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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Honi soit qui mal y pense - Erstmals verliehener Reinhard Mohn Preis der Bertelsmann Stiftung geht nach Brasilien Oder: "Vor dem Endsieg des marktradikalen Neoliberalismus durch die Vermarktlichung demokratischer Beteiligung"? Erstmals verliehener Reinhard Mohn Preis der Bertelsmann Stiftung geht nach Brasilien - mit Liz Mohn und Angela Merkel im "Doppelpack" (siehe auch "Das Triumfeminat..." http://www.nachdenkseiten.de/?p=8146 ) bei der Preisverleihung für "vorbildliche Bürgerbeteiligung": das "riecht" für mich nach "gutem Geschäft" - natürlich für Bertelsmann. - und die Kanzlerin Angela Merkel meint wohl, "eine Hand wäscht die andere".: Vorbildliche Bürgerbeteiligung in Recife (Brasilien) wird von Bertelsmann ausgezeichnet (idw: http://idw-online.de:80/de/news428468 ). Ja, in diese Rolle eines "Schuftes" möchte ich jetzt doch einmal schlüpfen - und mir bei dieser Preisverleihung, die so hoch gehängt wurde, "Schlechtes dabei denken": Leider haben die Nachdenkseiten schon länger nichts mehr zur Privatisierung kommunaler Leistungen (Daseinsvorsorge) durch die Bertelsmanntochter Arvato gebracht (siehe zuletzt http://www.nachdenkseiten.de/?p=1977 oder auch http://www.nachdenkseiten.de/?p=4743 ). Es war ja darum in Deutschland etwas ruhiger geworden, nachdem das Projekt in Würzburg (http://www.bertelsmannkritik.de/verwaltung.htm sowie ausführlicher noch http://www.bertelsmannkritik.de/pdf/verwaltung-2009.pdf ) nur so vor sich hindümpelte - und vor allem auch nach drei Jahren die "versprochenen" Einsparungen nicht brachte (http://www.demokratisch-links.de/arvato-wurzburg ). Aber dazu kann man nur sagen, dass Arvato ja eigentlich nicht vor hat, für den Bürger zu sparen, sondern für sich Gewinne zu machen - und das ist dieser Bertelsmanntochter doch zuletzt (2010) glänzend gelungen (http://www.wiwo.de/unternehmen-maerkte/bertelsmann-tochter-arvato-mit-glaenzenden-zahlen-459922/ ). ... und jetzt die "Globalisierung" des Kommunalen Bertelsmann-Geschäfts Was bietet sich also mehr an als diesen so erfolgreichen Geschäftsbereich in solche Länder auszudehnen, die erst noch dabei sind ihre kommunalen Verwaltung zu entwickeln und aufzubauen - dazu ein "Vor-Ort-Bericht": http://www.uibk.ac.at/geographie/personal/tobias_toepfer/dokumente/asa-abschlussbericht_toepfer.pdf Gerade in Ländern, wo Verwaltungen mit der "Daseinsvorsorge" als traditioneller kommunaler Aufgabe nicht schon länger vertraut sind und funktionierende Institutionen entwickelt haben, bietet es sich an, massiv diese öffentliche Aufgabe doch möglichst rasch noch zu privatisieren - wofür "natürlich" Bertelsmann bereit steht (http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bst/hs.xsl/499.htm - vgl. zur Bertelsmann-Stiftung auch "Ist die Bertelsmann-Stiftung gemeinnützig?" http://www.nachdenkseiten.de/?p=6589 ) - und wohl zum Einstieg hat man sich dort erst einmal Recife ausgeguckt (http://www.abstimmung-rmp2011.de/site/downloads/1338_395_Steckbrief_Recife.pdf ). So erscheint dann solch eine Preisverleihung ("Honi soit.") als ein Türöffner für den Riesenmarkt einer Privatisierung der kommunalen Aufgaben im wirtschaftlich so erfolgreich aufstrebenden Brasilien... Abschaffung der Demokratie auf kommunaler Ebene - bei privatisierter "Beteiligung" Nur eines kann man wohl auch jetzt vermuten, dass durch diese Privatisierung öffentlicher Aufgaben unter dem Deckmantel von Beteiligung die demokratische politische Kontrolle abgebaut wird - und so unter dem Strich eine "Entdemokratisierung" der Kommunalpolitik erfolgt, statt sie durch eine Beteiligungsform zu stärken. Oder etwas vorsichtiger formuliert gemäß den Erfahrungen aus Würzburg heißt das: "Bereits heute geben die BürgerInnen des Bürgerbüros ihre Daten eigenhändig am Besucherterminal ein. Und das bedeutet, auch dass auf die Bürger immer mehr Verwaltungsarbeit abgewälzt wird, während sie die Gebühren nach wie vor bezahlen müssen, denn "Amtshandlungen finden ja trotzdem statt". Für Normalbürgerinnen zahlt sich das Projekt nicht aus. Es wird mit ihren Steuermitteln finanziert, Gebühren müssen sie wie bisher entrichten und zusätzlich sollen sie die Arbeit der entlassenen MitarbeiterInnen übernehmen. Billiger und unkomplizierter wird die Verwaltung noch lange nicht - auch für den Betreiber (vgl. auch das diesbezügliche Kapitel "Dem Bürger stets zu Diensten? - Die Privatisierung der öffentlichen Verwaltung" - in: Thomas Schuler "Bertelsmann-Republik Deutschland", S. 176 ff http://www.fr-online.de/kultur/medien/unbequeme-wahrheiten/-/1473342/4572572/-/index.html ). Da sich die Stadt Würzburg für die nächsten zehn Jahre auf Arvato festgelegt hat, hat sie den Handlungsspielraum des Kommunalparlamentes erheblich eingeschränkt. So hat sich Arvato das Monopol in der Würzburger Verwaltung gesichert - ohne dass die Verträge mit Arvato der Öffentlichkeit zugänglich sind. Dabei sind die weiteren Auswirkungen die das etablierte E-Governement auf die öffentliche demokratische Kontrolle und die politischen Einflussmöglichkeiten noch gar nicht alle im Einzelnen abzuschätzen. Durch diese Übernahme von bisher öffentlichen Vermögen und Aufgaben werden solche großen Konzerne wie Arvato jedenfalls selbst immer mehr nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Macht erhalten. Die Bertelsmann AG erhält in den von ihr gemanagten Verwaltungen sehr viele Informationen über ihre und die "KundInnen" des Staates (Vorsicht, Arvato handelt auch mit Kunden-Adressen). Werden nun auch noch private Rechtsformen eingeführt, wächst weiter die Möglichkeit, BürgerInnen den Zugang zu den verwalteten Informationen zu verweigern.... (vgl. noch auch einmal die Seite 3 von http://www.bertelsmannkritik.de/pdf/verwaltung-2009.pdf ) Über die Entwicklung noch das "Ettikett" Beteiligung - oder gar demokratische Beteiligung zu hängen, bedarf schon der Orwellschen "News-Speak" - aber dies alles geht bei uns hervorragend durch - und nur Teile der "Linken" scheinen da noch Bedenken anmelden zu wollen. (http://die-linke.de/partei/zusammenschluesse/agbetriebundgewerkschaft/dokumenteunderklaerungen/ Aber unkommentiert durch unsere Presse kann die Bertelsmann-Stiftung solch einen Preis ausloben unter der Überschrift "Demokratie vitalisieren - politische Teilhabe stärken" - Mei, für solch ein winkendes großartiges Geschäft für Arvato kann die Bertelsmann-Stiftung dann schon einmal leicht 150 000 Euro "spendieren". Selbst in Würzburg beläuft sich der Gewinn von Arvato auf runde 8 Millionen. Nur Arvato geht es bei Würzburg nicht nur um diese acht Millionen. Es steht viel mehr auf dem Spiel: Es geht um die Erschließung eines neuen Marktes, der mittelfristig bis zu einer Milliarde Euro jährlich in die Kassen von Bertelsmann spülen soll (vgl. Thomas Schuler, a.a.o.,S.180 f. http://www.nachdenkseiten.de/?p=6567#h16 sowie http://www.nachdenkseiten.de/?p=6428#h15 und noch http://www.nachdenkseiten.de/?p=6759#h08 ) - Was sind da schon lumpige 150 000 Euro von der Bertelsmann-Stiftung für Recife angesichts solcher "Riesen"-Markt-Erwartungen?! Kommentar von Volker Bahl vom 29.6.2011 P.S.: Bizarr bis grotesk muss es deshalb anmuten, wenn "Bewegungsforscher" in Recife - jetzt im Zusammenhang mit dem Lob von Bertelsmann - so ohne weiter nachzudenken, ein "Vorbild" meinen erkennen zu können (siehe den Schluss im Interview: http://www.fr-online.de/politik/-die-grossen-mobilisierungen-waren-misserfolge-/-/1472596/8569098/-/index.html ). - Oder wollte hier einer einfach nur kein "Schuft" sein und sich "Schlechtes dabei denken"? Zu Arvato siehe auch: GATS, Privatisierung und Gegenkämpfe > Dienstleistungen |