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Updated: 18.12.2012 15:51
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Die sozialistische Bewegung

Kommentar von Karl-Heinz Thier zu den Diskussionsbeiträgen »Die Reichtümer teilen, nicht das Elend«? von Werner Imhof und Christoph Jünke

Die Linken in der sozialdemokratischen Bewegung (SPD, Grüne, PDS) setzen darauf, dass das Kapital aus reinem Selbsterhaltungstrieb noch einmal einen Sozialstaat zugesteht, weil sonst die Institution Staat zum Teufel ginge, den es für seine verdeckte Ausbeutung braucht. Wir haben jedoch im Faschismus gesehen, dass das Kapital notfalls auf Staat und Sozialstaat verzichtet, weil sich seine Profite auch mit einer Volksbewegung sichern lassen – für eine begrenzte Zeit, lange genug jedoch, um Werte zu vernichten, d.h. Krieg zu führen, und dadurch wieder eine „natürliche“ Nachfrage zu schaffen: „Wir wollen jetzt allen Streit vergessen und unser Land wieder aufbauen.“ In Wirklichkeit wird ein für das Kapital funktionierender Staat wieder aufgebaut. Der Kapitalismus ist nicht das Ende einer Entwicklung; er führt notwendigerweise weiter in den Faschismus, in eine Schleife, in der er sich selbst erneuert. Trotzdem muss der Sozialabbau so lange wie möglich gestoppt werden. Wenn jedoch diese Zeit nicht genutzt wird zum praktischen Aufbau einer Alternative zum Kapitalismus, kann er sich durch seine Schleife regenerieren.

Wenn die Alternative Bestand haben will, muss sie einerseits die Logik des Kapitalismus verstanden haben, andererseits aber nicht einfach das Gegenteil machen wollen, weil sie dadurch immer noch die Logik des Kapitalismus bestätigen würde. Ein autonome Alternative lässt sich nur aufbauen, wenn sie unterbewusst in den Menschen schon da ist und die Menschen nur ermutigt werden müssen, sich mehr auf sie, d.h. ihre natürlichen Bedürfnisse, zu verlassen als auf die Bedürfnisse, die ihnen eingeredet werden. Das heißt: Es geht auch ohne Patriarchat, Eigentum, Tausch, Geld, Waren, Wettbewerb, Staat, Wirtschaftswachstum, Kapitalismus, Faschismus. Die Menschen produzieren das, was sie brauchen, gemeinsam und teilen es unter sich auf. An vielen Orten realisieren sich solche Alternativen (freie Kooperativen, free shops, freie Schulen, freie Radios, free magazines ...), ohne dass sie sich ihrer gemeinsamen Richtung bewusst sind. Ein Austausch ihrer Erfahrungen würde sie ihre gemeinsame Kraft bewusst werden lassen: Die Menschen können sich selbst am Leben erhalten, ohne Mittel (Geld) und ohne Mittler (Repräsentanten). Die Perspektive einer gemeinschaftlichen Produktion ist also nicht versperrt, sondern geöffnet.

So wird die Profitlogik strukturell gefährdet, aber nicht durch eine Verteidigung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Die SPD will sie gerade ein klein wenig verschlechtern, damit sie von der CDU/CSU nicht brutal verschlechtert werden. Fakt ist, sie werden verschlechtert und haben sich in den letzten 20 Jahren kontinuierlich verschlechtert. Wie sollte es auch anders sein? Im Kapitalismus hat die Ökonomie das Primat über die Politik.

Was der sozialdemokratischen Bewegung fehlt: sie gibt ihre Vermittlerfunktion, auf der der ganze Kapitalismus beruht, nicht auf. Sie greift die vorhandenen Ansätze nicht auf, dass Menschen sich selbst von entfremdeter Vergesellschaftung befreien und selbst produzieren wollen, was sie brauchen. Sie lässt die Menschen praktisch nicht erfahren, wozu sie fähig sind. Sie ergreift die Menschen nicht.

Die alternative Bewegung greift Einstellungen der Menschen auf, die dem Kapitalismus gefährlich werden:

  • Mir geht es gut ohne (fremdbestimmte) Arbeit.
  • Man braucht nicht viel zu einem guten Leben; das wenige aber nehmen wir uns ohne eine Gegenleistung. Wir haben ein Recht auf Nahrung und Wohnung ohne Gegenleistung.
  • Ich tu nur das, worauf ich Lust habe.
  • Wir organisieren uns selbst.
  • Wir bilden uns selbst.
  • Wir machen unsere eigene Presse, unsere eigene Kultur, unser eigenes Wohnprojekt, unsere eigene Versorgung, unsere eigenen Reparaturen.

Wenn sich herumspricht, wie das Spaß macht, schwillt die Bewegung an.


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