junge Welt in Gefahr
(.) Damit diese Zeitung weiter existieren kann, wenden wir uns heute an alle Nutzerinnen und Nutzer der jungen Welt mit der Bitte, ein Abonnement abzuschließen. Ansprechen möchten wir zunächst jene, die jW im Internet nutzen, am Kiosk kaufen oder irgendwo mitlesen - aber noch kein eigenes Abo haben. Wir bitten aber auch alle Abonnentinnen und Abonnenten, im Rahmen dieser Kampagne im Freundes- und Bekanntenkreis ein reguläres Abonnement zu werben oder zu verschenken. (.) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Verlag und Redaktion der Tageszeitung junge Welt" Meldung vom 06.10.2012
Außen hui - Innen pfui. Junge Welt konkret: Wer sich gegen Lohndumping wehrt, bekommt Hausverbot Hausverbot nach Lohnkonflikt bei der jungen Welt
Über 11 Jahre schrieb Rainer Balcerowiak in der jungen Welt über Gewerkschafts-, Verkehrs- und Sozialpolitik. Er berichtete über Streiks, interviewte Gewerkschafter und Menschen, die sich wehrten. Hunderte seiner Artikel wurden vom LabourNet Germany in den unterschiedlichsten Rubriken verlinkt oder dokumentiert. Damit ist Schluss! Rainer wurde gefeuert! Er wurde von einer „linken“ Tageszeitung gefeuert und mit Hausverbot versehen, weil er es wagte, sich selbst gegen unzumutbare Arbeitsbedingungen zu wehren. Es ist leider wohl nicht damit zu rechnen, dass dieser arbeitspolitischer Skandal in der „linken, marxistisch orientierten, überregionalen Tageszeitung mit einem hohen Anteil an Hintergrundberichten und umfassenden Analysen“ (Eigendarstellung jw) veröffentlicht wird. Siehe daher hier dazu:
Arbeitsgericht entschied in erster Instanz: Festanstellung von Rainer Balcerowiak bei junge Welt konstatiert, alle anderen Forderungen des Klägers zurückgewiesen
"Jahrelang arbeitete der Journalist Rainer Balcerowiak als Pauschalist für die Tageszeitung junge Welt. Seit 2006 bot ihm der Verlag 8. Mai GmbH eine Festanstellung an - in der Regel zu besseren Konditionen als im Haustarif vorgesehen. Der Kollege lehnte das ab mit der Begründung, es seien »intelligente Lösungen« zu finden, um seinen Status als Pauschalist nicht verändern zu müssen (jW berichtete). Auch 2011 erhielt er ein Angebot zur Festanstellung. Gespräche und Verhandlungen wurden allerdings abgebrochen, als Balcerowiak Klage beim Arbeitsgericht in Berlin einreichte und darin beantragte, daß das Gericht feststellen möge, daß er sich »seit dem 1.7.2000 in einem Arbeitsverhältnis als Redakteur bei einem Anspruch auf Zahlung einer Festvergütung in Höhe von 4401 Euro brutto monatlich befindet« und daß jW verurteilt werden solle, an ihn »107524 Euro nebst Zinsen« zu zahlen. Der Verlag wertete spätestens dies als Hinweis darauf, daß Balcerowiak nicht mehr als Pauschalist bei der jungen Welt arbeiten will und kündigte daraufhin fristgerecht den Pauschalistenvertrag." Meldung in der jungen Welt vom 27.1.2012
Gegendarstellung der jungen Welt
Am Donnerstag, 09.02.2012, schrieben wir: „… Es ist leider wohl nicht damit zu rechnen, dass dieser arbeitspolitischer Skandal in der „linken, marxistisch orientierten, überregionalen Tageszeitung mit einem hohen Anteil an Hintergrundberichten und umfassenden Analysen“ (Eigendarstellung jw) veröffentlicht wird.“ Wir korrigieren uns gerne, siehe:
- Gegendarstellung: Vielfältige Allianzen
„Eine Zeitungsredaktion ist dazu da, eine Zeitung zu machen, nicht, um über sich selbst zu berichten. Eine Ausnahme ist, wenn sich Behörden, Justiz oder politische Öffentlichkeit mit ihr befassen. Das ist bei jW von Zeit zu Zeit der Fall. Die jeweilige Aufregung wird mal von ihrer bloßen Existenz ausgelöst, mal von Informationen und Meinungen, die sie verbreitet. Es geht aber auch andersherum, wie die letzten Tage zeigten: jW wird Gegenstand, ohne sich geäußert zu haben oder befragt worden zu sein. Anlaß ist eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung, in der sich der Verlag 8.Mai GmbH, der jW herausgibt, seit Dezember 2011 mit dem Kollegen Rainer Balcerowiak befindet…“ Gegendarstellung von Arnold Schölzel in junge Welt vom 11.02.2012 . Aus dem Text: „… Am Freitag verließ die Angelegenheit aber die Anpöbelsphäre und wurde vom Internetportal labournet.de aufgegriffen, einer Webseite, die mit jW öfter kooperierte und einige Resonanz unter linken Gewerkschaftern hat. Auch dort hielt man es nicht für nötig, jW um eine Stellungnahme zu bitten. Diese Verabschiedung vom Journalismus schmückten die Macher damit, daß sie von jW als einer »linken« Tageszeitung nur in Anführungszeichen schrieben…. jW-Redaktion, Verlag und Genossenschaft haben sich daher entschlossen, mit der folgenden Darstellung zum Tarifgefüge im eigenen Haus und zum aktuellen Konflikt an die Öffentlichkeit zu gehen. Zum Haustarifvertrag bei der jungen Welt“
Dazu die LabourNet Germany-Redaktion: Wir haben die jW nicht um eine Stellungnahme gebeten, weil wir erstens aus Erfahrung nicht mit einer solchen rechneten und weil wir zweitens die verlinkten Darstellungen für glaubwürdig hielten, da uns seit Jahren diverse Informationen über Entlohnungsprobleme bei der jW vorliegen, die wir jedoch um des Informantenschutzes willen nicht veröffentlichten.
- Zum Haustarifvertrag bei der jungen Welt
Darstellung zum Tarifgefüge im eigenen Haus und zum aktuellen Konflikt in der jungen Welt vom 11.02.2012 . Aus dem Text: „… Zwischen der jungen Welt und dem bisherigen jW-Autor Rainer Balcerowiak gibt es auf sein Bemühen hin eine juristische Auseinandersetzung. Aufgrund einer Reihe von größtenteils unrichtigen Behauptungen, die seit einigen Tagen im Internet darüber und über die Vergütung der Journalisten und Mitarbeitenden der jungen Welt kursieren, möchten Verlag, Redaktion und Genossenschaft der jungen Welt folgendes klarstellen: (… ) 5. Auch dem Kollegen Rainer Balcerowiak wurde seit 2006 regelmäßig eine Übernahme in die Festanstellung angeboten, was dieser aber immer wieder ausdrücklich ablehnte, weil er diverse Vorteile des Status eines freien Journalisten weiter nutzen wollte. Zuletzt wurde ihm Ende 2011 ein Bruttogehalt angeboten, was über seinem bisherigen Pauschalhonorar und über den im Hause üblichen Tarifen lag. Gespräche wurden selbst dann noch geführt, als Rainer Balcerowiak per Anwalt eine rückwirkende Festanstellung mit einer Entlohnung in Höhe von 4401 Euro monatlich sowie eine Nachvergütung in Höhe von über 107000 Euro innerhalb von 14 Tagen von der jungen Welt einforderte. 6. Die Gespräche wurden abgebrochen, als Rainer Balcerowiak für die Durchsetzung seiner oben genannten Forderungen das Arbeitsgericht eingeschaltet hatte….“Siehe dazu:
Gegendarstellung von Rainer Balcerowiak
Gegendarstellung per e-mail an die LabourNet-Redaktion am 11.2.2012. Aus dem Text: „… Ein mit der Gewerkschaft abgeschlossener Haustarifvertrag, der die Entgelthöhe und Gehaltsgruppen festlegt, existiert bei jW nicht. Der 1998 abgeschlossene Tarifvertrag besteht nur aus einer pauschalen Öffnungsklausel. (..)Ich habe weder 2006 noch 2011 eine Festanstellung abgelehnt, sondern lediglich darauf bestanden, für diesen Fall keine Nettoeinkommensverluste hinnehmen zu müssen. Seine 2006 gegebene Zusage, ein entsprechendes Angebot vorzubereiten, hat der Geschäftsführer bis heute nicht eingehalten. (…)Die von einem Betriebsrat vorgeschlagene und von mir akzeptierte Hinzuziehung eines neutralen Vermittlers mit dem Ziel einer außergerichtlichen Einigung wurde vom Geschäftsführer kategorisch abgelehnt. Daher war die Aufrechterhaltung der Klage die einzige Möglichkeit, um nicht als rechtloser Bittsteller dazustehen (…) An einer irgendwie gearteten „Allianz“ gegen die jW bin ich weder beteiligt, noch entspräche das meinen Intentionen. Trotz aller Mängel ist jW immer noch eines der wichtigsten Medien linker Gegenöffentlichkeit.“
Dazu die LabourNet Germany-Redaktion: Letzteres sehen wir ebenso. Zusammenhalt in der Linken und damit auch mit der jw ist selbstverständlich geboten. Das entlässt aber niemanden aus der Verantwortung, sich arbeitsrechtlich besser als diejenigen zu verhalten, die wir kritisieren. Sorry, aber bei aller Solidarität (wir linken bekanntlich viel v.a. auf gewerkschaftspolitische Artikel aus der jW und hatten uns auch bei der umstrittenen Mauer-Titelseite, bei aller Kritik, ausdrücklichst gegen jegliche Boykott-Aufrufe ausgesprochen!), können wir es nicht vertreten, die jW als Arbeitgeber anders zu behandeln, als wir es z.B. mit Gewerkschaften als Arbeitgeber tun...
Kommentar der LabourNet Germany-Redaktion
Uns erreichten seit dem etliche Zuschriften, auch von jW-RedakteurInnen. Es gab Spaltungsvorwürfe (die wir abweisen), bestätigende Hintergrundinformationen (die wir leider nicht veröffentlichen können), aber auch vermittelnde Zwischentöne. Letztere haben uns belehrt, dass es in der Geschichte der jW durchaus arbeitsrechtliche Konflikte gab, die nicht zu Hausverbot und Kündigung führten. Daher ziehen wir die bisherige Überschrift „Wer sich gegen Lohndumping wehrt, bekommt Hausverbot“ zurück und aktualisieren: „Hausverbot nach Lohnkonflikt bei der jungen Welt“.
Eine Kollegin von R.B. schrieb zudem an die LabourNet-Redaktion: „Aber die 107 000 wurden erst mal von ihm und seinem Anwalt in den Raum gestellt. Und das hat uns geschockt, da es die jW nicht verkraften würde; und er hatte mit den meisten von uns ja nie ernsthaft über diesen Konflikt gesprochen. Uns gegenüber war es unfair, diese 107 000 im Bericht nicht zu nennen. Diese Zahl und sein gewollter Alleingang sind doch die wesentlichen Gründe, warum es mit ihm wenig Solidarität innerhalb der jW gibt.“
Im Übrigen verweisen wir auf die interessante Debatte unter dem ersten Artikel zum Fall bei duckhome und zitieren hieraus abschliessend Rainer Balcerowiak am 02/04/12: „Pressefreiheit ist ein hohes Gut, nicht nur für linke Gegenöffentlichkeit. Aber soziale und arbeitsrechtliche Mindeststandards sind ein ebenso hohes Gut.“
Scheinselbständigkeit bei der "jungen Welt"
„Die nach eigenen Angaben "marxistisch orientierte" Tageszeitung "junge Welt" macht durch Scheinselbständigkeit, Dumpinglöhne und Kündigungen nach Gutsherrenart auf sich aufmerksam – nicht anders als Schlecker und Lidl...“ Beitrag auf Indymedia vom 07.02.2012. Der Beitrag selbst ist auf Indymedia nicht mehr zu finden, er wurde aufgrund der Moderationskriterien versteckt, ist aber bei der LinkeZeitung gespiegelt worden
Junge Welt praktiziert das Herr-im-Haus-Prinzip
Langjähriger Redakteur will Festanstellung und armutsfestes Gehalt – und wird gefeuert. Kommentar von Edith Bartelmus-Scholich auf Scharf-Links vom 04.02.2012
Junge Welt - Da grinst Stalin freundlich aus seiner Gruft
„Der Widerstand gegen Dumpinglöhne und prekäre Beschäftigung nimmt in der Berichterstattung der laut Selbstverständnis „linken, marxistisch orientierten“ Tageszeitung Junge Welt viel Platz ein. Betriebliche und gewerkschaftliche Aktionen oder auch Prozesse gegen Arbeitgeber werden regelmäßig mit Berichten, Reportagen, Analysen und Interviews unterstützt. Ganz anders sieht das allerdings aus, wenn es derartige Konflikte bei der Jungen Welt selbst gibt...“ Beitrag von Jochen Hoff auf seinem Wegblog duckhome vom 02.02.2012 |