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Updated: 18.12.2012 15:51
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»Baustelle China«

Mit der korrekten Bezeichnung des selbst ernannten Reichs der Mitte taten sich bereits die in China als »Barbaren« geltenden Römer schwer. Sie brauchten eine Weile, um herauszufinden, dass sich unter den verschiedenen Namen, die ihnen ihre Gesandtschaften übermittelten, ein und die gleiche Region verbarg.

An der Frage der Bezeichnung hat sich bis heute nichts geändert, auch wenn China schon lange nicht mehr nur als Herkunftsland der Seide firmiert. Es scheint vielmehr so, dass sich das Problem der Benennung potenziert, je bunter und vielfältiger die Warenwelt, made in China, wird – und nicht zuletzt, je mehr China in den Augen der Wirtschaftsauguren und ihrer –Krieger nicht nur billige und willige »verlängerte Werkbank« ist, sondern die Vermarktung und Realisierung des Mehrwerts selbst in die Hand nimmt und damit zum Konkurrenten im globalen Exportwettkampf wird.

Der Spiegel fragt reißerisch: »Funktioniert der Kommunismus doch?« (Nr. 1/2007) und schürt Ängste, indem er im »Weltkrieg um Wohlstand« ein transatlantisches Bündnis gegen den neuen Feind im Osten ausruft. Die chinesische Regierung, immerhin, gibt sich bescheidener und belässt es seit 1992 bei dem Titel »sozialistische Marktwirtschaft«. Ein gewaltiger Sprung, denn noch zehn Jahre zuvor nannte man das regierungsseitig »sozialistisch geplante Warenwirtschaft«. Solche, die des Lesens in ideologischem Kaffeesatz kundig sind, sehen darin einen Unterschied ums Ganze.

Im Supplement des »Sozialismus« (Nr. 10/2007) wiederum verteidigt Joachim Bischoff die »sozialistische Marktwirtschaft« chinesischer Prägung aufgrund ihres Primats der Politik gegen diejenigen, die darin einen weiteren »peripheren Neoliberalismus« (Candeias) oder »einen vom Staat diktatorisch durchgesetzten Brutalkapitalismus« (Müller) sehen.

Und bei der Vorbereitung einer dreiwöchigen Studienreise »Arbeitswelten in China«, die Peter Franke (Asienhaus Essen) und Wolfgang Schaumberg (ehemals Opel-Bochum) im September d.J. organisiert hatten und an der auch Mitglieder der express-Redaktion teilnahmen, stellte sich unter den TeilnehmerInnen die Frage, ob es sich in China nicht um eine spezifische, besonders erfolgreiche Variante des Keynesianismus handele. Wir halten uns vorerst zurück mit Globalbezeichnungen, denn eines war nach der Reise in Bezug auf alle gängigen Etikettierungen klar: »We now have reached a much higher level of confusion«, wie eine Teilnehmerin formulierte. Das ist eine gute Grundlage für einen genaueren Blick.

Insofern dokumentieren wir in dieser und den nächsten Ausgaben des express Beobachtungen, Eindrücke, Erfahrungen und vor allem: Irritationen von TeilnehmerInnen der Studienreise. Alle AutorInnen erhielten von uns einen kleinen Fragebogen, auf den sich die Beiträge beziehen.

  1. Mit welchen Fragen bist Du nach China gereist? Wo lagen die Schwerpunkte Deines Interesses?
  2. Welche Antworten hast Du durch die Reise, die Gespräche und Besichtigungen erhalten?
  3. Welche Fragen hast Du aus China wieder mitgenommen? Sind neue Fragen hinzu gekommen? Welche Widersprüche konntest/musstest Du wahrnehmen?
  4. Wie würdest Du die Situation der staatlichen chinesischen Gewerkschaft beurteilen, a) in Bezug auf die Wanderarbeiter, b) in Bezug auf die Rahmenbedingungen und die Form der gewerkschaftlichen Interessenvertretung und c) in Bezug auf ihre Rolle im Verhältnis Partei, Gewerkschaft, Kapital?
  5. Was würdest Du als aktuelle Hauptaufgaben bzw. Probleme der Gewerkschaften bezeichnen?
  6. Wie schätzt Du die Situation in den ländlichen Regionen bzw. Provinzen bzw. die Perspektiven für deren Entwicklung ein? Wie würdest Du die Auseinandersetzung um die unterschiedlichen Konzepte zur ländlichen Entwicklung beurteilen?
  7. Welche Bedeutung hat die Geschlechterfrage vor dem Hintergrund der behaupteten Gleichberechtigung in Bezug auf die Wanderarbeiterproblematik bzw. der ländlichen Entwicklung? Welches Konfliktpotential würdest Du hier sehen?
  8. Welche Auswirkungen werden Deines Erachtens Entwicklungen in China auf die (Weiter-)Entwicklung des Kapitalismus haben?

Erschienen im express, Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 10-11/07

Siehe dazu:


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