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Updated: 18.12.2012 15:51
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Auch in Münster: Neujahrsproteste vor und in der Arbeitsagentur

Anti-Hartz-Aktionen an der Wolbecker Straße

„Die Arbeit geht aus - Agenturschluss!“: Unter diesem Motto hatte das lokale „Bündnis: Besser Leben!“ für den ersten Werktag des neuen Jahres, Montag, den 03. Januar, zum Protest vor der „Agentur für Arbeit“ an der Wolbecker Straße aufgerufen. Im Rahmen der bundesweiten Aktion „Agenturschluss“, die in über 80 Städten mit unterschiedlichen Protestformen durchgeführt wurde, beteiligten sich in Münster zwischen 60 und 80 Menschen an einer Kundgebung vor der
Arbeitsagentur.

Bei der kommunikativ angelegten Protestaktion wurden warme Getränke ausgeschenkt sowie belegte Brötchen, Früchte und hausgebackene sog. „Arbeitsplätzchen“ unter den Teilnehmenden verteilt. Für musikalische Untermalung sorgte der Münsteraner Liedermacher „Baxi“. Demonstranten und Passanten konnten sich am „offenen Mikrofon“ äußern, außerdem wurden
schriftliche Kommentare zu Hartz IV gesammelt.

Aus christlicher Sicht äußerte sich die Theologin Barbara Imhoff in ihrem Redebeitrag zu den Auswirkungen der Sozial-Reformen. Wie entwürdigend Hartz IV im Alltag wirke, habe sie gerade an diesem Morgen erlebt, als sie Reform-Betroffene mit Tränen in den Augen aus den Büros der
Agentur-Sachbearbeiter habe hinauskommen sehen. Imhoff: „Als Christin weiß ich, dass es nicht richtig sein kann, dass Menschen so entwürdigend behandelt werden.“ Peter Bußfeld vom Bündnis: Besser Leben! charakterisierte in einer arbeitskritischen Ansprache die Agentur für Arbeit „als eine der Institutionen staatlicher Elendsverwaltung“, deren Aufgabe „die Kontrolle und Überwachung,
die Abstrafung und arbeits-therapeuthische Behandlung der ihr ausgelieferten Erwerbslosen sog. "Kundinnen und Kunden'“ sei. Er gab als Perspektive aus, „mit den immer schmerzhafteren kapitalistischen Experimenten und mit der gesamten Markt-Miss-Wirtschaft endlich Schluss zu machen.“ Das bedeute, so Bußfeld, allerdings nicht, dass zunächst nicht weiterhin Forderungen wie
„Hartz IV stoppen!“ gestellt werden müssten, die auch innerhalb des bestehenden Systems umzusetzen seien.

In einem Resümée der Protestaktionen betonte Torsten Bewernitz, ebenfalls aktiv im Bündnis: Besser Leben!, dass es im neuen Jahr darauf ankomme, „den Protest gegen die neuen Regelungen weiter zu verstetigen“. Wichtig sei in Zukunft vor allem „ein kritischer Umgang mit dem als Hartz IV bekannten Gesetzespaket im Alltag.“ Es gehe nicht darum, „Politiker zu überzeugen, sondern mit den Adressaten der Sozialreformen ins Gespräch zu kommen.“ Dazu gehörten, so Bewernitz, auch die Angestellten der Agenturen: „Die Arbeitsagenturen sind deshalb die richtige Adresse für den Protest. Hier ist der Ort, wo ein Austausch der Betroffenen stattfinden kann.“ Bewernitz verwies
darauf, dass Neuregelungen wie etwa die Einführung des „Arbeitslosengeldes Zwei“ (ALG II) auf berechtigte Empörung stießen. „Heute haben wir sowohl den Hartz-IV-Betroffenen als auch den Ausführenden der Reformvorgaben die Gelegenheit geboten, über ihre Situation zu sprechen und alternative Handlungsmöglichkeiten auszuloten.“ Die Angestellten der Agentur würden
entsprechend aufgefordert, ihre verbliebenen Spielräume so weit wie möglich im Sinne ihrer Klientel zu nutzen.

Am Rande der angemeldeten Kundgebung nutzten zwischen 20 und 30 Personen die Gelegenheit, ihren Protest auch innerhalb des Agenturgebäudes zum Ausdruck zu bringen. Ungefähr zehn junge Frauen und Männer überbrachten ALG-II-Empfängern und Agentur-Angestellten einen „hartzlichen Glückwunsch“, schenkten Sekt und Saft; später auch Kaffee aus und verteilten Gebäck. Gegen Ende der Kundgebung präsentierten Demonstranten aus allen Altersgruppen in einer Stop-and-Go-Aktion das bereits auf mehreren Montagsprotesten gezeigte Münsteraner Agenturschluss-Transparent auf den Fluren der Arbeitsagentur. Sprecher mehrerer beteiligter Initiativen äußerten sich dahingehend, dass die bundesweite „Agenturschluss“-Aktion den Auftakt zu einem weiteren
Protestzyklus darstelle. In Münster wollen sich die beteiligten Gruppen im neuen Jahr vor allem auch um eine alltagspraktische Unterstützung der Reform-Betroffenen bemühen. Dazu bietet die unabhängige Gewerkschaft „Freie Arbeiter-Union“ einen Begleit-Service für Agenturbesuche an. „Nach Sozialgesetzbuch X ist es möglich, sich durch einen Beistand begleiten zu lassen“, erläuterte Bewernitz. Interessenten können sich an die Mail-Adresse faums4@fau.org wenden.


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