letzte Änderung am 14. Oktober 2003 | |
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Der Krieg der Regierung gegen El Alto, die drittgrösste Stadt des Landes kann den Widerstand nicht stoppen
(Ein Bericht von Roberto Solana Fuentes)
Seit Samstag, 11.Oktober 2003 hat die Regierung Sanchez Losada der Bevölkerung Boliviens den Krieg erklärt: Panzer, Hubschrauber und Infanterie-Soldaten (mit Tarnfarbe im Gesicht) marschierten auf El Alto, die drittgrösste Stadt des Landes und Zentrum des seit Wochen andauernden Widerstandes gegen die Gasgeschäfte mit den USA.
Mindestens 25 Tote nannten diverse bolivianischen Radiosender im Laufe des Sonntags namentlich - die Regierung gesteht gerade einmal 4 ein, was es auch nicht besser machen würde. Die Namen der Opfer des Massakers weisen auf das Naheliegende hin: Es handelt sich zumeist um Aymaras, jene gesellschaftlich weitgehend ausgeschlossenen Indianer, die die ärmste Schicht des ärmsten Landes Südamerikas darstellen.
Während ein Teil der Armee den Marschbefehl verweigerte und die regierungstreuen Truppen sich als maskierte Mörder profilierten, rief der Präsident zum "bedingungslosen Dialog" auf.
Jaime Solara, Exekutivsekretär der Gewerkschaftszentrale COB betonte in zahlreichen Interviews, es gäbe nur eine Voraussetzung für einen Dialog: Den sofortigen Rücktritt Sanchez Losadas. Dieser sei für die nunmehr bereits über 40 Todesopfer verantwortlich, die seit dem Beginn der Streiks und Strassenblockaden am 15.September zu verzeichnen sind.
Ähnlich äusserten sich Evo Morales von der MAS (Bewegung zum Sozialismus), der von Losada angeklagt wurde, einen Putschversuch zu unternehmen und der Vorsitzende der Landarbeiter- Gewerkschaftsföderation (CSUTCB) Felipe Quispe.
Die Ablehnung des Gasgeschäfts mit USA und Mexico ist dabei Höhepunkt und Klammer einer Vielzahl sozialer und politischer Proteste: Neben Industriegewerkschaften und Landarbeitern haben auch die Lehrergewerkschaften, die Organisationen des Gesundheitswesen inklusive des Ärzteverbandes, die Organisationen der Freiberufler, Schüler und Studentenvereinigungen sowie Kokabauern und diverse regionale Koordinationen in den letzten wochen immer heftigere und grössere Aktionen organisiert. Überall finden Demonstrationen und Strassenblockaden statt, mehrere Städte beschlossen den generellen Zivilstreik, Landlose besetzen Ländereien im Süden des Landes: Neben der Rücknahme des "Gasvertrages" ist der Rücktritt des Präsidenten Sanchez Losada als zentrale Forderung getreten.
Schon vor dem Wochenende konnten die massiven Militäreinsätze in verschiedenen Regionen den widerstand nicht brechen: die Menschen bewaffneten sich mit allem, was sie hatten und setzten sich zur Wehr - und ihre Aktionen fort. Das bolivianische Gas, das British Gas, British Petroleum und Repsol (über Chile oder Peru - ein überflüssiger Streit, der geeignet ist, antichilenische Stimmungen anzuheizen) vermarkten wollen, würde diesen Gesellschaften über einen absehbaren Zeitraum hinweg etwa 2,7 Milliarden Dollar im Jahr einbringen, dem bolivianischen Staat vielleicht je 70 Millionen. Die "Gas-Koordination" die sich auf nationaler ebene am 5.September 2003 in Oruro gegründet hat und alle wesentlichen Organisationen des Landes umfasst, hat mit dieser Verteilung alle Unzufriedenheit und Widerstände gegen die Regierung mobilisieren können.
In diesem Prozess hat sich der Widerstand zunehmend radikalisiert, auch aufgrund der Erfahrungen, die grosse Teile der bolivianischen Bevölkerung zu Beginn des Jahres 2003 mit der angeblichen Dialogbereitschaft der Regierung gemacht haben.
Der Vorsitzende der CSUTCB, Felipe Quispe sagte in einem vielbeachteten Interview, die Aimaras verlangten jetzt ihr Land zurück, stünden unter Waffen und hätten kein Interesse mehr an irgendwelchen Dialogen. Der letzten Monat neu gewählte Sekretär des Gewerkschaftsbundes COB, Jaime Solara hatte bereits als erste politische Massnahme nach seiner Wahl in einer Konferenz aller COB-Gewerkschaften die Forderung nach dem rücktritt der Regierung zum Programmpunkt der Gewerkschaftsbewegung gemacht und die COB durch Organisierung einer erweiterten nationalen Dringlichkeitsversammlung zu der alle Gruppierungen geladen waren, zu einem organisatorischen Pol der Widerstandsbewegung gemacht. Im Unterschied etwa zu den Ereignissen zu Jahresbeginn sind damit alle Schichten der Bevälkerung versammelt, auch wenn das "MAS - Universum", also viele derjenigen Kräfte, die sich um die Bewegung des Zweiten bei der Präsidentschaftswahl Evo Morales gruppieren, erst einiger Aufforderung bedurften...
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