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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Arbeitsausschuss der Initiative zur Vernetzung der bundesweiten Gewerkschaftslinken Bewertung des Tarifabschlusses der IG-Metall Entgelttarifrunde 2008 Ergebnis unter aller Sau!
1. Entgelthöhe: Die angeblichen 4,2 % entpuppen sich als eine Milchmädchenrechnung zur Täuschung der Mitgliedschaft! Denn auf 18 Monaten umgerechnet bedeutet dies eine tabellenwirksame Erhöhung von gerade mal knapp 2,8 %! Aber die zweite Stufe kann in "notleidenden Betrieben" mit einer "freiwilligen" Betriebsvereinbarung bis zu 7 Monate verschoben werden! Eine erneute Verlagerung eines Teils eines Tarifvertrages auf Betriebsebene! Dies wird mit Sicherheit unter der zu erwartenden Preisteigerungsrate liegen und bedeutet einen weiteren Reallohnverlust! 2. Einmalzahlungen: Im Vorfeld der Verhandlungen und während den Warnstreiks wurde gesagt "Einmalzahlungen wird es diesmal n i c h t geben, da diese nicht tabellenwirksam werden". Ergebnis, es gibt m e h r e r e Einmalzahlungen und diese sind auch noch flexibel gestaltet: 1. für Dez. 08, Jan. 09 (fällig im Dez 08, aber auf betrieblicher Ebene kann die Verschiebung der Auszahlung auf Jan. 09 vereinbart werden!) 2. eine Einmalzahlung aus einer pauschalierten 0,4% Entgelterhöhung von ca. 122 EURO, für Mai bis Dez. 09. "im Prinzip" fällig im Sept. 09. Aber wird der zweite Schritt der Entgelterhöhung (2,1%) verschoben (siehe Punkt 1), so verringert sich der Betrag (122 EURO) der pauschalierten 0,4% entsprechend der Anzahl der Monate um die die Auszahlung der zweiten Stufe verschoben wird! 3. die pauschalierten 0,4% für Jan. bis April 2010 werden n i c h t ausgezahlt sondern dienen zur Füllung des Altersteilzeitkontos. 4. Laufzeit: statt die geforderten 12 - jetzt 18 Monate Ein weiteres Entgegenkommen bedeutet die Laufzeit von jetzt 18 Monaten, für die "Planungssicherheit" der Unternehmer. Eine Planungssicherheit, die wir Beschäftigte nicht haben! Die IG-Metall hat sich gleichzeitig mit der längeren Laufzeit die Hände gebunden, um rechtzeitig auf neue Angriffe der Unternehmer, die mit 100 prozentiger Sicherheit im Rahmen der kommenden Wirtschaftskrise erfolgen werden, reagieren zu können. Fordern, dann als Tiger springen - und als Bettvorleger landen! Nicht eine der (zum Teil richtigen) Begründungen in der Propaganda der IG-Metall für die 8% Forderung (obwohl diese Forderung selber auch schon ein Entgegenkommen bedeutet hat, da Huber im berüchtigten Spiegelinterview zugeben musste, dass in vielen Betrieben zweistellige Forderungen aufgestellt wurden) hat bei diesem Tarifabschluss/Verhandlungsergebnis noch bestand gehabt. Weder die Aussage, "dass wir ein Recht auf Teilhabe an den Gewinnen der letzten Jahren haben" oder, dass wir "mehr als die Inflationsrate in unseren Taschen brauchen, um die Binnenkonjunktur" anzuregen, noch dass es keine Einmalzahlungen geben würde. Verzicht auf Streik - tarifpolitische Bankrotterklärung der IG-Metall! "Wir wollen keinen Streik, aber wir sind streikbereit" wurde seitens der IG-Metallführung während der Warnstreiks ständig betont. Beteiligung an den Warnstreiks! Die Kolleginnen und Kollegen, die mit großer Begeisterung und Einsatz an den Warnstreiks teilgenommen haben, waren für einen regulären Streik tatsächlich bereit. Nach eigenen Angaben der IG-Metall wurde die Beteiligung an den Warnstreiks mit über 500.00 Kolleginnen und Kollegen beziffert. Eine in den letzten Jahren sehr hohe Zahl von Warnstreikenden in so kurzer Zeit. Urabstimmung vorbereitet! Die Urabstimmung war so weit vorbereitet, dass nach einem Scheitern innerhalb weniger Tage der Streik hätte anfangen können. Streikkasse voll! Die Streikkasse der IG-Metall ist aufgrund der Tatsache, dass es seit 6 Jahren keinen regulären Streik mehr gab, mit über 2 Milliarden EURO übervoll. Dennoch; Streikverzicht! Unter solchen Umständen auf einem Streik zu verzichten, macht deutlich um was es der IG-Metallführung um Huber eigentlich gegangen ist: Den Unternehmern "in historisch schwieriger Lage" entgegenkommen - alles für den "Standort Deutschland" ! IG-Metall - streikunfähig? Um diese Behauptung unsererseits zu untermalen: die IG-Metallführung feiert das Verhandlungsergebnis jetzt unter anderem mit der Aussage: "Streik verhindert" und "mit einem Streik wäre nichts Besseres heraus gekommen". Letzteres wurde auf einer IG-Metall Funktionärskonferenz in München so legitimiert: die IG-Metall Bayern sei innerhalb der wenigen Wochen seit Warnstreikanfang streikunfähig geworden: 1. wegen der so rasant einsetzenden Krise hätten die BRs, VKLs der großen Automobilbuden und Zuliefererindustrie gesagt, sie seien wegen den kurzfristig angesetzten Werksferien und drohender Kurzarbeit (z.B. MAN München) nicht mehr streikfähig! Die Situation in Baden-Würtemberg sei "ähnlich" gewesen. 2. Der Streikanfang wäre zu kurz vor der Weihnachtspause gewesen. Zu diesen Argumenten, um den Streikverzicht zu legitimieren ist Folgendes zu sagen; Zu 1. Wenn dies so war, warum ist nicht versucht worden ein anderes Streikkonzept zu erarbeiten? Warum ist die IG-Metall völlig von den großen Automobilbuden in Bezug auf die Streikfähigkeit abhängig? Zu 2. Abgesehen davon, dass diese Situation (Tarifrunde kurz vor Weihnachten) eine Folge der Tarifrunde 2006 war, in dem eben eine längere Laufzeit vereinbart wurde, die zu diesem ungünstigen Zeitpunkt der Tarifrunde 2008 geführt hat, haben alle während der Warnstreiks gewusst, dass die Zeit drängt. Und dennoch wurde mit Streik gedroht! Mit anderen Worten die IG-Metallführung wollte von vorneherein nicht streiken und hat mit einer leeren Drohung versucht, die Unternehmern unter Druck zu setzen. Die sind aber auch nicht blöd und haben die IG-Metall nach allen Regeln der Kunst sauber vorgeführt! Verheerende "Außenwirkung" des Abschlusses! Vor dem Hintergrund der Finanz- und im Vorfeld der einsetzenden Wirtschaftskrise, hätte die IG-Metall mit einem guten Ergebnis für andere Gewerkschaften und zukünftige Tarifrunden nochmal ein Zeichen setzten können, nämlich dass nur mit der konsequenten Verteidigung der Interessen der Mitgliedschaft - durchgesetzt mit einem Streik -, heute noch etwas herauszuschlagen ist. Das hätte zumindest ein wenig zur Hebung des Bewusstseins beitragen können mit erhobenem Haupte und mit einer positiven Kampferfahrung in die kommenden schwere Wirtschaftskrise hinein zu gehen. Aber es ist genau umgekehrt gelaufen und das wurde seitens der IG-Metallführung bewusst verbockt. Denn ihnen geht es ja um die Stärkung des Standortes Deutschland. Das wird zu Resignation und Desorientierung vieler Kolleginnen und Kollegen führen mit dem Ergebnis eines erneuten Anschwellens von Gewerkschaftsaustritten! Letzteres hat die IG-Metall Bürokratie sicher nicht beabsichtigt, aber de facto nimmt sie es in Kauf! Hubers Kurs der Anpassung und des Entgegenkommens hat auf ganzer Linie versagt! Erneut wird den Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie ein oberfauler Kompromiss zugemutet! Die Unternehmerseite ist hoch zufrieden und können ihre Häme kaum verbergen. Der Kurs des immer weiteren Einschwenkens auf die Standortlogik, statt die konsequente Durchsetzung der berechtigten Interessen der Basis - gerade in für uns Beschäftigte erneut zunehmend schwierigeren Zeiten - zeigt wie weit sich die IG-Metallführung von der Basis entfernt hat. Wer, wie die IG-Metallführung um Huber, immer noch nicht verstanden hat, dass wenn wir in "historisch schwierigen Zeiten" den Unternehmern einen Finger reichen, diesen die ganze Hand nehmen werden, ist selber "historisch" überholt! Wie weiter! Die breite Ablehnung, die vielen Protest-Resolutionen und Unterschriften-Sammlungen betrieblicher Gewerkschaftsgremien gegen den Abschluss, ja, die Forderung nach dem Rücktritt von B. Huber, zeigen, dass es vielen aktiven MetallerInnen langsam dämmert, dass es so nicht weiter gehen kann! Ob es reicht, den Abschluss zu verhindern und sofort in die Urabstimmung zu gehen, ist leider mehr als fraglich angesichts der jetzt schon eingetretenen Resignation und der Erfahrung des oft undemokratischen Umgangs der IGM-Führung mit Kritik der Basis. Natürlich soll alles versucht werden z.B. werden die unzufriedenen Kolleginnen und Kollegen in Baden-Würtemberg am Donnerstag, den 20.11.08 - anlässlich des Treffen der Großen Tarifkommission - massiven Protest zeigen. Dem Anpassungskurs der IG-Metall gehört eine Abfuhr erteilt! Wenn der Protest gegen den Abschluss nicht fruchtet, d.h. der Abschluss nicht verhindert werden kann, so sollte dieser aber zum Ausgangspunkt für eine gezielte Debatte in der IG-Metall um den zukünftigen Kurs werden! Weg mit dem Standortdenken! Für eine kämpferische IG-Metall! |