Stellungnahmen zum Gesundheitssystemmodernisierungsgesetz
Gewerkschaftliche Stellungnahmen
Zitat des Tages 07.11.2003: »Wir sind keine Betonköpfe,
wir haben die Zeichen der Zeit erkannt. Wir sind für diesen Weg der Bürgerversicherung,
wohl wissend, daß wir damit die paritätische Finanzierung nicht
aufrechterhalten können«. Die stellvertretende DGB-Vorsitzende
Ursula Engelen-Kefer am Mittwoch in Berlin auf einer Pressekonferenz, zitiert
in: Die nächste Kröte. DGB einigt sich mit der Bundesregierung auf
die Einführung einer »Bürgerversicherung« Artikel
von Ulrich Schwemin in junge Welt vom 06.11.2003
Stellungnahme der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di um Entwurf
eines Gesetzes der Fraktionen SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen
zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz
- GMG). Stellungnahme des FB 04 zum GMG vom 19. September
2003
Gesetzentwurf zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz
- GMG) im Vergleich zu den verdi-Positionen. Foliensatz
von ver.di vom 9.9.2003
Gesundheitskompromiss ein Vertrag zu Lasten Dritter. "Als "Vertrag
zu Lasten Dritter" hat IG Metall-Vorstandsmitglied Horst Schmitthenner
den aktuellen Kompromiss zwischen Regierung und CDU/CSU zur Gesundheitsreform
bezeichnet...."
Pressemeldung Nr. 100/2003 der IGM vom 22. August 2003.
Das Problem der IG Metall mit dem Kompromiß: "... "Die
einseitige Finanzierung des Krankengeldes durch die Arbeitnehmer (... ) schmälert
die verfügbaren Erwerbseinkommen und schwächt damit die Nachfrage."..."
Engelen-Kefer: Gesundheitsreform ungerecht. "Der Gesundheitssektor
wird auch in Zukunft ein Spielfeld der Lobbyisten dieser Branche bleiben",
sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer zur geplanten
Gesundheitsreform..." Text
der DGB-Bundespressekonferenz
zu den Ergebnissen der Konsensverhandlungen zur Gesundheitsreform am 22. Juli
2003
Beate Eggert: 'Verlierer sind die Patienten'. "Als eine "unverschämte
Abzockerei" bei Versicherten und Patienten hat Beate Eggert,
ver.di-Gesundheitsexpertin und Mitglied des Bundesvorstandes der Gewerkschaft,
die Reformvorstellungen der Bundestagsparteien bezeichnet. Nach den bisher
vorliegenden Details seien Versicherte und Patienten die Verlierer. Gewinner
seien Pharmaindustrie sowie Ärzte und Apotheker...." Interview
von Jana Bender vom 22.07.2003 bei verdi
Angriff auf die Gesundheitsversorgung: Keine Chance mehr gegen große
Koalition? jW sprach mit Herbert Weisbrod-Frey, Bereichsleiter Gesundheitspolitik
beim Bundesvorstand der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Interview
von Hannes Kleber in junge Welt vom 23.07.2003
Sonstige Stellungnahmen
Ministerin Ulla Schmidt erhält den BigBrotherAward in der Kategorie
"Gesundheit und Soziales" für das GKV-Modernisierungsgesetz.
„Der Big Brother Award 2004 in der Kategorie "Gesundheit und
Soziales" geht an die Bundesministerin für Gesundheit und soziale
Sicherung, Frau Ulla Schmidt für das Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen
Krankenversicherung GKV-Modernisierungsgesetz (GMG), das am 01. Januar 2004
in Kraft getreten ist. (…) In diesem Gesetz wird ein fundamentaler Richtungswechsel
bei der Datenverarbeitung durch die Krankenkassen vorgenommen, der zu einer
massiven Verschlechterung des Datenschutzes für die Patienten führt.
Die Krankenkassen rechnen seitdem die Krankheitskosten nicht mehr anonymisiert
und fallbezogen ab, sondern erhalten neben den Rechnungen von Apotheken und
Krankenhäusern auch die von sämtlichen ambulanten Behandlungen übermittelt
- und zwar personenbezogen! Damit entsteht bei den Krankenkassen ein lückenloses
Krankheitsprofil von sämtlichen Mitgliedern. (…) Krankenkassen
wollen ihre Risiken minimieren. Dafür brauchen sie möglichst individuelle
Daten ihrer Versicherten, um teure Patienten herauszufiltern. Dieser Datenhunger
wird unter dem verfälschenden Begriff "moderner Gesundheit"
durch die Gesundheitsministerin immer mehr gefördert. So sorgte sie im
Rahmen der Disease Management Programme dafür, dass die Kassen über
chronisch Kranke besondere Dokumentationen zur Verfügung gestellt bekommen.
Da die Kassen mit diesem umfangreichen Datenmaterial nicht selbst zurecht
kommen, erlaubte sie unter Verletzung des Sozialgeheimnisses die Auswertung
der sensiblen Daten durch private EDV-Dienstleister evtl. gar im Ausland mit
einem niedrigen Datenschutzniveau….“ Siehe den Volltext
der Laudatio
Die Gesundheitsreform wirkt schlimmer als versprochen. Verhaltensänderung
durch Zuzahlungen. Artikel
von Tobias Michel in der SoZ
- Sozialistische Zeitung - vom September 2004
SoVD und bpa fordern: Keine Zuzahlungen bei häuslicher Krankenpflege.
"Der Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD) und der Bundesverband privater
Anbieter sozialer Dienste e.V. (bpa) haben die gesundheitspolitischen Sprecherinnen
und Sprecher der Fraktionen aufgerufen, die im Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform
vorgesehenen Regelungen zur Zuzahlung bei häuslicher Krankenpflege sofort
zu stoppen. Beide Organisationen zeigten sich alarmiert über die negativen
Auswirkungen der geplanten Zuzahlungsregelung für Versicherte, die auf
Leistungen der kostengünstigen häuslichen Krankenpflege angewiesen
sind: Selbst chronisch kranke Menschen müssten danach für häusliche
Krankenpflege im Jahr bis zu 585 Euro selbst zuzahlen...." Pressemeldung
des SoVD vom 20. August 2003
Nach der Großen Operation: Tips für Patienten. "Sie sind
offenbar als gesetzlich Krankenversicherter auf die Welt gekommen. Dafür
können Sie wahrscheinlich nichts. Trotzdem: werden Sie nach Möglichkeit
nie Patient, sonst ärgern Sie sich wegen der Kosten, die dabei auf Sie
zukommen zu Tode...." Deutscher Einheit(z)-Textdienst
von Werner Lutz 8/03 extra "Gesundheitsreform"
Gesundheitspolitik 2003: Kein großer Wurf. "Um bis zu 20 Milliarden
sollen die gesetzlichen Krankenkassen durch die "grösste Sozialreform
seit der Wiedervereinigung" entlastet werden. Kann man, wie die Befürworter
des Kompromisses von SPD und CDU behaupten, den Gesundheitskompromiss als
eine geeignete Grundlage für das Gesetzgebungsverfahren ansehen? Ist
es wirklich sorgsam ausbalanciert und ausgearbeitet worden? Wie und wo werden
die 20 Milliarden eingespart?..." Artikel
von Marita Wagner in telepolis vom 05.08.2003
"Bürgerversicherung" - Chance oder eher Risiko? "Es
gehört bereits zur Normalität neoliberal inspirierter Reformpolitik,
dass die politische Diskussion zeitgleich mit der Verkündung des einen
Reformkonzepts schon bei der Debatte des nächsten angekommen ist. Die
Tinte unter dem parteienübergreifenden Konsenspapier zur Gesundheitsreform
der Agenda 2010 ist noch nicht trocken, da sammelt sich die Politik schon
auf dem nächsten Schauplatz: die "Bürgerversicherung"
bewegt die Gemüter. Angesichts der politischen ProtagonistInnen dieses
Vorschlags, die vom neusozialdemokratischen Mainstream über die Neuen
Grünen bis zu Horst Seehofer (CSU) reicht, muss es erstaunen, dass die
"Bürgerversicherung" Forderungen aufgreift, die über lange
Zeit nur vom sozial- und linksoppositionellen Lager vertreten wurden und denen
bisher eine ernsthafte Diskussion in aller Regel verwehrt blieb...."
Artikel von Daniel Kreutz
Zitat des Tages 28.7.03: "Bürgerkasse belastet Gutverdiener"
- "Kopfpauschalen belasten mittlere Einkommen"
Zwei Artikelüberschriften aus FTD vom 28.7.2003. Im Detail:
Bürgerkasse belastet Gutverdiener. "Haushalte mit einem Jahreseinkommen
über 50.000 Euro sind die Verlierer einer Bürgerversicherung.
Dies geht aus einem Gutachten der Rürup-Kommission zur Reform der
Sozialsysteme hervor, das der FTD vorliegt...." Artikel
von Timo Pache in FTD vom 28.7.2003
Kopfpauschalen belasten mittlere Einkommen. "Unmittelbar nach dem
Parteienkonsens zur Gesundheit schlägt die Reformdebatte bereits
neue Wogen. Branchen mit hohen Bruttoeinkommen müssen durch eine
Bürgerversicherung mit steigenden Lohnnebenkosten rechnen. "Durch
eine Bürgerversicherung werde lohnintensive Branchen belastet. Firmen
mit niedrigen Einkommen werden entlastet", sagte der Gesundheitsökonom
Karl Lauterbach der Financial Times Deutschland...." Artikel
von Timo Pache in FTD vom 28.7.2003
Grüne marschieren bei Grundrente voran. Sozialreformer nehmen wieder
Anlauf. "Die Sozialpolitiker nehmen schon wieder Anlauf für eine
weitere Reform. Noch sind sie bei der Gesundheitsreform nicht im Ziel, da
sondieren sie die Mannschaftsaufstellungen für das nächste Rennen.
Dabei geht es um den Umbau der lohnbezogenen Sozialversicherung zu einer allgemeinen
Bürgerversicherung. Die Grünen laufen sich dafür schon warm,
SPD und Union suchen noch ihre Formation. Allein die FDP verweigert den Start..."
Artikel
von Heinz Schmitz in Handelsblatt vom 24. Juli 2003
Gesundheits»reform«: Wo bleiben die Proteste? jW sprach mit
Tobias Michel, Mitglied der bundesweit tätigen ATTAC-Arbeitsgruppe soziale
Sicherungssysteme und Betriebsrat im Alfried-Krupp-Krankenhaus in Essen. Interview
von Wolfgang Pomrehn in junge Welt vom 15.07.2003
In Komplizenschaft mit den braunen Machthabern. Die NS-Vergangenheit
der Kassenärztlichen Vereinigung. "Mit der Diskussion über
die anstehende Gesundheitsreform, die die rot-grüne Bundesregierung
eröffnet hat, wurde nicht nur die Frage nach den Kosten unseres Gesundheitssystems
aufgeworfen, sondern auch die nach den Strukturen und Mechanismen der
Macht. Allenthalben wird dabei dem Machtkartell der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung und ihren Gliederungen ein nicht geringes Maß
an Mitverantwortung an den gesundheitspolitischen Fehlentwicklungen zugesprochen.
Was indes im öffentlichen Diskurs bisher kaum thematisiert wurde,
ist die Genesis des Machtkartells..."
Artikel von Antonín Dick in ND vom 15.09.01
Das Haus der Deutschen Ärzte. Fall und Wiederaufstieg der Kassenärztlichen
Vereinigung. "Angesichts der aktuellen Diskussion um die Stellung
der Kassenärztlichen Vereinigung im Gesundheitswesen ist es notwendig
und heilsam, an die Restauration dieser in NS-Zeit gegründeten staatsmonopolartigen
Institution vor gut einem halben Jahrhundert zu erinnern...." Artikel
von Antonín Dick in ND vom 02.02.02
Statement von "Die Grauen Löwen - Aktionsbündnis
für soziale Gerechtigkeit" zur "Gesundheirsreform"
.
Aus dem Text: ".. wer finanziell auch ohne die Gesundheitsreform
auf dem Zahnfleisch kriecht, der kann sich auch keine Zusatzversicherung leisten.
Fazit: unser Staat hat Angst davor, dass wir die Zähne zeigen und auch
in Zukunft fest zubeißen können. (...) heißt das, dass Langzeiterwerbslose
in Zukunft ihre Krankheiten in Eigenregie kurieren sollen? Denn wem der Staat
schon heute ins Portemonnaie langt, um "überflüssiges"
Eigentum abzuschöpfen, der wird morgen kein Geld sparen können,
um im Krankheitsfall gerüstet zu sein. (...) Heißt das, dass Langzeiterwerbslose
dann bei den Krankenhäusern abgewiesen werden, weil sie kein Geld haben?
(...) Kommentar der Grauen Löwen: Auf diese Weise kann man natürlich
auch das sozialverträgliche Frühableben forcieren...."
Aderlass für Patienten. "Die unangenehme Wahrheit steht auch bei
der Gesundheitsreform auf dem Beipackzettel: Wer im Konsenspapier von Regierung
und Opposition den Tabellenanhang zu "Geschätzten Entlastungen"
aufschlägt, der sieht schnell, dass gut 80 Prozent der Spareffekte in
Wirklichkeit nur Kostenverschiebungen zu Lasten der Versicherten sind..."
Leitartikel
in FTD vom 22.7.2003
Milliarden-Belastungen für Arbeitnehmer. Teurer Konsens für die
Patienten. Artikel
im Handelsblatt vom 22. Juli 2003 .
Aus dem Text: "... Bei den Lohnnebenkosten sinkt der Krankenkassenbeitrag
von heute 14,4 % über 13,6 % im kommenden Jahr auf 12,15 % im Jahr 2007.
Freuen können sich darüber vor allem die Arbeitgeber: Für sie
sinken die Krankenkassenkosten von 7,2 % auf 6,08 %, für die Arbeitnehmer
von 7,2 % auf kaum spürbare 6,93 % für weniger Leistungen als heute...."
Kniefall vor Pharma-Konzernen. Nach dem Aus von "Positivliste"
und "Institut für Qualitätssicherung". "Scharfe Kritik
übten Vertreter der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) an der geplanten
Gesundheitsreform. Der auf Druck der CDU erfolgte Verzicht auf "Positivliste"
und "Institut für Qualitätssicherung in der Medizin" bedeuteten
einen "Kniefall vor der Pharma-Lobby" und würden zu weiteren
Kostensteigerungen im Gesundheitssystem führen. Besonders die Positivliste
hätte die Möglichkeit erbracht, nutzlose und risikoreiche Medikamente
aus dem Leistungskatalog zu streichen. Hierdurch wären eine Verbesserung
der Versorgung und Einsparungen in Milliardenhöhe zu erreichen...."
Presseerklärung der Coordination gegen BAYER-Gefahren
vom 22. Juli 2003
Einigkeit und Recht und Freiheit. Schlüsselbegriffe zum besseren Verständnis
von Gesundheits- und anderen Reformen. Kommentar
zur Einigung in der sog. Gesundheitsreform von Egon W. Kreutzer, 22.07.2003.
Aus dem Text: ".... Last but not least und entgegen allen Sparbehauptungen,
der Clou der Reform ist, dass am Ende mehr Geld für die Gesundheit ausgegeben
wird: Insgesamt wird das Budget des Medizinbetriebes in Deutschland nämlich
nicht vermindert, sondern stattdessen klammheimlich um 10 Milliarden Euro
aufgeblasen. (...) Der Medizinbetrieb bekommt, direkt aus den Taschen der
Arbeitnehmer, mit Papier und Schleife überreicht von Ulla Schmidt und
Horst Seehofer, ein absolut überflüssiges und unsinniges Geschenk
in Höhe von 10 Milliarden Euro...." Kommentar des Autors: "Die
Umschichtung von 23 Milliarden Euro Kosten im Gesundheitswesen wird heute
als Reform gefeiert. In Wahrheit haben Ulla Schmidt und Horst Seehofer zwei
gigantische Geschenkkörbe gepackt:
Korb 1: 6,5 Milliarden Euro Entlastung der Arbeitgeber
Korb 2: 10,0 Milliarden Euro Extrabudget für den Medizinbetrieb
= 16,5 Milliarden Mehrbelastung für die Versicherten
Weitere 6,5 Milliarden sogenanntes Einsparvolumen werden von den Versicherten
jetzt nicht mehr in Form von Beiträgen, sondern als irgendwie geartete
Eigenleistung/Zuzahlung aufgebracht. So kommt man am Ende wieder auf die an
und für sich unsinnige Zahl von 23 Milliarden. Gespart wird übrigens
überhaupt nichts."