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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Büro des Arbeitsministeriums in Teheran besetzt Am Samstag und Sonntag [5./6.8.06] wurde im Ostbezirk der iranischen Hauptstadt Teheran ein Büro des Arbeitsministeriums besetzt, um den Forderungen der aufgrund ihres Streiks im Frühjahr entlassenen Busfahrer Nachdruck zu verleihen. (Der Samstag und der Sonntag sind im Iran keine Wochenend-, sondern normale Arbeitstage. Das dortige Wochenende fällt auf den Freitag, den muslimischen Gebetstag an dem freilich die meisten Iraner/innen ihren Wochenendvergnügungen nachgehen wie andere Menschen auch.) Die Besetzungsaktion endete am Sonntag Nachmittag, und vorläufig sieht es nach einem Erfolg der Teilnehmer/innen an dem « Sitzstreik » aus. Die weitere Entwicklung bleibt jedoch abzuwarten. Im Zusammenhang mit der Gründung der unabhängigen Gewerkschaft der iranischen Busfahrer Vahed (vgl. dazu : http://www.labournet.de/internationales/iran/vahed.html ) waren im Frühjahr 1.300 Personen festgenommen wurden. Die meisten von ihnen wurden kurzfristig festgehalten und kamen nach einigen Tagen aus dem Gefängnis wieder frei. Inzwischen sind auch die Vorstandsmitglieder aus der Haft entlassen worden, mit Ausnahme des Vorsitzenden Mansour Ossanlou. Für seine Freilassung fordern die iranischen Behörden derzeit die Zahlung einer Kaution in Höhe von umgerechnet 200.000 Euro, die seine Unterstützer niemals aufbringen können. Gegen 200 Personen aber wurden längerfristige Schikanen durchgeführt, sie verloren ihren Arbeitsplatz und drohten auch ihre Krankenversicherung einzubüben. Im Iran haben entlassene Lohnabhängige keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. 66 Personen wurden nach einigen Wochen wieder eingestellt, mussten dabei aber eine schriftliche Garantieerklärung abgeben, dass sie sich zukünftig von ihrer Gewerkschaft fernhalten würden. Viele Betroffene sind durch den drohenden Verlust ihrer Lebensgrundlagen mürbe gemacht worden. An diesem Samstag, 05. August gegen 9 Uhr morgens besetzten nun 55 bis 60 AktivistInnen das Außenbüro des iranischen Arbeitsministerium in Ostteheran. Es handelt sich um das Edare Kar, wörtlich « Arbeitsamt », das jedoch nicht für (nicht existierende) Arbeitslosengeldzahlungen zuständig ist, sondern für die Ausgabe von Sozialversicherungskarten, die zur Arbeitsaufnahme erforderlich sind, sowie für die Durchführung von Schlichtungsverfahren bei Konflikten in den Arbeitsbeziehungen. Die « Besetzer/innen » kündigten an, einen unbefristeten Sitzstreik durchzuführen so lange, bis « Klarheit über unsere Forderungen hergestellt worden ist », also über die Annahme oder Ablehnung dieser Forderungen. Unter ihnen befand sich Saïd Torabian, Vorstandsmitglieder der Busfahrergewerkschaft. Die Forderungen lauten, dass die entlassenen Busfahrer ihre Dokumente erhalten müssen, die zu einer Arbeitsaufnahme erforderlich sind und ohne die sie keiner regulären Erwerbsarbeit nachgehen können. Solange der Sitzstreik in den Räumen des « Arbeitsbüros » andauerte, ließen sich dort keine Angestellten blicken. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag, gegen 23.30 Uhr, statteten lediglich zwei Beamte vom Sicherheitsdienst des (staatlichen) Verkehrsunternehmens den « Besetzer/innen » einen Besuch ab und kündigten an, es habe Gespräche mit den Verantwortlichen gegeben, alles werde in Ordnung kommen. Man möge also bitte schön die Aktion abbrechen... Am Sonntag Nachmittag kam es dann zu Verhandlungen, die insgesamt drei Stunden dauerten. Von 14.30 bis 15.30 konnten die Teilnehmer an der Aktion direkt mit Vertretern der Regierung verhandeln. Dabei wurde ihnen eine Regelung des Konflikts innerhalb von 48 Stunden, und eine Erfüllung der Forderung nach Ausgabe von Arbeitsdokumenten an die entlassenen Busfahrer in Aussicht gestellt. Im Anschluss hoben die Beteiligten die Sitzblockade in den Räumen des «Arbeitsbüros» auf. Nunmehr bleibt nur zu hoffen, dass die iranische Regierung nicht wortbrüchig wird und erneut lieber zu Repressionsmitteln greift. Zusammenfassung von Informationen aus dem Iran durch Bernard Schmid für Labournet Germany Einige Bilder der Aktion gibt es auf der iranischen Homepage "Revolt" |