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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Zauberformel PPP Uli Maaz über Privatisierung durch Partnerschaft im Bildungsbereich Im Kontext der Ausgliederung und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen geistern bereits seit einiger Zeit die Begriffe »Öffentlich-Private-Partnerschaften« (ÖPP) oder neudeutsch »Public-private-Partnership« (PPP) durch die Öffentlichkeit. Der folgende Beitrag gibt am Beispiel des staatlichen Hochbaus, genauer: des Schulbaus, einen kurzen Einblick in dieses Thema. Auftragsvergabe an und Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen ist für die Kommunen und die anderen Gebietskörperschaften nichts Neues. Insofern könnte der Eindruck entstehen, »PPP« sei lediglich eine neuer, schillernder Modebegriff. Hinter diesem Begriff verbergen sich zwei unterschiedliche Sachverhalte:
Beide Varianten haben deshalb >Konjunktur<, weil auf der einen Seite die öffentliche Hand - dank der Steuerpolitik - chronisch unterfinanziert ist, und auf der anderen Seite das reichlich vorhandene Kapital nach neuen Verwertungsmöglichkeiten sucht. PPP im Schulbau Die Kommunen haben angesichts der desolaten Finanzsituation bereits einen großen Teil ihres Wohnungsbestands, aber auch ihrer Verwaltungsgebäude an private Investoren verkauft. Insofern gibt es hier gar keine Ansatzpunkte mehr für institutionelle oder Vertrags-PPPs im Hochbau. Anders sieht es beispielsweise im Schulbau aus. Viele Schulgebäude sind in einem schlechten Zustand, weil die Kommunen in der Vergangenheit zu wenig in die Instandhaltung und Sanierung investiert haben bzw. investieren konnten. Ein Kauf von Schulgebäuden durch Privatunternehmen scheint wenig attraktiv zu sein, aber für die langfristige Übernahme des Gebäudemanagements (Bau, Sanierung und Bewirtschaftung) von Schulen gibt es ein Interesse. Das Beispiel Landkreis Offenbach ... Im Landkreis Offenbach haben beispielsweise Tochtergesellschaften (Projektgesellschaften) der Baukonzerne SKE (Vinci) und Hochtief den Auftrag erhalten, 15 Jahre lang das Gebäudemanagement für jeweils 50 Schulen zu übernehmen. In den ersten fünf Jahren sollen die Gebäude dort saniert werden. Der Landkreis hat sich verpflichtet, über die gesamte Vertragslaufzeit eine feste Rate an die Projektgesellschaften zu zahlen, die die Kosten (einschließlich der Fremdfinanzierung in der Sanierungsphase) und natürlich auch den Profit abdecken soll. Der Landkreis Offenbach wurde und wird bei der Realisierung und Werbung tatkräftig von einem Berliner Beratungsunternehmen unterstützt. Mit großem Aufwand wird dieses Vorhaben als Modell beworben. Wichtige Einzelheiten der Vertragsgestaltung wie der genaue Leistungsumfang oder die Risikoübernahme bleiben allerdings im Dunkeln, weil die Verträge nicht öffentlich bekannt sind. Entgegen den Behauptungen der Befürworter scheint das PPP-Projekt für den Haushalt des Landkreises Offenbach zu einer echten Belastung zu werden, weil nicht berücksichtigte zusätzliche Kosten anfallen. ... und Hamburg Auch in anderen Gebietskörperschaften und Städten werden vergleichbare Projekte für den Bau, die Sanierung und die Bewirtschaftung von Schulgebäuden vorbereitet. In Hamburg plant der Senat, das Gebäudemanagement für 31 Schulen südlich der Elbe gleich für 25 Jahre an die GWG-Gewerbe GmbH zu vergeben. Die GWG-Gewerbe ist eine Tochtergesellschaft der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SAGA-GWG. Insofern handelt es sich bei diesem Vorhaben nicht um eine Öffentlich-Private-»Partnerschaft«. Als Begründung für den Wechsel von der öffentlichen Hand zu ÖPP werden vom Senat unter anderem der Sanierungsstau an Schulen, fehlende finanzielle Mittel, langwierige Verfahren und geteilte Verantwortung zur zeitnahen Behebung der baulichen Mängel genannt. Außerdem solle durch zügig sanierte Schulgebäude die Qualität der schulischen Arbeit verbessert werden. In seiner ausführlichen Stellungnahme (www.personalrat-bbs.de ) vom 27. November 2006 kritisiert der Personalrat der Behörde für Bildung und Sport das Vorhaben: »Dieses ÖPP-Modell ist demnach ein ÖÖP-Modell (Öffentlich-Öffentliche Partnerschaft). Dies würde sich ändern, falls die GWG Gewerbe privatisiert bzw. einen strategischen privaten Partner aufnehmen würde. Innerhalb des gesamtstädtischen Kontextes würde ein solches Verfahren lediglich zu einer verdeckten, öffentlichen (!) Kreditaufnahme führen - verbunden mit einer Ausgliederung der Aufgaben in eine kaum zu beeinflussende GmbH. (...) Auch besteht die berechtigte Befürchtung, dass nach der Vergabe dieser ersten >Tranche< eine weitere für die anderen Schulen folgt. Auch aus diesem Blickwinkel - dem Pilotcharakter für die Freie Hansestadt Hamburg - ist die fehler- und lückenhafte Vorgehensweise bei der Durchsetzung dieses Vorhabens nicht nachzuvollziehen.« Weder wurde ein sorgfältiger Wirtschaftlichkeitsvergleich durchgeführt, noch wurden die Risiken für den Haushalt der Stadt bewertet und die langfristigen Auswirkungen auf die Schulentwicklung geklärt. Die betreffenden Schulhausmeister und BetriebsarbeiterInnen sollen im Rahmen eines Betriebsübergangs zur GWG-Gewerbe wechseln, obwohl sie in den letzten Jahren bereits aktiv an der Verbesserung des Gebäudemanagements für »ihre« Schulen mitgewirkt haben. Die mangelhafte Information des Personalrats durch die Behörde trägt allerdings ebenfalls nicht dazu bei, die Sorgen der KollegInnen und die Kritik an diesem Projekt zu zerstreuen. Widerstand gegen Ausgliederung und Privatisierung Anders als im Landkreis Offenbach ist der Widerstand in Hamburg gegen die Ausgliederung der Gebäudeverwaltung groß. So haben bereits am 28. Februar 2006 die etwa 400 TeilnehmerInnen einer Teilpersonalversammlung, d.h. Schulhausmeister und andere Beschäftigte der äußeren Schulverwaltung sowie KollegInnen der Bauabteilung, einstimmig folgende Resolution beschlossen: »Die Teilpersonalversammlung fordert die Verantwortlichen in der BBS und im Senat auf, das Gebäudemanagement für Schulen nicht auszugliedern und zu privatisieren. Der Personalrat schlussfolgert in seiner Stellungnahme:
Ab Januar 2007 wird sich die Bürgerschaft mit dieser »Neuorganisation des Gebäudemanagements für Schulen« befassen. Hoffentlich lassen sich die Bürgerschaftsabgeordneten und die Öffentlichkeit nicht von den ideologisch geprägten Behauptungen der PPP-Befürworter einwickeln, sondern berücksichtigen die finanziellen und strategischen Folgen für die Stadt. Wenn allein 117 Mio. Euro öffentliche Mittel für die neue Elbphilharmonie am Hafen zur Verfügung stehen, dann müsste Hamburg ohne zweifelhafte PPP-Projekte seine Schulen sanieren können. Andere Städte wie z.B. Chemnitz (s. S. 7 unten) haben gerechnet und lassen sich - zumindest beim Schulbau - nicht mehr von der vermeintlichen Zauberformel PPP blenden (vgl. dazu »Standort«, Zeitschrift des ver.di-Fachbereichs Gemeinden, Oktober 2006). Erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 12/06 |