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Updated: 18.12.2012 15:51
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

Warnhinweis: Die Wahrnehmung von demokratischen Rechten gefährdet ihren Arbeitsplatz und den ihrer KollegInnen

Von dem unendlichen Vergnügen, sich in Deutschland an einer Betriebsratswahl zu beteiligen

Das ist eine wahre Geschichte, nur die Personen und der Ort sind nicht identisch. Beitrag eines uns bekannten LabourNet-Lesers

Also dieses Jahr finden ja wieder Betriebsratswahlen statt und da es ja alternativ eine Listenwahl oder eine Personenwahl geben kann, entschloss sich unsere Gruppe eine Listenwahl durchzuführen, da unser Betriebsrat in der Mehrheit die Interessen des Geschäftsleiters Adolf Hiller vertrat und die freigestellte Vorsitzende Eva Ausbeuter sich als verlängerter Arm des Geschäftsleiters darstellt. Leute, die sich bei ihr beschweren, z.B. wegen Maßregelungen durch Vorgesetzte, haben schon mal am Schluss noch mehr Ärger als vorher. Oder bei Betriebsvereinbarungen wo z.B. drin steht, dass die Mitarbeiter, die im Wechsel einmal Frühschicht und einmal Spätschicht haben, dann das Wochenende frei bekommen sollen, am Schluss Spätschicht Freitags und Frühschicht Samstags arbeiten müssen, dann sagte Eva Ausbeuter den Leuten: "Heute muss man flexibel sein und seid froh das ihr Arbeit habt und wenn es euch nicht passt, sucht euch ne andere Arbeit."

Und da die Mehrheit des Betriebsrates auch so denkt wie Eva Ausbeuter, wollten wir versuchen, über eine Listenwahl diese Verhältnisse zu ändern. Und wir trafen uns dann auch und legten ein Programm fest. Unsere ehemalige Kollegin Rosa Levine war auch dabei und war von Anfang an skeptisch was die Strukturen im Markt betrifft: "Wenn die merken, dass ihr ne Chance auf ne Mehrheit habt, wird euch das Tribunal mit all seinen Spitzeln isolieren und euch mit Lügen und Intrigen im Markt unmöglich machen." Cochice Sponti - unser Listenvertreter - war trotzdem optimistisch, dass wir es schaffen würden.

Wir hatten dann auch jede Menge Kandidaten und Stützunterschriften, aber Berta Braun vom BR-Tribunal hatte ja schon Georg Rebell, der auch mit auf der Liste war, gewarnt: "Wenn ihr das durchziehen wollt dann bekommt ihr jede Menge Ärger mit uns, ihr werdet euch wundern."

Auch liefen Eva Ausbeuter und Berta Braun, die sich mit ihrer BR-Mehrheit natürlich auch in den Wahlvorstand wählen ließen, herum und warben für Kandidaten für eine Personenwahl. Fast alle Substituten und Abteilungsleiter ließen sich auf diese Liste eintragen, ohne das man ihnen gesagt hätte, dass es auch eine Listenwahl geben könne.

Nachdem bekannt geworden war, dass es Leute gibt, die mit einer Liste antreten wollen, wurde im Betriebsrat beschlossen, eine Betriebsversammlung durchzuführen. Da legten Eva Ausbeuter und Rolf Hund vom BR-Tribunal auch gleich gegen die Listenwahl los. Und da sie natürlich schon Vorarbeit geleistet und die Belegschaft richtig aufgehetzt hatten, da schrieen die in Führungspositionen, die Abteilungsleiter und die Substituten, am lautesten gegen uns. Unsere Leute waren entweder gar nicht auf der Betriebsversammlung oder hörten sich, ohne etwas zu sagen, die Attacken des Tribunals an.

Unser gesamtes Programm, dass wir vorstellen wollten, wurde niedergeschrieen, also mehr Information an die Mitarbeiter durch 4 Betriebsversammlungen pro Jahr und nicht nur höchstens eine, wie hier, Durchsetzung der in der Betriebsverfassung §87 enthaltenen Mitbestimmungsrechte auch hier und Einhaltung des Manteltarifvertrages sowie sofortige Einstellung der Bespitzelung von Kollegen.

Und dann kam noch der Auftritt von Geschäftsleiter Adolf Hiller, der, ohne mit unseren BR-Mitglied Charlie Marx gesprochen zu haben, ihm vor versammelter Belegschaft vorwarf, den Kollegen falsche Tarifinformationen gegeben zu haben. Dann fragte er ihn, wenn er denn Leute höher eingruppieren würde, was solle er denn dann mit den anderen machen, solle er die denn dann entlassen? Dann kam gleichzeitig noch die Drohung, dass er sich persönlich an Charly halten wolle, wenn der weiter falsche Tarifinformationen geben würde.

Charly war überrascht über diese Attacke, da er der Meinung war und nach wie vor ist, dass der Arbeitgeber bei Tarifangelegenheiten die Mitglieder des BR erst mal befragen sollte, bevor er vor versammelter Belegschaft mit Unterstellungen argumentiert. Überhaupt hatte sich das ganze Tribunal auf Charly eingeschossen: Er ist für alles verantwortlich, was im Betrieb falsch läuft. Und mit der Liste wollten Charly und seine Freunde sich in den BR einschleichen. Cochice hätte von Klassenkampf gesprochen, den man machen müsse und die Leute, die schon ihre Stützunterschriften gegeben hätten, sollten sie wieder zurückziehen und ihr habt doch immer eure 9 Kreuze gemacht, was anderes kennt ihr doch nicht und Listenwahl ist unfair, schrieen Berta Braun und Eva Ausbeuter im Chor. Rolf Hund wiegelte die Leute auf, indem er sagte, Cochice Sponti und Georg Rebell würden eh nichts für die Leute tun und er und seine Leute im BR würden, zusammen mit dem Geschäftsleiter Adolf Hiller immer nur das Beste für die Belegschaft rausholen.

Außerdem warf Eva Ausbeuter ein, wäre der Erhalt der Arbeitsplätze wichtiger, als ein Paar Prozente mehr und konterte damit Charly Marx, der ihr vorgehalten hatte, dass hier gegen den Manteltarifvertrag verstoßen wird, da im MTV die Zulagen höher seien, als sie hier tatsächlich gezahlt würden. Auch auf die Frage von Cochice, warum sie sich als Mitglied in der Tarifkommission von einer Gewerkschaft, nicht für die Einhaltung des MTV einsetzen würde, gab sie vor der Belegschaft keine Auskunft. Stattdessen wieder Attacken wegen der Wahl. Cochice soll gesagt haben, die letzte Wahl sei manipuliert worden, das hätte sie von Leuten gehört und dann der Geschäftsleiter Hiller wieder gegen Charly, dass der sich in Acht nehmen solle vor ihm und wieder die Unterstellung, ob er Leute entlassen solle, wenn hier Leute höher eingruppiert würden. Zum Schluss dann noch mal Rolf Hund, der Charly Marx unterstellte, er hätte zu Leuten gesagt, dass sie einfach ihre Stützunterschrift geben sollten, ohne zu erklären, um was es ginge und zieht eure Unterschriften zurück. In die gleiche Richtung Berta Braun als ein Al die Frage stellt, wie können wir verhindern, dass hier eine Listenwahl stattfindet: Indem keine 5 Prozent der Belegschaft ihre Stützunterschrift geben.

Es gab nach der Betriebsversammlung eine rege Diskussion. Die Leute, die bekannt waren von unserer Gruppe, also die die Liste verteidigt hatten, bekamen richtig Druck. Cochice Sponti, unseren Listenvertreter, hat man in ein außerhalb vom eigentlichen Markt liegendes Gelände zum Flaschen einsortieren gestellt, so dass er kaum noch Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen halten kann, hat ihn also quasi isoliert und auch zu den Leuten, mit denen er sich öfters in der Pause traf, kann er im Betrieb kaum noch Kontakt halten, da seine Schichtpläne verändert wurden.

So ähnlich geht es Charly Marx und auch Georg Rebell hat kaum noch Möglichkeiten sich mit Kollegen zu unterhalten, da auch er in einer entlegenen Ecke arbeiten muss.

Die Liste wurde nach den Attacken auf der Betriebsversammlung immer kleiner, einige kamen und wollten von der Liste gestrichen werden und andere kamen und wussten auf einmal nicht mehr um was es hier ging. Es kamen jede Menge Ausreden und uns wurde klar, dass es der Geschäftsleiter hier mit seinen Tribunal geschafft hat, auf Grund des Schürens von Existenzängsten, die Belegschaft soweit zu bringen, dass sie aus Angst um ihren Arbeitsplatz unsere Liste nicht mehr stützen wollten.

So kamen wir zu dem Schluss, unsere Liste wieder zurückzuziehen, obwohl wir noch genug Kandidaten waren und auch die Stützunterschriften ausgereicht hätten. Aber was wäre passiert, hätten wir die Liste abgegeben. Für alle Ärger am Arbeitsplatz, unangenehme Befragungen, ständiger Druck durch das Tribunal und im Endeffekt hätten uns viele einfach aus Angst um ihren Arbeitsplatz den Rücken gekehrt. Bei Abgabe hätte das Tribunal alle Namen gehabt und dementsprechend auch der Geschäftsleiter und das war unseres Erachtens die Sache nicht wert.

So gehen jetzt einige von uns in die Personenwahl und da sind die Chancen, zumindest für die Leute von der Liste, die bekannt sind, gering. Aber ein paar sind ja auch noch dabei die nicht bekannt geworden sind und vielleicht packt es ja von denen jemand.

Fazit

In einem Unternehmen, wo die Leute massiv unterdrückt werden und mit Existenzängsten unter Druck gesetzt werden, ist es so gut wie unmöglich einen BR zu wählen, der sich für die Durchsetzung der Mitbestimmungsrechte und Einhaltung von Tarifverträgen einsetzt. Der Arbeitgeber hat alle Vorteile auf seiner Seite. Er kann mit Entlassungen drohen. Er kann einen, in der Mehrheit korrupten BR wie hier, durch Drohungen gegen Leute, die den korrupten BR aus den Angeln heben möchten, wieder zu einer Mehrheit verhelfen. Nach dem Motto "Widerstand ist zwecklos" werden so z.B. während BR-Wahlen, aktive Leute im Außenbereich versetzt.

Auch sind schon einige BR-Mitglieder von diesen Tribunalen in Gewerkschaften an führender Stelle vertreten wie z.B. in so genannten Fachgruppen oder in Tarifkommissionen.

Wir haben nur eine Chance, wenn wir solche Leute nicht an führenden Positionen in Gewerkschaften dulden und uns alle aktiv zusammen durch Veröffentlichungen und auch Aktionen gegen solche Tribunale zur Wehr setzen. Gewerkschaft sind wir alle abhängig Beschäftigten und es muss doch möglich sein, dass auch in Betrieben wie diesem, die Meinungsfreiheit und das Betriebsverfassungsgesetz, ohne Repressalien gegen diejenigen die dafür eintreten, durchzusetzen.

Spontius Pilatus


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