Davoud Razawi, Nasser Gholami, Jaghoob Salimi, Mostafa Amiri, Djawad Kafayati, Sadegh Khandan, Ali Ghorbanian und weitere 16 Personen verhaftet. Trotzdem konnte der Streik im Gebiet der Stadtregion sechs von Großraum Teheran stattfinden. Der Stadtverkehr kam völlig zum Erliegen und der Streik dauerte bis in die Abendstunden.

An diesem Tag wurde die Führung des Vorstandes der Teheraner Verkehrsbetriebe dem Bürgermeister Mohammad Bagher Ghalibaf übertragen, der die Erfüllung der Forderungen versprach. Er erschien um Mitternacht des Streiktages im Kreis der Streikenden und versprach, die Verhafteten freizulassen und sich um die Erfüllung der Forderungen zu kümmern. Die anwesenden Streikenden nahmen seine Versprechungen nicht ernst. Er beharrte darauf, es ehrlich zumeinen und Wort halten zu wollen. Man muß bedenken, daß an diesem Tag das Wetter in Teheran sehr kalt und regnerisch war. Weiter mußten wir berücksichtigen, daß die Passagiere der Teheraner Verkehrsbetriebe Menschen niedrigen Einkommens und Angehörige der Arbeiterfamilien sind. Diese Gründe führten dazu, daß der Streik vorläufig beendet wurde.

Tatsächlich kamen alle Verhafteten außer Ossanloo frei. Da nach Ablauf von 35 Tagen Ossanloo nach wie vor im Gefängnis war und der vom Bürgermeister eingesetzte neue Vorsitzende der Verkehrsbetriebe durch seine antigewerkschaftlichen Äußerungen auffiel, rief die Gewerkschaft für den 28.Januar erneut zum Streik auf. Die Hauptforderungen des Streiks lauteten: Freilassung von Mansour Ossanloo und die Erfüllung der gegebenen Zusagen! Diesmal wurden Hunderte Angehörige der Verkehrsbetriebe verhaftet und bis zu zwei Wochen im Gefängnis festgehalten. Momentan sind 180 Arbeiter, denen die Teilnahme am Busfahrerstreik vorgeworfen wird, arbeitslos. Sie erhalten keinerlei Lohn oder Unterstützung. Anfragen, die wir an das Arbeitsministerium geschickt haben, werden nicht bearbeitet. Das Büro der Gewerkschaft wurde auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft geschlossen. Die Unterlagen und Papiere von 16 verhafteten Angehörigen der Verkehrsbetriebe, ebenso von zwei weiteren Personen und von Ossanloo wurden an das 14. Revolutionsgericht weitergeleitet. Außer Ossanloo wurden alle, nachdem sie Bürgschaften hinterlassen hatten, aus dem Gefängnis entlassen. Doch wir stehen unter strengster Überwachung. Sobald wir in der Nähe unseres Arbeitsplatzes auftauchen, sind Polizeikräfte vor Ort um uns zu kontrollieren.

Mansour Ossanloo befindet sich immer noch in Haft. Wie ist seine Situation?

Die Rechtsanwälte von Mansour Ossanloo durften ihn seit seiner Verhaftung nicht besuchen. Er leidet unter Augen-, Haut-, Herz- und Nierenbeschwerden. Bemühungen seiner Familie, ihn außerhalb des Gefängnisses medizinisch behandeln zu lassen, blieben erfolglos. Die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen lauten auf Propaganda gegen die herrschende Ordnung und Gründung einer Vereinigung gegen die Sicherheit des Staates.

Gibt es internationale Solidarität mit dem Kampf der Teheraner Busfahrer?

Unsere Gewerkschaft betrachtet die Arbeitersolidarität als Fundament aller Aktivitäten für die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen in allen Ländern. Seitens des Internationalen Gewerkschaftsbundes wurde der 15. Februar zum Solidaritätstag mit unserer Gewerkschaft erklärt. Solidaritätsschreiben von den Gewerkschaften vieler Länder, auch aus Deutschland, sind an den iranischen Staatspräsidenten gesandt worden. Aufgrund der Unterstützung durch die Internationale Transport-Arbeiter Förderation haben wir im Mai beschlossen, Mitglied dieser Organisation zu werden. Wir hoffen, daß so unsere Gewerkschaftsarbeit erleichtert wird und wir in der Lage sein werden, einen besseren internationalen Austausch von Meinungen und Erfahrungen zu erreichen. Wir sind bereit, mit ähnlichen Arbeiterorganisationen in Deutschland Kontakt aufzunehmen.

Auch prokapitalistische Kräfte haben sich öffentlich mit dem Kampf der Teheraner Busfahrer solidarisiert, darunter sogar rechte US-Senatoren. Es besteht die Annahme, daß ihre Solidarität nur vorgeschoben ist, um die internationale Kriegshetze gegen Iran zu unterstützten. Wie kann sich die Busfahrergewerkschaft vor solchen falschen Freunden schützen?

Unsere Gewerkschaft betrachtet diejenigen, die den Krieg propagieren und vorbereiten, nicht als ihre Freunde und Unterstützer. Wir lehnen kriegerische Handlung gegen unser Land entschieden ab und rufen die Arbeiter auf, aufmerksam zu sein, um den Ausbruch eines Krieges zu verhindern. Niemals werden die Interessen der Arbeiter durch Krieg und Blutvergießen geschützt. Eine Folge des Iran-Irak-Kriegs war die Unterdrückung der Gewerkschaften in Iran.

Wie ist die soziale Situation der Werktätigen im Iran?

Die iranischen Arbeiter haben in den letzten 27 Jahren etwa 45 % ihrer Kaufkraft eingebüßt. Zur Zeit beträgt der Mindestlohn der Arbeiter etwa die Hälfte des Existenzminimums. Randgebiete der Großstädte, denen die einfachsten hygienischen Mittel und Möglichkeiten für ein halbwegs normales und gesundes Leben fehlen, werden bezeichnenderweise Arbeiterviertel genannt. Millionen von iranischen Arbeiter leben und arbeiten ohne ein Minimum an rechtlichem und gesetzlichem Schutz. Arbeiterorganisationen wird eine Genehmigung für freie Betätigung verweigert. Dagegen nimmt Ali Akbar Ayvazi, gegen den noch ein Verfahren wegen eines physischen Angriffs auf unsere Gewerkschaftsversammlung im vergangenen Jahr läuft, augenblicklich als iranischer „Arbeitervertreter“ an der Sitzung der ILO in Genf teil.

Die iranische Regierung gilt bei einigen westlichen Linken als antiimperialistisch wegen ihres Widerstandes gegen das imperialistische Diktat im Atomstreit. Leistet das Mullah-Regime wirklich Widerstand gegen neoliberale Globalisierung?

Eine wirklich antiimperialistische Regierungen würde die Grundrechte ihrer Bürger respektieren. Diese Grundrechte basieren auf Gerechtigkeit, Freiheit und Friedfertigkeit. Jede Politik der Unterdrückung, des Abenteurertums und der Zerstörung der Grundrechte unter antiimperialistischen Deckmantel ist zu verurteilen.

Wirklich antiimperialistisch zu sein bedeutet, Grundsätze zu befolgen, die sich im realen Leben den Menschen bewähren. Der Schein-Anti-Imperialismus zeigt sich darin, daß er offen und versteckt von den imperialistischen Kreisen gedeckt wird und von ihnen Hilfen erhält.

Der Kampf gegen die neoliberale Politik muß sich von einer wissenschaftlichen, menschlichen und logischen Methode leiten lassen. Dies bedeutet die Respektierung der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Rechte der Allgemeinheit, aber ganz besonders der Arbeiterinnen und Arbeiter, der Werktätigen und anderer Lohnabhängigen, sowie der Frauen, der Studierenden und hilfsbedürftigen Kinder. Wir hoffen auf gemeinsame und gesteigerte Anstrengungen zur Verankerung von Gerechtigkeit, Freiheit und Frieden überall auf der Welt.

Interview: Nick Brauns


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