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Updated: 18.12.2012 15:51
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Brasilia, den 9. Juni 2004

Internationale Menschenrechtsdelegation in Brasilien von Großgrundbesitzer beschossen!

Nahe der Stadt Montes Claro im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais sind am 7. Juni vier MitarbeiterInnen der internationalen Menschenrechtsorganisation FIAN und des Kleinbauernnetzwerks La Vía Campesina von einem Großgrundbesitzer mit mehreren Gewehrschüssen angegriffen worden. Die MenschenrechtsaktivistInnen aus Belgien, Schweden, Nicaragua und Guatemala blieben alle unverletzt. Im Rahmen einer Untersuchungsmission über die Verwirklichung des Rechts auf Nahrung und die Umsetzung der Agrarreform hatten sie ihr Fahrzeug unweit eines Grundstücks angehalten und bewaffnete Sicherheitskräfte fotografiert. Ein Mann, der inzwischen als der Großgrundbesitzer persönlich identifiziert wurde, gab daraufhin mehrere Gewehrschüsse in Richtung des Fahrzeugs ab. Gegenüber brasilianischen Journalisten rechtfertigte er sein Verhalten zunaechst. Er habe seinen Grundbesitz gegen eine drohende Landbesetzung geschützt und damit nur sein Recht durchgesetzt. Spaeter wiedersprach er in einem Fernsehinterviewseiner ersten Aussage und behauptete, er habe nur Feuerwerkskoerper abgeschossen.

"Der Vorgang ist symptomatisch für die alltägliche Gewalt gegen die brasilianische Landlosen-Bewegung und für das eigenwillige Rechtsverständnis vieler Großgrundbesitzer", erklärte Armin Paasch von FIAN Deutschland. Paasch nahm ebenfalls an der Untersuchungsmission teil und besuchte zu der gleichen Zeit eine Siedlung nahe der still gelegten Zuckerfabrik Usina Aliança im Bundesstaat Pernambuco. Dort waren im Oktober und November 2003 zwei Landarbeiter von unbekannten maskierten Männern erschossen worden.

Die Morde wurden bis heute nicht aufgeklärt. In einem anderen Fall in Pernambuco sind 280 Familien im November 2003 von der Militärpolizei und privaten Sicherheitskräften des Großgrundbesitzers auf brutale Weise vertrieben worden. Die Bauern hatten das brachliegende Land der Engenho Prado vor sieben Jahren besetzt und seitdem ein beachtliches landwirtschaftliches Produktionsniveau erreicht.

Die Regierung Lula hatte die Siedlung vor der Vertreibung in den Medien als Erfolgsmodell der Hungerbekämpfung angepriesen. Hintergrund der Gewalt war in beiden Fällen der langsame Vollzug der verfassungsmäßig gedeckten Enteignung der betreffenden brachliegenden Ländereien.

In ihrer gestrigen Abschlusspressekonferenz der Untersuchungsmission in Brasilia hat FIAN der Regierung Lula die Vernachlässigung der Hungerbekämpfung und der Agrarreform vorgeworfen. Von den 115.000 Familien, die in diesem Jahr angesiedelt werden sollen, haben laut Agrarreformminister Miguel Rossetto bis heute erst 17.000 Familien Land erhalten. Wichtige Gründe sieht die Menschenrechtsorganisation in der institutionellen Schwäche des Agrarreforminstituts INCRA, dem langsamen Vollzug der Enteignung von brachliegendem Großgrundbesitz und den zahlreichen Einspruchmöglichkeiten der Eigentümer. Besonders auf der lokalen Ebene steht die Gerichtsbarkeit unter starken Einfluss der ländlichen Eliten.

"Für die Hungerbekämpfung in Brasilien ist eine Beschleunigung der Agrarreform eine grundlegende Voraussetzung", erklärte Sofía Monsalve von FIAN International. Dies müsse einhergehen mit einer grundlegenden Neuausrichtung der Landwirtschaftspolitik an den Interessen der Kleinbauernfamilien. Kontakt: Armin Paasch, Tel: 0055-61-99684321 (Gilberto Portes), E-Mail: apaasch@yahoo.de


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