Die Kommenden - This Account Has Been Suspended
Vieles, mit dem sich die Redaktion des LabourNet Germany
und der Vorstand des Trägervereins tagtäglich auseinandersetzen
muß, wird nicht umgehend veröffentlicht, manches gar nicht.
Vieles muß anfänglich beobachtet, ausgewertet, juristisch dingfest
gemacht, mit KollegInnen besprochen und diskutiert werden.
Eines dieser unsäglichen Probleme ist die Auseinandersetzung
mit Nazis. Unzählige Nazi-Seiten gibt es im Netz, einige herausgegeben
von Spinnern, andere von sehr gefährlichen neuen oder alten Nazis,
die offen zur Gewalt gegen politisch Andersdenkende aufrufen. Wir werden
von vielen Menschen aus der ganzen Welt immer wieder darauf aufmerksam
gemacht, wenn unser Name oder Personen, die uns nahe stehen, auf solchen
Seiten genannt werden. Im Folgenden möchten wir eine Auseinandersetzung
dokumentieren, die langjährige Freunde von uns, Gründungsmitglieder
des LabourNet Germany, aktive linke Gewerkschafter, Antifaschisten und
auch uns betrifft.
Es geht um eine Internetseite, die ursprünglich unter „die-kommenden.de“
[1] zu finden war und unter
anderem das LabourNet Germany als Informationsquelle unter „Nationale
Verweise“, aufführte. Wir haben durch die Redaktion der Zeitung
„Junge Welt“ davon erfahren und reagierten am 25.Oktober 2004
wie folgt:
„Im Namen des Vorstandes des Vereins "LabourNet.de
Germany e.V." fordere ich Sie hiermit umgehend auf, einen bestehenden
Link auf die vom Traegerverein herausgegebene Seite www.labournet.de,
welcher sich auf Ihrer Homepage www.die-kommenden.de unter dem Menuepunkt
"Verweise/Nationale Verweise" befindet, zu entfernen.
Sollten sich auf der o.a. Domain weitere Verweise auf unsere Seite
befinden, sind diese ebenfalls zu entfernen.
Als Termin fuer die entgueltige Entfernung des Links auf unsere
Seite setze ich Ihnen den 01.11.2004. Sollten Sie den Link bis dahin
nicht entfernt haben, werden wir gegen Sie rechtliche Schritte einleiten.
Informieren Sie umgehend den Domaininhaber, […] wohnhaft […]
bzw. den admin-c, selbige Person, wohnhaft […], ueber dieses
Schreiben. gez. Ralf Pandorf; labourNet.de Germany e.V.; Vorstand” |
Der „Netzmeister“ hat den Link dann auch tatsächlich
entfernt, doch die Homepage-Betreiber hat sich bereits einen Tag später
einen neuen Provider in Kanada gesucht und fungieren seitdem unter „die-kommenden.net“.
Als Hintergrundinformation für alle, die sich für Provider interessieren,
die Nazi-Seiten hosten, gibt es unter „Aktion
Kinder des Holocaust“
eine interessante Liste dergleichen.
Mitte März 2005 hörten wir wieder von dieser Nazi-Seite,
diesmal in einer Art, die als gefährlich einzustufen war. Dave Hollis,
Gründungsmitglied des LabourNet Germany, Natale Fonatana, langjähriger
Solidaritätsfall des Labournet [2]
und aktiver linker Gewerkschafter sowie weitere Nürnberger Antifaschisten
wurden in einem Hetzartikel persönlich angegriffen und diffamiert.
Namen und Fotos, Anschriften und Adressen wurden von den Nazis auf ihrer
Seite veröffentlich. Eine Situation, auf die wir für das LabourNet
Germany wie folgt am 19. März 2005 reagierten:
„…wir haben festegestellt, das Sie
auf der Internetseite "http://www.die-kommenden.net/"
direkt auf der Startseite einen Artikel mit dem Titel: ""Wie
wäre es einfach mit IFA?"- Die seltsamen Bekanntschaften
des Jürgen K." mit dem Hyperlink http://www.die-kommenden.net/dk/antifa/artikel/kuibista.htm
veröffentlicht haben.
In dem Artikel heißt es u.a. in der Fußnote
[13]: "[13] Bild von www.labournet.de/solidaritaet/fonti -
die Anti-Antifa dankt."
Sie veröffentlichen somit ein Foto ohne jegliche
Absprache oder Genehmigung der Redaktion oder des Trägervereins
"LabourNet Germany e.V." der Webseite "www.labournet.de",
die wir in Ihrem Falle auch unter keinen Umständen gewährt
hätten.
Im Namen des Vorstandes des Vereins "LabourNet
Germany e.V." fordere ich Sie hiermit unverzüglich auf,
das Foto von Ihrer Webseitezu entfernen und untersage Ihnen hiermit
die Veröffentlichung und Verwendung von sämtlichen Logos
und Fotos der Webseite "www.labournet.de" sowie der des
Trägervereins der Webseite "LabourNet Germany e.V."
Weiterhin untersagen wir Ihnen den Gebrauch, die Verlinkung und
die Veröffentlichung sämtlicher Artikel (auch auszugsweise)
auf unserer Webseite sowie sämtlicher "labournet"
- Webadressen. Als Termin für die Entfernung des Bildes und
sämtlicher Links auf unsere Seite setze ich Ihnen den 24. März
2005. Sollten Sie dies bis zu diesem Termin nicht getan haben, werden
wir gegen Sie rechtliche Schritte einleiten. Ungehindert dessen
werden wir den Inhalt Ihrer Veröffentlichung mit dem Titel
""Wie wäre es einfach mit IFA?" auf seine strafrechtliche
Relevanz überprüfen lassen.
Ralf Pandorf; Vorstand LabourNet Germany e.V. “ |
Parallel zu uns wurden die angegriffenen Kollegen in Nürnberg
aktiv und beauftragten einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen
und gingen an die Öffentlichkeit: Artikel in Nürnberger Zeitungen
wurden veröffentlicht und Interviews gegeben (siehe
weiter unten).
Am 23. März 2005 bekamen wir ein Schreiben von einem
nicht namentlich genannten „Netzmeister“ von „die kommenden“
mit folgendem Inhalt:
„Sehr geehrter Herr Pandorf,
sie bemängelten einige Punkte in der Veröffentlichung
unseres obigen Artikels. Wir sind selbstversändlich bereit
das Foto von Herrn Fontana unter gewissen Umständen zu entfernen.
Wir bitten Sie uns diesbezüglich nachzuweisen, daß Sie
über die Rechte an dem veröffentlichten Bild von Herrn
Fontana verfügen. Herr Fontana hat bisher nichts gegen die
Veröffentlichung auf unserer Internetseite einzuwenden gehabt.
Unseren Informationen nach wurden die Bilder von
Herrn Fontana und seinem Prozeß nicht exklusiv für labournet
erstellt, sondern auch Ihnen lediglich zur Verfügung gestellt.
Sollte dies jedoch nicht der Fall sein, so bitten wir Sie uns den
Ersteller der Fotos zu benennen, damit wir uns mit ihm wegen den
rechtlichen Angelegenheiten selbst auseinandersetzen können.
Bei Herrn Fontana handelt es sich zudem um eine Person der Zeitgeschichte.
Logos von Ihrer Internetseite bzw. Ihres Vereins haben wir nicht
verwendet. (...)
Grundsätzlich sind wir jedoch bereit labournet
ganz aus unseren Veröffentlichungen herauszunehmen, wenn von
Ihnen eine Distanzierung gegenüber Personen und Organisationen
erfolgt, die linksextremistische und verfassungsfeindliche Ziele
verfolgen. Viele Grüße vom Netzmeister”. |
Ohne den Brief an dieser Stelle juristisch zu bewerten,
stellte er eine Unverschämtheit dar, auf die wir auch juristisch
reagieren wollten und werden. Allerdings, der angesprochene Artikel wurde
kurz darauf auf die Nazi-Seite der Anti-Antifa-Nürnberg auf „aaa.die-kommenden.net“
verschoben.
Wieder musste mit Rechtsanwälten über die veränderte Situation
gesprochen werden, presserechtlich verantwortliche Personen mussten ausfindig
gemacht werden usw.
Unsere KollegInnen aus Nürnberg gingen derweil in die
Offensive und wurden bundesweit aktiv. Wir dokumentieren einen Artikel
von Anna Franke aus dem Neuen Deutschland vom 6. April 2005, den uns die
Redaktion des Neuen Deutschland freundlicherweise zur Verfügung stellt:
„Gewerkschafter
im Visier der Anti-Antifa
Rechte Internetseite »informiert«
über Linke aus dem Raum Nürnberg / Betroffene wollen klagen
Dass Nazis ihre politischen Gegner outen
und damit politischen Druck und Angst zu erzeugen suchen, ist nicht
neu. Auch dass die radikale Rechte dazu auf das Internet zurück
greift, ist bekannt. Für fünf aktive Gewerkschafter aus
dem Raum Nürnberg war es dennoch eine böse Überraschung,
als sie sich auf einer rechtsradikalen Homepage wiederfanden - mit
Fotos, teils Adressen, privaten Details und politischen Lebensläufen.
»Wir sind für die Nazis interessant, weil
wir kritische Basis-Gewerkschaftsarbeit machen. Die Nazis setzen
aktuell auf die Anti-Hartz-Karte und geben sich sozial. Da stört
sie engagierte Betriebsarbeit besonders«, vermutet Dave Hollis,
einer der von der Aktion Betroffenen.
Tatsächlich gab es wiederholt rechte Kundgebungen in ganz Franken
zum Thema Sozialabbau und Hartz IV. Wer nicht genau hinhörte,
hätte glauben können, auf einer Veranstaltung der Sozialforen
zu sein. Nur in Nebensätzen wurden rassistische Phrasen laut.
Auch wenn man sich durch die Internetseite klickt, die nun gegen
die Gewerkschafter hetzt, finden sich doch Meldungen und Flugblätter
zur Agitation, die man genau lesen muss, um zwischen den Zeilen
zu entdecken: Hier geht es um »deutsche Arbeit für Deutsche«.
»Die Rechten sind erstaunlich gut informiert, im Gegensatz
zu früheren Veröffentlichungen gibt sich die Seite einen
seriösen Touch und ist professionell gemacht«, bilanzieren
die Gewerkschafter. Keine Beleidigungen, kein Aufruf zur Gewalt
- die Autoren scheinen das Medienrecht studiert zu haben. Dennoch
kam es in der Vergangenheit nach ähnlichen Outing-Aktionen
nicht nur zu Sachbeschädigungen, daher sind die Gewerkschafter
wenig begeistert.
Die Zuträger der Internetseite haben ganz offenbar Montagsdemonstrationen,
Anti-Nazi-Kundgebungen und viele andere Aktivitäten beobachtet
und fotografiert. Der betriebene Aufwand verwundert weniger, wenn
man weiß, dass Franken über eine der aktivsten »Anti-Antifas«
verfügt, über rechte Aktivisten also, die Linke ausspitzeln
und Dateien über sie anlegen. Interessant wird der aktuelle
Fall durch die mögliche Verbindung der Homepagebetreiber zur
verbotenen »Fränkischen Aktionsfront« (F.A.F.).
Wohl nicht umsonst findet sich allenthalben der Verweis: »Die
FAF ist mit Wirkung vom 22. Januar 2004 vom bayerischen Innenminister
verboten worden und auf Grund dessen nicht erreichbar.
Informieren Sie sich hier über staatliche Repression und polizeiliche
Vorgehensweisen.« Doch auch zahlreiche Prozesse gegen Rechtsextreme
in den letzten Jahren haben
personelle Verquickungen nahe gelegt. Ein weiterer Grund, dass »Die
Kommenden« gerade jetzt mit dem Thema linke Gewerkschafter
aufwarten, könnte ein Aufmarsch sein, den die NPD für
den ersten Mai in Nürnberg angekündigt hat, um ihn in
den »Tag der nationalen Arbeit« umzudeuten. Antifaschistische
Gruppen mobilisieren bereits zu Gegenaktivitäten.
Und da liegt es für die Rechten offenbar nahe, Autonome und
kritische Gewerkschafter an den Pranger zu stellen - Stadtteilladen-Besucher
wie Sven Röser, Gewerkschafter
wie Natale Fontana oder Macher einer linken Gewerkschaftswebseite
wie Dave Hollis, der kürzlich einen alternativen Medienpreis
erhielt. Die wollen sich nun öffentlich zur
Wehr setzen und dagegen klagen.“ |
Parallel zur Öffentlichkeitsarbeit wurde versucht,
den Provider in Kanada zu kontaktieren mit dem (kurzfristigen) Erfolg,
dass uns gestern (7.4.2005) die Meldung erreichte, das die Nazi-Seite
„die-kommenden.net“ und die Anti-Antifa-Seite „aan.die-kommenden.net“
vom Provider abgeschaltet wurden: This Account Has Been Suspended!
Jugendschutz.net
Eine der Institutionen, an die sich die Nürnberger
Betroffenen gewandt haben, das jugendschutz.net
- Mitglied im International
Network Against Cyberhate
-, möchten wir an dieser Stelle besonders erwähnen, uns bedanken
und deren Schreiben dokumentieren:
„…vielen Dank für Ihren Hinweis
auf die Website http://aan.die-kommenden.net/.
Wir haben die gemeldete Anti-Antifa-Website gesichtet und dokumentiert.
Die Seite wird über www.die-kommenden.net quasi anonym über
einen kanadischen Server ins Netz eingestellt. Hier sind die Handlungsmöglichkeiten
deutscher Kontrolleinrichtungen zwar beschränkt, aber jugendschutz.net
arbeitet auch an grenzüberschreitenden Lösungen und versucht
beispielsweise in der Kommunikation mit ausländischen
Diensteanbietern die Sperrung von in Deutschland unzulässigen
Inhalten im
Ausland zu erreichen.
Auch wir können nur auf die Informationen der Whois-Abfragen
zurückgreifen;
sämtliche uns vorliegenden Whois-Informationen haben die von
Ihnen genannte
falsche Postadresse; insofern bliebe Ihrem Anwalt in diesem Falle
leider nur eine Anzeige gegen unbekannt und einem ggf. nachfolgenden
Amtshilfeersuchen
der Ermittlungsbehörden an die kanadischen behörden.
Im konkreten Fall haben wir daher den Provider in Kanada kontaktiert
und mit
einem Hinweis auf einen potentiellen Verstoß gegen seine Allgemeinen
Geschäftsbedingungen darum gebeten, die entsprechende Website
von seinem
Server zu entfernen. Zugleich haben wir auf die falsche Adresse
bei der
Domainregistrierung hingewiesen und um Rücksprache oder Löschung
gebeten.
Mit freundlichen Grüßen
jugendschutz.net“ |
jugendschutz.net überprüft das Internet auf Verstöße
gegen den Jugendschutz und dringt darauf, dass Anbieter auch in diesem
neuen Medium die Bestimmungen des Jugendschutzes einhalten und Rücksicht
auf Kinder und Jugendliche nehmen. Es gibt eine eigene Beschwerdestelle,
wenn man im Internet auf Angebote stößt, die man für illegal,
jugendgefährdend oder für Kinder bzw. Jugendliche entwicklungsbeeinträchtigend
hält. Im September 2002 hat jugendschutz.net das „International
Network Against Cyber Hate“
(INACH) mitgegründet und legte damit den Grundstein für eine
kontinuierliche Zusammenarbeit antirassistischer Organisationen und Online-Meldestellen
auf internationaler Ebene. Das Netzwerk besteht derzeit aus 10 Mitgliedern
bzw. Kandidaten aus Europa, Russland und den USA. Ein Netzwerk, welches
die Abschaltung erst ermöglicht hat.
Zwischenfazit
Ein Erfolg? Ja, auch wenn wir glauben, dass diese Nazis
an anderer Stelle unter anderem Namen wieder auftauchen werden und somit
die Sache noch nicht aus der Welt ist.
Trotzdem wurde es geschafft, die Seite von einem Provider zum anderen
zu jagen und zumindest für einen Moment mundtot zu machen. Die juristische
Auseinandersetzung des LabourNet Germany und der betroffenen KollegInnen
geht natürlich weiter, wir werden berichten. Dennoch möchten
wir uns jetzt schon bei allen Personen und Institutionen bedanken, die
es sich zur Aufgabe gemacht haben, sich tagtäglich gegen Nazis zu
wehren, sie zu beobachten und juristisch zu bekämpfen.
Mag Wompel und Ralf Pandorf
[1] Als Hintergrundinformation ein Artikel
von Rudolf Kleinschmidt mit dem Titel:“Surfen
mit Rechtsdrall Neonazis wissen das Internet virtuos für ihre Zwecke
zu nutzen“,
erschienen in junge Welt vom 27.08.2003.
[2] Siehe die Solikampagne
zu Natale Fontana
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