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Updated: 18.12.2012 15:51
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Flucht nach vorne: Hintergründe zur Unternehmenspolitik von Starbucks

Der erfolgsverwöhnte Kaffeegigant steckt in der Krise. Starbucks, das 2007 insgesamt 160 Mio. Kilo Kaffee eingekaufte, davon sechs Prozent „fairtrade“, beschäftigt ca. 172.000 ArbeiterInnen. In den letzten fünf Jahren hatte sich die Anzahl der Starbucks-Filialen weltweit nahezu verfünffacht. Bei der Wahl der Standorte ging und geht man nach der sogenannten „Cluster“-Methode vor. Überall wo ein neuer Starbucks eröffnet wurde, folgten bald weitere Läden. Das führte in den USA irgendwann dazu, dass die Filialen begannen, sich gegenseitig Konkurrenz zu machen; Umsatzeinbußen von 20-30 Prozent waren die Folge. Diese Situation wird zudem durch die Immobilienkrise weiter verschärft, da sich viele Standorte nicht so dynamisch entwickelten, wie von den Starbucks-Analysten prophezeit. Hinzu kommt die stetig wachsende Konkurrenz durch Fastfood-Ketten, wie z.B. McDonalds, Subway oder Dunkin' Donuts, die sich zum Teil auf ein bedeutend umfangreicheres Filialnetz stützen können, und nicht zu vergessen: die mittlerweile entstandene Konsumzurückhaltung im Starbucks-Vaterland.

Konkurrenz erwächst aber auch aus ganz unvermuteter Richtung. So berichtete die Financial Times Deutschland schon im April des Jahres, dass kolumbianische Kaffeebauern Starbucks auf dem europäischen und US-amerikanischen Markt „angreifen“ wollen. Die Vereinigung der Kaffeeproduzenten der Federación Nacional de Cafeteros de Colombia (FNC), mit der verbandseigenen Kaffeehauskette „Juan Valdez“, betreiben schon über 120 Filialen, unter anderem in den USA und Spanien. Bis zum Ende des Jahrzehnts sollen es schon 300 Filialen sein. Konkret geplant sind bereits 50 neue Läden in Schweden, und natürlich ist eine Expansion nach Deutschland nicht ausgeschlossen.

Rosskur

Dass Starbucks in diesem Quartal, seit 16 Jahren das erste Mal, einen Verlust melden musste, ganze 6,7 Mio. Dollar, liegt unter anderem an der Rosskur, die vom Anfang des Jahres zurückgekehrten Firmengründer Howard Schultz verordnet wurde. Allein in den USA werden 600 als unrentabel qualifizierte Filialen geschlossen – 12.000 Angestellte (rund sieben Prozent der Belegschaft), im Firmenjargon beschönigend „Partner“ genannt, müssen die Sachen packen. 200 von diesen Filialen sollten noch bis September im laufenden Geschäftsjahr geschlossen werden, die übrigen 2009. In Australien macht Starbucks 61 von rund 84 Standorten dicht. Gut 70 Prozent der Filialen, die zur Schließung bestimmt wurden, sind eigentlich gerade erst eröffnet worden. Die Kosten, des im Managerjargon verschleiernd genannten „Konzernumbaus“, sollen alleine in den USA bis zu 348 Mio. Dollar betragen.

Berichten zufolge sollen auch in der Essener Deutschland-Zentrale bis Ende des Jahres 22 der insgesamt rund 70 Stellen wegfallen. Dabei hatte Starbucks in Deutschland in den letzten fünf Jahren zweistellige Wachstumsraten hingelegt und ist weiterhin Expansionsziel.

Expansion in Europa und Asien

Von den 15.500 Filialen in 43 Ländern, befinden sich nur rund 4.500 außerhalb der USA. Dieses Zahlenverhältnis wird sich jedoch schon bald auffallend verändert haben. Weltweit sollen dieses Jahr, im Kontrast zu den Schließungen in den USA, insgesamt über 800 neue Läden eröffnet werden. Für das nächste Jahr werden sogar 900 neue Läden anvisiert. Laut dem Wall Street Journal (WSJ) sei bisher in Europa „zu wenig aggressiv“ auf den Markt vorgedrungen worden. Besonders ins Visier der Expansion gekommen sind laut WSJ in Westeuropa Frankreich, England und Deutschland. In Osteuropa sind Polen, Tschechien und die Türkei im Zentrum der Aufmerksamkeit. In China gibt es bereits 600 Starbucks-Coffeeshops.

Ausblick

Neben der wirtschaftlichen Situation, der Immobilienkrise in den USA und der verschärften Konkurrenz durch den Eintritt von Fastfood-Ketten in den Kaffeemarkt usw., ist sicherlich auch noch ein weiter Aspekt entscheidend für die Krise bei Starbucks. Wenn es früher einmal „cool“ war, bei Starbucks seinen Kaffee zu kaufen, dann ist es das jetzt nicht mehr. Das Bild vom freundlichen Arbeitgeber, der seine ArbeiterInnen „Partner“ nennt, hat schon länger einen nicht unwesentlichen Riss bekommen. Die Löhne sind in den USA nicht besonders hoch, die Arbeitsbedingungen dagegen sehr schlecht. Erst im März dieses Jahres verurteilte ein kalifornisches Gericht den Konzern dazu, über 100 Mio. Dollar an einbehaltenen Trinkgeldern auszuzahlen. Flexibilität ist eine Einbahnstrasse und wird von den ArbeiterInnen in einem so hohen Maße verlangt, dass ein irgendwie geregeltes Leben jenseits der Theke kaum mehr möglich ist.

Jeder Versuch der ArbeiterInnen, sich in Gewerkschaften zu organisieren, wird von der Zentrale rabiat bekämpft. Bisher ist es nur den IWW und der CNT-IAA in Spanien gelungen, sogenannte „Baristas“ zu organisieren. Aber das alles geht an den DurchschnittskonsumentInnen womöglich vorbei, zumal es kaum in den Massenmedien berichtet wird. Anders, wenn es um den Umgang des Konzerns mit „seinen“ Kaffeebauern geht oder um die Frage, ob der Kaffee wirklich „fairtrade“ ist. Auch diese beiden einstmals positiv besetzten Bilder haben mittlerweile tiefe Risse bekommen. Ob Starbucks in Zukunft weiter expandieren und den AktionärInnen Gewinne bescheren wird, liegt nicht zuletzt daran, ob es dem Global-Player gelingen wird, sich wieder ein verkaufsförderndes Image zu geben oder nicht.

Artikel von Rudolf Mühland in der "Direkte Aktion 189" (September/Oktober 2008).
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