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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Der Streik der Zuckerrohrarbeiter in Kolumbien Am 15. September 2008 haben 8.500 Zuckerrohrarbeiter in der Region Cauca/Valle del Cauca die Arbeit niedergelegt und acht der 13 Zuckerrohrplantagen in der Region besetzt. Die Arbeiter, die in sklavenähnlichen Zuständen leben, fordern direkte Arbeitsverträge und einen Lohn, der zum Überleben reicht. Die Arbeit der Zuckerrohrarbeiter besteht darin, 12 oder mehr Stunden täglich Zuckerrohr zu schneiden. Ihre Frauen stehen um 3 Uhr auf und kochen den Arbeitern Essen, das sie mitnehmen, wenn sie um 4Uhr aufbrechen, um um 6 Uhr in den Plantagen zu sein. Wenn sie zurück kommen waren sie 16 Stunden unterwegs und es bliebt keine Zeit für die Familie, zumal sie in der Regel auch sonn- und feiertags arbeiten und nur alle zwei Wochen einen Tag frei nehmen. Trotz dieser enormen Anstrengung können sie ihre Familien nicht ausreichend mit Essen versorgen, ganz abgesehen von den Kosten für das Schulgeld, die Hefte, Stifte und Schuhe, die die Kinder brauchen, um in die Schule gehen zu können. Die wenigen Frauen, die arbeiten gehen, verdienen als Haushaltshilfen 200.000 Pesos. Davon müssen sie einen guten Teil wieder für die Anreise ausgegeben, sodass ihnen etwa 100.000 Pesos bleiben (32 Euro). Wenn sie krank sind bekommen sie auch keinen Lohn und sobald sie längere Zeit nicht arbeiten gehen können, verlieren sie ihre Anstellung. Die Familien der Corteros wohnen in "barrios", Slums ohne sanitäre Anlagen, mit schlechter Gesundheitsversorgung, ohne Perspektiven und ohne soziale Partizipation. Zu den typischen Problemen gehört z.B., dass viele Mädchen sehr früh, mit 10, 11 Jahren schwanger werden. Die Gesundheitsversorgung besteht oft nur darin, Schmerzmittel zu verabreicht zu bekommen und obwohl die Arbeiter jeden Monat Beiträge für die Krankenversicherung zahlen, müssen sie für jeden Arztbesuch und für die Medikamente extra bezahlen. Die Arbeitskooperativen Der Bruttoverdienst der "Corteros" beläuft sich im Durchnitt auf weniger als den gesetzlichen Mindestlohn, der in Kolumbien 460.500 Pesos (ca. 150 Euro) beträgt. Man bezahlt ihnen pro Tonne geschnittenes Zuckerrohr einen bestimmten Betrag. Da sie jedoch keine direkten Arbeitsverträge haben, sondern in sogenannten Arbeitskooperativen (Cooperativas de Trabajo Asociado, CTA) organisiert sind, verlieren sie von diesem geringen Einkommen noch etwa die Hälfte: Die Kooperative zieht ihnen von ihrem Einkommen die Sozialverischerungsbeiträge und Nebenkosten etwa für den Transport zum Arbeitsplatz ab. Es bleiben als reales Einkommen für die Arbeiter im Durchschnitt lediglich 220.000 Pesos (72 Euro) im Monat,- weniger als die Hälfte des gesetzlichen Mindestlohnes. - Überflüssig zu sagen, dass sie davon auch ihre Arbeitskleidung und die Machete kaufen müssen. Zudem werden sie beim Wiegen des Zuckerrohs systematisch betrogen. In den Zuckerrohranlagen werden täglich 8.100 Tonnen Zucker produziert, sowie 950.000 Liter Ethanol, das dem Benzin beigemischt wird. Von den Bruttoeinnahmen gehen 92,24% an die Unternehmen, den Staat und die Banken und 7,76% an die Arbeiter und Angestellten. Die gesamte Zuckerindustrie ist im wesenlichen im Besitz von drei Familien, von denen eine die von Ardila Lulle ist, der in Kolumbien über ein Medienimperium verfügt und grossen politischen Einfluss hat. Die Ethanolproduktion wird staatlich subventioniert und den Unternehmen wird die Abnahme des Ethanols garantiert. Streik und Vorgeschichte Dem Streik vorausgegangen war eine breite Mobilisierung und viele Versammlungen, an denen sich tausende Menschen beteiligt hatten. Die Arbeiterkomitees erarbeiteten schließlich zusammen mit den Gewerkschaften Sinaltrainal und Sinalcorteros und der "Bewegung 14. Juni" um den Abgeordneten Alexander Lopez Maya (Polo Democratico Alternativo) einen Forderungskatalog, dessen wichtigster Punkt die Forderung nach direkten Arbeitsverträgen mit den Betreibern der Anlagen ist. Am 14. Juli 2008 wurde der Forderungskatalog dem Verband der Zuckerindustrie ASOCAÑA übergeben. ASOCAÑA, weigert sich jedoch bin heute, Verhandlungen aufzunehmen. Der tieferliegende Grund dafür könnte sein, dass der kolumbianische Staat befürchtet, ein Erfolg der Zuckerrohrarbeiter könnte dazu führen, dass im ganzen Land eine Welle von Streiks gegen die juristische Figur der Arbeitskooperativen losgehen könnte. Die Arbeitskooperativen sind ein wichtiger Baustein der Liberalisierung des Arbeitsmarktes, die seit der Gesetzgebung von 1990 zu einer immer weiter fortschreitenden Präkarisierung der Arbeitsbeziehungen führt. Seit Beginn des Streiks haben die Arbeiter kein Geld erhalten. Sie sind vollkommen auf die Unterstützung durch die Bevölkerung angewiesen, die sich zwar solidarisch zeigt, aber selber arm ist. (In Kolumbien, das 44 Millionen Einwohner hat, leiden 30 Millionen an der einen oder andern Form von Mangelernährung. Von diesen 30 Millionen sind 16 Millionen unterernährt und 4 Millionen dabei zu verhungern.) Während in den Plantagen, noch leidlich Essen ankommt, haben die Familien der Arbeiter gar nichts. Am 2. Oktober 2008 kamen etwa 5.000 Frauen und Kinder der Zuckerrohrarbeiter nach Cali, um für die Aufnahme von Tarifverhandlungen zu demonstrieren und ihrem Zorn freien Lauf zu lassen. Eine internationale Beobachterin aus Deutschland wurde im Verlauf der Demonstration festgenommen und aus Kolumbien ausgewiesen. Dies wirft ein kleines Schlaglicht auf die staatliche Repression, mit der alle sozialen Bewegungen in Kolumbien zu rechnen haben. Die Aufstandsbekaempfungseinheit ESMAD z.B., die auch in den bestreikten Plantagen vorort ist, hat allein im Jahr 2005 drei Menschen getötet: den Studenten Jhonny Silva (durch Genickschuß), den 15jährigen Nicolas Neira (durch einen Schuß in den Kopf) und den 16jährigen Indígena Belisario Camallo Guetoto. Auch die Gewerkschafter, die den Streik unterstützen, tun dies, obwohl sie wissen, dass sie mit Folter und Mord rechnen müssen. Im Jahr 2008 wurden in Kolumbien bereits 42 Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen ermordet. Von den Funktionären der Lebensmittelgewerkschaft Sinaltrainal wurden bereits 21 ermordet. Die Arbeit von Sinaltrainal mi Streik Seit Beginn des Streiks sind, in welchselnder Besetzung, etwa 30 Genossen von Sinaltrainal aus dem ganzen Land vorort, um den Streik zu unterstützen. Sie bleiben solange ihre Freistellung dauert. Sie fahren jeden Tag in den Plantagen zu den Streikenden, um sie zu informieren und die Organisation der Arbeiter zu unterstützen. Sinaltrainal macht zudem logistische Arbeit und versucht die Menschen in den umliegenden Dörfern über den Streik zu informieren und Solidarität zu organisieren. Das Ziel von Sinaltrainal ist, dass durch eine breite Mobilisierung der Bevölkerung aus dem reinen Arbeitskonflikt ein sozialer Konflikt wird, der von der Bevölkerung auch als solcher wahrgenommen wird. Bärbel Schönafinger, Oktober 2008 Quellen: http://colombia.indymedia.org/news/2008/10/93508.php http://www.rebanadasderealidad.com.ar/escuela-col-08-07.htm |