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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Rund 2.500 Leute auf Protestversammlung Aktueller Nachtrag zu : "Paris : Strafverfahren gegen Direktorin eines Kindergartens." An der kurzfristig anberaumten Protestdemonstration gegen die Verhaftung der Kindergartendirektorin Valérie Boukobza nahmen am Montagabend vor dem Pariser Rektorat 2.000 bis 2.500 Menschen teil. Valérie Boukobza war aufgrund ihrer angeblichen Beihilfe zum kollektiv verübten Widerstand gegen eine Polizeiaktion, bei der ein Sans Papiers ("illegaler" Einwanderer) und Großvater zweiter in ihrem Kindergarten eingeschulter Kleinkinder verhaftet worden war, am Freitag sieben Stunden lang unter Anklage verhört worden. Der aktive und passive Widerstand gegen den Abtransport des chinesischstämmigen Einwanderers war von den Eltern des Kindergartens ausgegangen. Der ,Sans papiers' konnte am vorigen Dienstag Abend durch die Polizei nach längeren Auseinandersetzungen und Zusammenstößen mit den Eltern des Kindergartens im Einsatzwagen abtransportiert werden. Am Mittwoch Vormittag vergangener Woche kam er jedoch wieder frei. Zahlreiche Eltern des Kindergartens haben am Montag Vormittag Anzeige bei der Inspection Générale des Services (IGS, "Allgemeine Dienstinspektion") erstattet. Die IGS ist eine für die Kontrolle möglicher rechtswidriger Praktiken der Polizei und für die Untersuchung von Vorwürfen bezüglich Polizeigewalt zuständige Behörde. Am Montag standen Eltern und Erzieher/innen des Kindergartens vor dem Gebäude der IGS im 12. Pariser Bezirk Schlange. Unterdessen hat die rechtslastige Polizeigewerkschaft Alliance ihrerseits angekündigt, Strafanzeige gegen die Eltern wegen "Diffamierung" ihrer Beamtenkollegen zu erstatten. Die Polizistengewerkschaft forderte das Innenministerium dazu auf, strafrechtlich gegen "falsche Vorwürfe" vorzugehen. Ein solches Vorgehen ist in Fällen, in denen der Polizei Gewalttätigkeit und/oder illegale Verhaftungsaktionen nach Aussehen und Herkunft öffentlich vorgeworfen werden, durchaus üblich. Am Montag Abend sammelten sich Eltern, Angehörige fast aller Lehrergewerkschaften, Antirassisten und "Sans papiers" vor dem Pariser Rektorat in der Nähe der Sorbonne. Hinzu kamen Vertreter von KP und Sozialdemokraten mitsamt ihren (durch blau-weiß-rote Schärpen kenntlichen) Stadtverordneten; "noch selten hat man so viele Sozialisten bei einer Demonstration für die Sans papiers gesehen", konstatiert die parteilose und auf einer KP-Liste gewählte Stadtverordnete Clémentine Autain in Anwesenheit des Autors dieser Zeilen ironisch. Der Pariser Stadtrat hatte sogar um 18 Uhr seine Sitzung unterbrochen, "um den Mitgliedern der (rosa-rot-grünen) Mehrheit die Teilnahme an der Kundgebung zu ermöglichen", wie durchgesagt wurde. Der Versuch eines eher sozialdemokratischen Kundgebungsredners, die Marseillaise anstimmen zu lassen, scheiterte jedoch kläglich: Einige Teilnehmer/innen in den ersten Reihen pfiffen, andere sangen lieber die ,Internationale'. Eine Delegation wurde nach längerem Hin und Her (und bürokratischem Gerangel um die Frage, ob sie nun 10 oder 12 Personen umfassen dürfe) vom Rektorat empfangen. Die Delegierten forderten die Schulbehörde dazu auf, sich hinter ihre Untergebene Valérie Boukobza zu stellen, aber die Gespräche verliefen letztendlich ergebnislos. Abgesehen vom Austausch von Höflichkeitsfloskeln kam nichts dabei heraus. Ein einminütiges Video von der Protestversammlung findet sich (vgl.: http://abonnes.lemonde.fr/web/video/0,47-0@2-823448,54-888233@51-863813,0.html - nur für AbonnentInnen!) auf der Homepage der Pariser Abendzeitung ,Le Monde', die in ihrem redaktionellen Teil die Teilnehmerzahl mit "rund 1.000" jedoch zu niedrig ansetzt. Realistischer erscheint, nach eigener Beobachtung, die Angabe in ,Libération' vom Dienstag, die von "rund 2.500 Menschen" spricht. Rund einen Kilometer weiter nördlich begann um dieselbe Zeit eine weitere Demonstration gegen den rechtsbürgerlichen Ex-Innenminister und konservativen Präsidentschaftskandidaten, den autoritären Populisten Nicolas Sarkozy. Sie war seit längerem für "den Tag, aus dem Sarkozy endlich aus dem Ministerium ausscheidet" (was am Montag Vormittag eintrat) angemeldet und durch die AIDS-Hilfeorganisation ,Act Up!' organisiert worden. An ihr nahmen knapp 500 Menschen teil. Bernard Schmid, Paris, 27.03.2007 |