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Updated: 18.12.2012 15:51
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Protest von Gewerkschaften im Arbeitsministerium - Gegen Ernennung von Ausländerhatz-Antreiber zum Sozialminister

Ehemaliger Minister "für nationale Identität", Brice Hortefeux, wird Arbeits- und Sozialminister. "Monsieur Verräter" Eric Besson wird neu für Einwanderung zuständig

Am gestrigen Donnerstag fand die erwartete Kabinettsumbildung unter den Fittichen von Frankreichs "starkem Mann", Präsident Nicolas Sarkozy, statt. Nur wenige Minister wurden ausgewechselt ; Hintergrund ist vor allem, dass der bisherige Arbeits- und Sozialminister Xavier Bertrand sich zukünftig Parteiaufgaben bei der (regierenden, konservativ-wirtschaftsliberalen) UMP widmen wird.

An seiner statt zum Arbeits- und Sozialminister ernannt wird dafür Brice Hortefeux, der bislang als "Minister für Einwanderung und nationale Identität" zuständig war. (Dieses Amt wurde nach Nicolas Sarkozys Sieg bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2007 neu geschaffen, auf einen Vorschlag Sarkozys im Wahlkampf - den er der Öffentlichkeit erstmals am 8. März 07 unterbreitete - zurückgehend. Der genaue Titel lautet "Ministerium für Immigration, Integration, nationale Identität und Entwicklungszusammenarbeit".) Damit rückt ein "Lieblingsfeind" der Linken und progressiven Initiativen, der bis dato in den letzten anderthalb Jahren die Treibjagd auf "illegal" in Frankreich lebende Zuwanderer an führender Stelle organisierte, zum "Minister für Soziales" auf.

Aus diesem Anlass zogen die französischen Medien am Mittwoch u. Donnerstag eine Bilanz der anderthalb Amtsjahre Hortefeux'. Diese Bilanz fiel, aus humanistischer und progressiver Sicht, vernichtend aus. Nicht jedoch aus autoritär-rassistischer Sicht, denn Hortefeux zeigte sich selbst Mitte dieser Woche überrascht, dass er sein Plansoll bezüglich der Anzahl durchgeführter Abschiebungen übererfüllt habe. (25.000 pro Jahr wollte er durchführen, 30.000 für das abgelaufene Jahr seien es schlussendlich geworden. Dabei "mogelt" das Ministerium freilich, mit Blick auf Stimmungen in Teilen der Wahlbevölkerung. Denn unter den Abgeschobenen sind auch mehrere Tausend StaatsbürgerInnen aus Rumänien und Bulgarien. Letztere genießen, da ihre Länder seit dem 1. Januar 2007 Mitglieder der Europäischen Union geworden sind, zwar, noch keine Niederlassungsfreiheit - der Zugang zum nationalen Arbeitsmarkt, mit Ausnahme ausgewählter Berufe, ist ihnen während einer mehrjährigen "Übergangsperiode" versperrt -, wohl aber Freizügigkeit. Also Reisefreiheit und das Recht zum Aufenthalt bis zu drei Monaten Dauer. Kurz, im Falle einer Abschiebung oder "freiwilligen Ausreise" dürften rumänische und bulgarische StaatsbürgerInnen, die nicht in ihrer Ländern bleiben möchten - das betrifft vor allem Angehörige der Roma-Minderheit - alsbald wieder in Frankreich auftauchen. Und genau so passiert es auch.)

Auch in der liberalen Pariser Abendzeitung ,Le Monde' übte Patrick Weil (selbst ein Technokrat der politischen Mitte, der in einem Untersuchungsbericht zur Einwanderungspolitik vom Sommer 1997 einen Konsens zwischen Mitte-Links und Mitte-Rechts zur "ausgewählten Zuwanderung" predigte) unverhohlen Kritik an der Politik Hortefeux'. Auf einer Doppelseite in der Donnerstags-Ausgabe von ,Le Monde' liest man unter anderem: "Die Präfekten (Anm.: juristische Repräsentanten des Zentralstaats in den 100 französischen Départements) waren überrascht, Anfang 2008 einen führenden Vertreter des Ministerialbüros wagen zu hören: <Ich wäre nicht nachtragend, wenn Sie Anträge auf Familienzusammenführung nicht bearbeiten würden.> Im Außenministerium zeigte man sich schockiert darüber, den selben Verantwortlichen seinen Wunsch ausdrücken zu hören, dass man keine afrikanischen Stipendiums-Studierenden mehr aufnehmen solle - womit er eine quasi-offizielle Anordnung an die französischen Botschaften im Ausland bestätigte." (Vgl. ,Politique d'immigration: le dessous des chiffres', in ,Le Monde' vom 15. Januar 2009) "Legale" Einwanderung sollte unter Sarkozy und seinem "Freund seit 30 Jahren", Hortefeux, eine Angelegenheit für eine Elite darstellen. Und, ging es jedenfalls nach manchen Figuren in diesem Ministerium, möglichst für eine nicht-afrikanische Elite...

Ebenfalls zu neuen Aufgaben berufen wurde Eric Besson, alias "Monsieur Verräter" (Monsieur Le traître). Besson ist derjenige berühmte Politiker, der es fertiggebracht hatte, den Wahlkampf im Winter 2006/07 als Berater - wirtschaftspolitischer Sprecher - der (rechts)sozialdemokratischen Präsidentschaftsbewerberin Ségolène Royal zu beginnen, und als Berater des konservativen Kandidaten Nicolas Sarkozy zu beenden. Daraufhin wurde er zum Staatssekretär "für vorausschauende Wirtschaftspolitik" (pour la prospection économique), mit obskurer Aufgabendefinition, bestellt. Nunmehr wird er als Minister für "Zuwanderung und nationale Identität" eingewechselt, also zum Nachfolger des Sarkozy-Intimus Brice Hortefeux bestellt. Viele Medien sehen darin einen "macciavellistischen Schachzug", da es dabei auch darum gehe, die Kritik der Sozialdemokratie an der teilweise "rechtspopulistisch" geprägten Einwanderungspolitik auszuschalten. Bei der Sozialdemokratie allerdings betrachtet man Eric Besson, "Monsieur Verräter", längst nicht mehr als einen der Ihren.

Gewerkschaftliche Kritik

Die Ernennung von Brice Hortefeux zum neuen Arbeits- und Sozialminister, die eine Beförderung darstellen soll, stößt seitens der Gewerkschaften auf Kritik. Dies gilt auf nationaler Ebene, wo die Gewerkschaftsdachverbände und ihre Spitzen die Einsetzung des neuen Ministers eher mit Skepsis betrachtet haben. Vielleicht mit Ausnahme von CFDT-Generalsekretär François Chérèque, der zwar ausdrücklich an die bisherigen scharfen "Differenzen zur Einwanderungspolitik" erinnerte. (Welche tatsächlich auch durch die CFDT kritisiert worden ist, wenngleich sie im Gegensatz zu CGT und SUD-Gewerkschaften keine oder kaum eine aktive Rolle beim Streik der "illegalisierten" Einwanderer - Sans papiers - seit April 2008 innehatte.) Der aber am Mittwoch in ,Le Monde' hinzufügte, die "Unpopularität" dieses Ministers trage vielleicht gerade "dazu bei, dass er sich künftig beliebt machen möchte". Sprich, dass eventuell mit Geschenken von seiner Seite zu rechnen sei...? Welch trügerische Hoffnung...

Unterdessen übten die Gewerkschaften im Arbeits- und Sozialministerium selbst harsche Kritik an ihrem künftigen obersten Vorgesetzten. Am Donnerstag veröffentlichen die CGT, SUD und die der FSU (Gewerkschaft im Schul-, Bildungs- und Fortbildungssektor) angeschlossene Gewerkschaft der Ministerialbediensteten ein gemeinsames Pressekommuniqué. Darin wird vor einer unzulässigen "Vermengung der Rollen" gewarnt, dergestalt, dass man sich weigere, zukünftig im Rahmen der Aufgaben des Arbeits- und Sozialministeriums Jagd auf abhängig beschäftigte "illegale Ausländer" zu machen. Bereits in jüngerer Vergangenheit hatte es mehrfach Erklärungen und auch Streikbewegungen von Seiten der Gewerkschaften des Ministeriums - und der ihm unterstehenden Arbeitsinspektoren - gegeben, die sich weigerten, eine Rolle als Hilfspolizisten bei der Überprüfung von Aufenthaltstiteln lohnabhängiger Ausländer/innen zu übernehmen. Ihr Schutz müsse vielmehr allen Lohnabhängigen, unabhängig von ihrer Nationalität und ihrem Aufenthaltsstatus'; gelten. (Vgl. http://www.labournet.de/internationales/fr/inspektoren07b.html ) Nunmehr wird dadurch, dass der bisherige oberste Dienstherr der "Illegalen-Jäger" jetzt zum Chef des Arbeits- und Sozialministeriums aufrückt, eine neue Offensive in dieser Richtung befürchtet. (Vgl. auch Erklärung unten)

Artikel von Bernard Schmid vom 16.1.09


-CGT SNUTEF-FSU SUD Travail Affaires Sociales
Du Ministère du Travail  

Communiqué de presse

Hortefeux, ministre du Travail ? Non à la confusion des genres !

La rumeur et les pronostics vont bon train. Avec le départ du gouvernement de Xavier Bertrand, celui qui serait le mieux placé pour lui succéder serait Brice Hortefeux, actuel ministre de l'Immigration et de l'Identité nationale. Si cela devait se réaliser, ce serait pour nos organisations syndicales une véritable provocation.

Dès son arrivée au ministère de l'Immigration et de l'Identité nationale, Brice Hortefeux a tenté de faire adopter un décret permettant d'affecter des inspecteurs et des contrôleurs du travail à son ministère. Sous couvert de renforcement de la lutte contre le travail illégal, c'est en réalité bien la chasse aux sans-papiers exploités illégalement qui était l'objectif premier. La mobilisation des syndicats de l'Inspection du travail avait réussi, à l'automne 2007, à faire échouer cette mise sous tutelle.

En novembre 2007, Brice Hortefeux se réjouissait de l'augmentation du nombre de contrôles conjoints de la police, de la gendarmerie, de l'URSSAF et de l'Inspection du travail. En 2007, les interpellations de travailleurs sans titre de séjour auraient ainsi progressé de 60% dans le cadre d'opérations "coup de poing ". Pour Hortefeux, la lutte contre les travailleurs sans-papiers participe donc bien de la politique de reconduites massives à la frontière pour satisfaire à l'objectif de 27000 expulsions annuelles.

Pour nos syndicats, le rôle de l'Inspection du travail est de faire respecter le droit des salariés, qu'ils soient français ou étrangers, avec ou sans-papiers . Au-delà de l'action de contrôle de l'inspection du travail,la meilleure et la seule manière pour un gouvernement, de faire respecter les droits des salariés étrangers sans titre de travail ou sans titre de séjour contre l'arbitraire patronal est la régularisation, comme l'ont montré les récentes mobilisations de travailleurs sans-papiers.

Certes, Xavier Bertrand n'a pas tergiversé dans son soutien à la lutte contre le travail illégal façon Sarkozy et consorts. Nous ne regretterons pas ce ministre qui a parfaitement su incarner la poursuite de la politique de casse du Code du Travail, la destruction du service public de l'emploi, la mise au pas de l'inspection du travail et plus généralement le démantèlement des protections sociales.

Il n'est pas non plus dans nos habitudes de commenter les bruits qui courent sur les nominations d'untel ou d'une telle à des postes ministériels ou de prétendre influencer sur le choix des ministres. Avant les personnes, ce sont les lignes politiques et les décisions gouvernementales que nous combattons, et bien souvent la personnalité des ministres ne change pas vraiment la donne.

Mais avec Hortefeux, c'est un symbole particulier qui cherche à s'inviter dans notre ministère. Avec la nomination, si elle se confirmait, de celui qui a l'obsession du nombre d'expulsions, il y a quelque inquiétude à avoir, particulièrement quant aux droits des salariés étrangers et à l'orientation donnée à la lutte contre le travail illégal. Nous craignons, dès lors, l'assimilation, dans l'esprit des salariés, de nos services à la politique menée jusqu'ici par ce ministre.

Le ministère du Travail ne doit pas être un « passage obligé » pour des politiciens en quête de « compétences sociales » dans leur plan de carrière...

Potentiellement dangereuse et très certainement déplorable dans ses objectifs, la nomination de Brice Hortefeux comme ministre du Travail et des Affaires sociales serait, au choix, un mauvais gag ou un sale coup.

Paris le 13 janvier 2009


ZUSATZ ('Schmankerl'):

Als neuem Arbeits- und Sozialminister untersteht Hortefeux nunmehr auch das Staatssekretariat für die Banlieues unter Leitung von Fadela Amara. Dieses Staatssekretariat wurde dem Ministerium, dessen Kompetenzen anlässlich des Amtswechsel von Xavier Bertrand zu Brice Hortefeux beträchtlich erweitert worden sind, zusätzlich angegliedert.

Am Donnerstag Nachmittag, bei der Vorstellung seiner künftigen StaatssekretärInnen, stellte Hortefeux die französische Staatsbürgerschaft seiner Untergebenen öffentlich in Frage. Auf seiner Pressekonferenz führte Hortefeux, als er Fadela Amara vorstellte, vor den versammelten JournalistInnen aus, diese sei "seine Landsmännin" (ma compatriote). Und er fügte hinzu: "Da sich dies nicht von selbst versteht, präzisiere ich es." Fadela Amara zeigte ein verkrampftes Lächeln dazu. Fadela Amara ist die in Clermont-Ferrand (Regionalmetropole der Auvergne) geborene Tochter algerischer Einwanderer.

Später am Tag erklärte sie, Hortefeux habe "dies nicht zum ersten Mal erklärt, auch in privatem Rahmen". Dennoch versuchte sie, zu entdramatisieren, und sagte, mit dem Ausdruck "Landsmännin" habe Hortefeux lediglich sagen wollen, dass sie beide aus der Auvergne kämen. Bei der Auvergne handelt es sich um Hortefeux' politisches Stammland und seine regionale Hochburg.

(Vgl. http://www.lemonde.fr/web/depeches/0,14-0,39-38161452@7-37,0.html externer Link)


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