Pförtner-Helfer in einem Männerwohnheim (Obdachlose) bei der Caritas in Stuttgart
Der Bericht eines 16e-Jobbers (Name der LabourNet-Redaktion bekannt)
Ich bin vor mittlerweise gut einem Jahr auf einen freien Träger in meiner Stadt
zugegangen, nachdem ich in vielfältiger Weise in den verscheidensten
Betrieben in 1-€-Maßnamen über Jahre mitgewirkt hatte, zeitweise sogar ohne Vergütung.
Es wäre doch ein feiner Zug, wenn man mir ein Stellenangebot unterbreiten könnte?
Gesagt getan. Das Angebot lautete:
Pförtner-Helfer in einem Männerwohnheim (Obdachlose).
16e, befristet auf 2 Jahre, 1.220 brutto, gleich 920 netto.
Nach §1 des Vertrags waren die AVR (Allgemeine Vertragsrichtlinien) ausgeschlossen!
Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, denn dass ist ja wirklich wenig Geld, und
wenn man bedenkt, daß 75% gefördert werden und unsere (schwarzen) Herren im Rathaus noch
300 Euros jeden Monat dem Arbeitgeber drauflegen, weil sie die Mieten für die ALGIIler sparen...,
also arbeitete ich dann sogar kostenlos. Und großer Schmerz: In diesem Programm wird keine
Arbeitslosenversicherung abgeführt, d.h. danach gehts direkt in ALGII zurück!
Auch für meine spätere Rente würde ich in diesen 2 Jahren nichts Positives erreichen können.
Nach Arbeitsaufnahme zeigte sich zudem rasch, daß ich kein zusätzlicher Mitarbeiter war, schon
gar kein Pförtner-Helfer, sondern ein eigenverantwortlich arbeitender Pförtner. Die hausinternen
Regelungen des AVR wurden auf mich angewendet.
Ich wurde fast ausschliesslich zur Nachtzeit, an Wochenenden und Feiertagen
eingesetzt, Zuschläge wurden keine vergütet.
Auslaufende Verträge fest angestellter Kollegen wurden nicht verlängert!!!
Ich habe dann folgende Einrichtungen von diesem Vorgehen informiert:
- Bereits bei Vertragsbeginn noch die ver.di - die wurden nach 3 Monaten mal
schleppend tätig, nachdem ich beim Chef vorgesprochen habe. Allerdings nur
in meiner Sache, nicht wegen dem Vorgang insgesamt...hmmm
- Kurz darauf die Arbeitsagentur, die haben nicht geantwortet.
- Etwas später die Mitarbeitervertretung (MAV) der Einrichtung, die sich aber
durch die Bank weg weigerten, meine Interessen zu vertreten.
Nachdem mein Begehren nach Tarif-Vergütung nach fast 4 Monaten von der verdi
dann dem Arbeitgeber schriftlich vorgelegt wurde, hat man dies ohne zögern
bestätigt, jedoch bereits wenige Tage darauf eine Kündigung ausgesprochen,
die jedoch nach unserem Kenntnisstand der MAV NICHT vorgelegt wurde.
Ganz zuletzt habe ich den Ombudsmann kontaktet, der hat sich herausgeredet,
von wegen befangen und so.... hmmmm
Inzwischen wurden Nachzahlungen geleistet, die nach Überprüfung jedoch
zeigen, daß noch immer 2.100 € zu wenig ausbezahlt wurden!
Wie ihr seht, habe ich mich bemüht zu diesem Problem Hilfe zu finden. Anscheinend ist dieses Eisen jedoch so heiss,
daß es niemand in die Hand nehmen möchte.
Es steht zu vermuten, daß nach Wegfall vieler 1-€-Jobs (und somit der
lukrativen Regiegelder!!!) nach neuen Geldquellen geschaut worden ist.
Hier liegt ganz klar ein Fall von Lohn-Wucher vor, zudem noch mit
Abhängigen, das ist mit Strafe belegt! Vereinzelte Kontrollen von mir haben
bestätigt, daß diese Vorgehensweise breit angelegt ist in unserer Stadt (und
anderswo auch?)
Auch die ablehnende Haltung der MAV ist strafbewehrt!
Es kann doch nicht angehen, daß gute Leute entlassen werden und ALG1 aus
Nürnberg beziehen, damit neue Leute zu Niedrigstkonditionen eingestellt
werden, die dazu noch zu 100% finanziert werden. Alles aus dem Topf aus
Nürnberg bezahlt! Und wenn wirklich mal Geld benötigt wird für Projekte oder sei es
nur für einen Umzug oder einen armen Knopf, dann wird gejammert, es sei kein
Geld da.
Aber hier werden Millionen und Abermillionen verteilt. ohne dass jemand
Kontrollen macht, ohne dass jemand zur Verantwortung gezogen wird!
Wir möchten wissen: Ist es ein Einzelfall? Wer kann noch von seinen Erfahrungen als 16e-Jobber berichten und/oder weiss, wo es wie viele davon gibt? Bitte Mail an die Redaktion des LabourNet Germany: redaktion@labournet.de
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