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Updated: 18.12.2012 15:51
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Lidl Europa: Grenzenlose Ausbeutung

"Normalerweise haben die Menschen in Deutschland Angst, dass durch die Bedingungen in Osteuropa hiesige Sozialstandards unter Druck kommen - bei Lidl ist es umgekehrt: Sozialdumping wird aus Deutschland exportiert." Mit diesen Worten stellte der stellvertretende ver.di Vorsitzende Frank Werneke Ende Juni das "Schwarz Buch Lidl Europa" in Berlin vor. Dort wo der Lebensmitteldiscounter sich breit macht, werden nicht nur rigoros Billiglöhne, sondern auch niedrige Erzeugerpreise eingeführt. Trotz ständiger Verstöße gegen Arbeitsgesetze bekommt der Handelsriese 300 Millionen Euro Kredite von der Europäischen Bank für Wiederaufbau, einer Tochter der Weltbank IFC. Der seit 1990 expandierende Einzelhandelsriese hat mittlerweile 100.000 Beschäftigte und 6500 Filialen in Europa.

Gegenüber dem im Dezember 2004 erschienenen "Schwarz-Buch Lidl", das die Arbeitsverhältnisse des Einzelhandelsriesen in der Bundesrepublik aufzeigt, kommen mit den neuen Veröffentlichungen der Gewerkschaft jetzt die Grausamkeiten des Kapitalismus in Osteuropa an die Oberfläche. Am härtesten trifft es die Beschäftigten in Polen. Mit Halbtagsverträgen wird dort bis 14 Stunden täglich gearbeitet. Überstundenbezahlung gibt es nicht, die Arbeitsvorgaben sind extrem hoch. In Vier-Stunden-Schichten müssen 240 Kunden kassiert oder Ware aus- und eingeräumt werden. Eine Europalette Ware muss in 15 Minuten in den Regalen sein.

In Griechenland wird für Überstunden nur den Regelstundensatz gezahlt. Den Sozialversicherungen entgehen dadurch Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge in Millionenhöhe. Im französischen Nantes wurden in einer Filiale mehr Kameras zur Überwachung der Beschäftigten installiert, als im örtlichen Gefängnis. Allerdings kann die kommunistische Gewerkschaft CGT auch Erfolge verbuchen. Mit Streiks wurde Lidl an den Verhandlungstisch gezwungen um höhere Löhne durchzusetzen. In Italien reichen die Löhne des Billighändlers gerade um die durchschnittliche Miete in den Großstädten zu zahlen. In der spanischen Stadt Valencia ließ der Konzern bis Juni 2006 seine Filialen von der Sicherheitsfirma Lavantina de Sequridad überwachen. Eigentümer ist der in Spanien bekannte Neonazi Roberto Navarro. Gegen die Firma gibt es zahlreiche Anzeigen wegen Körperverletzung. Mehrere ihrer Angestellten sind wegen Drogenhandel und Waffendiebstahl verurteilt oder sitzen in Untersuchungshaft.

Etwas weniger Ausbeutung gibt es in Skandinavien. Dort haben die Gewerkschaften die gesetzliche Möglichkeit von außen auf die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften zu pochen. Eine Errungenschaft, die noch aus den 60er Jahren besteht. Entlassungen können sie auch dort nicht verhindern. So wird in Schweden innerhalb der sechsmonatigen Probezeit vom Unternehmen fast immer gekündigt.

Lidl verhält sich in allen Ländern extrem gewerkschaftsfeindlich. Auch in Deutschland gibt es nur in vier von 2700 Filialen Betriebsräte. Um Interessenvertretungen zu verhindern, werden Gewerkschaftsmitglieder entlassen. Wo dies nicht möglich ist werden selbst gutgehende Filialen, wie in Baden-Württemberg geschlossen. Um den Discounter-Konzern an die Kette zu legen, ist es notwendig den gewerkschaftlichen Widerstand über die Grenzen hinweg zu organisieren. Mehr öffentliche Aktionen zu starten.

Herbert Schedlbauer, 14. Juli 2006


Schwarz Buch Lidl Europa, Broschur, Berlin 2006, 140 Seiten, ver.di GmbH medien buchhandel verlag. Preis 9,90 € zzgl. Versand. Bestellung: manuela.broemert@verdi.de , Fax 030 6956 3872.


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