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Updated: 18.12.2012 15:51
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Bericht über die Generalversammlung des SNRTE im streikenden Werk von Euzkadi (Continental) am 30.Mai 2004

(Rückbericht der Delegationsreise nach Europa und in die BRD im Mai 2004)

Nach intensiven Aktionen anläßlich des Guadalajara Gipfels – wo der Fall von Euzkadi erneut als konkretes Kampfbeispiel gegen die illegalen Maßnahmen eines europäischen transnationalen Konzerns hervorstach und nach der folgenden Einleitung einer zentralen Mobilisierung zum 28. Mai –, finden wir uns jetzt zur Generalversammlung der Streikenden zusammen, um über die Resultate der Rundreise zu berichten.

Die letzte Generalversammlung des SNRTE fand am 15. Februar, zwei Tage bevor die JFCA in ihrer Resolution über den Streik entschieden, statt. So umfasst dieser Bericht diese ganze Periode, welche so außerordentlich positiv für unsere Gewerkschaftsorganisation war.

An der Versammlung nahmen ca. 400 KollegInnen teil, eine sehr gute Anwesenheitsbilanz, wenn man bedenkt, dass mindestens 100 von den KollegInnen in den USA illegal beschäftigt sind.
Bevor begonnen wurde, wurde der Film “David gegen Goliath” von Michael Enger ausgestrahlt. Obwohl er auf deutsch gezeigt wurde, konnten die Bilder vermitteln, welche Bedeutung der Film hatte, um die Informationen über die Kampfsituation und die soziale Situation der ArbeiterInnen und ihrer Familien in Deutschland zu verbreiten [1].

Seine Bedeutung während der Rundreise wurde noch unterstrichen, er ist ein sehr nützliches Medium/Material für alle KollegInnen, die sich für diesen Fall interessierten. Außerdem fügten wir noch andere Materialien hinzu, damit die KollegInnen ein Bild der Breite und Bedeutung der Aktivitäten bekommen.

Wir zeigten eine Karte von allen besuchten Ländern mit der jeweiligen Delegation, Zeitungsartikel, die von Teresa Avila und den KollegInnen aus München übersetzt worden waren, die Liste von Organisationen, die die Reise finanziert hatten (Heinrich Boll, Stiftung Menschenwürde Welt, Solifonds und ein kleiner Beitrag der Rosa Luxemburg Stiftung) ebenso wie auch die Organisationen und die KollegInnen, die in den Organisationen arbeiten (FIAN, German Watch, Coordinación Alemana por la Defensa de los Derechos Humanos en México, CIFCA, Friedrich Ebert, Attac, Accionistas Críticos, Intersoli, Chemikiers, LaborB*, Lars Stubbe y Gerard Flo-renson) und andere Materialien, zum Beispiel die kleinen Poster von LaborB*, die die Filmpräsentation ankün-digen, sowie den Brief an Schröder.

Die eingeladenen Ehrengäste dieser Versammlung waren der Abgeordnete Pablo Franco und die Genossin Martha Ibero von CIFCA, die dank ihrer Aktivitäten während des Gipfels anwesend sein konnte. Beide ergrif-fen das Wort, um die Bedeutung der Rundreise hervorzuheben, und auf die, in Zukunft folgenden Schritte, zur Verbreitung und Unterstützung des Konfliktes aufmerksam zu machen.

Und obwohl FIAN, German Watch und die deutsche Menschenrechtskoordination in Mexiko nicht anwesend waren, wurde erneut ihre Beteiligung betont. Seit dem Beginn des Konfliktes hatten diese Gruppen eine grundlegende Rolle in der internationalen Bekanntmachung des Konfliktes gespielt.

Außerdem wurden die Grußworte der KollegInnen von Uniroyal verlesen. Sie bedanken sich für die Unterstützung der SNRTE, mit der zusammen sie die “Frente de trabajadores en defensa del contrato ley” (Arbeiterfront zur Verteidigung des Vertragsrecht) bilden, und kündigten an, dass sie, dank der internationalen Arbeit der SNRTE eine Reise nach Italien und Frankreich antreten können, um dort, mit Unterstützung der französischen CGT, ihren eigenen Kampf gegen den transnationalen Konzern Michelín publik zu machen.

Der Bericht des Exekutivkomitees der SNRTE, vorgestellt von Jesús Torres, war einer der ausführlichsten und enthusiastischen Berichte seit Beginn des Konfliktes.
Denn abgesehen davon, dass in dieser Periode die legale Anerkennung des Streikes erfolgt war, hat auch der Rest der Aktivitäten die Bewegung als eine der bekanntesten und wichtigsten Bewegungen auf nationalem und internationalem Niveau gefestigt.
Die Rundreise in Deutschland wurde als die erfolgreichste der drei bisher realisierten Reisen bewertet, denn sie wirkte sich stärker auf die deutschen Abgeordneten im Europaparlament, den deutschen Botschaften und der UE, aber auch auf die deutschen Gewerkschaften und die großen internationalen Zentralen in Brüssel aus..

Eines der wichtigsten Ereignisse war der direkte Kontakt zu den Mitarbeitern von Continental, über den ausführlich berichtet wurde [2]. Es wurde über die getroffenen Vereinbarungen berichtet, und der Beschluss gefasst, die Vorschläge zu konkretisieren. Einer dieser Vorschläge war, eine dreisprachige Internetseite für die Arbeiter bei Continental auszuarbeiten und dabei die Beziehungen zu den deutschen und ecuadorianischen KollegInnen zu nutzen.

Es wurde auch über die Teilnahme zweier Schlüsselfiguren berichtet, der Abgeordnete Franco und Dr. Alfonso Bouzas wie auch die KollegInnen von General Tire hatten sich zu diesem Zeitpunkt der Delegation angeschlossen.

Als praktische Resultate der Reise wurde der Klageverzicht von Àngel Gutierrez, dem Werksleiter in General Tire genannt. Dies war direktes Resultat des Drucks in der Aktionärversammlung und der anfänglichen Beziehung zu Llanti Systems.

Außerdem wurde erreicht, dass Continental uns empfangen musste. Wir sprachen mit Christopfe Jung, dem neuen Generaldirektor von Mexiko und Euzkadi, dem wir erneut den Vorschlag unterbreiteten, den Kauf des Unternehmens durch eine Gesellschaft aus SNRTE und Llanti Systems zu erforschen.
Dieses mexikanische Unternehmen mit Sitz in Querétaro ist der Hauptkunde von Continental in Mexiko und abgesehen von der Abnahme der Reifen, rechnet Llanti System mit der Ausweitung ihrer eigenen Marke, “Pneustone”, die bereits in den USA produziert. Daher das große Interesse, das Werk von Euzkadi inklusive Maschinen, Gebäude und den mehr als 60 Millionen gelagerten Reifen zu kaufen.

Es wurde berichtet, dass es in der vergangenen Woche (am 26. Mai) ein erneutes Treffen mit deren Vertretern in Guadalajara stattgefunden hatte. Am 3. Juni werden die Vertreter nach Challote, Carolina del Norte um kommen, um Continental Nordamerika einen ersten Projektentwurf vorzustellen, welcher der SNRTE bereits bekannt ist.
Das Treffen dauerte 5 Stunden, die damit verbracht wurden, die grundlegenden Vorschläge zu beleuchten.

Der Generalversammlung wurde klar, dass es sich offensichtlich um eine erste formelle Zusammenkunft handelte, dass es noch viele ungeklärte Details gibt, aber dass es sich um ein sehr interessantes Projekt und einen konkreten Ausweg aus dem Konflikt handelt, den wir aber wiederum mit sehr viel Vorsicht genießen sollten, um keine falschen Erwartungen zu schüren. Abgesehen davon hängt das Projekt auch noch von der Bereitschaft von Continental, deren Antwort wir bald erfahren werden, ab.

Die Vertreter von Llanti System hatten einleitend berichtet, dass Continental positiv gegenüber diesem Projekt gestimmt ist, dass sie wirklich ein Ende für den Konflikt mit der SNRTE finden wollen und dass sie aber zu erkennen geben, dass sie unter gar keinen Umständen bereit sind, die ausgefallenen Löhne oder andere Leistungen an die Arbeiter zu zahlen.
Sie wären aber aufgrund der Beziehung zu Llanti System bereit, statt dessen Mittel in den Kauf des Werkes durch die Vereinigung aus SNRTE und Llanti System fließen zu lassen. Somit würde Continental 50% der Kosten des Werkes tragen.

In diesem Zusammenhang schlug die Repräsentation der SNRTE vor, dass die entsprechenden Abfindungen an die Arbeiter, die mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Continental einhergingen, ausgehändigt wür-den. Die Abfindungen sind im “final y definitiva”-genannten Vorschlag enthalten und sollen die Höhe von 10 %, wie es Jung während der Zusammenkunft in Hannover vorschlug, überschreiten. Von der Höhe der ausgefallenen Löhne sollen die entsprechenden Teile an die SNRTE ausgehändigt werden, damit diese sie für den Kauf des Werkes verwenden können.

Sie sagten, sie hielten es für schwierig, dass Continental diese Konditionen akzeptieren würde, nähmen sie aber zur Kenntnis.

Darum beschloss die Generalversammlung einstimmig die formelle Aufnahme der Gespräche mit Continental und Llanti System, um eine Konkretisierung der Projektentwürfe mit dem Ziel, die beste Alternative für die Arbeiter zu finden, zu verhandeln, auch im Sinne der Arbeiter, die an diesem Projekt (bislang?) nicht teilhaben wollen. Dies obwohl die Mehrheit der Arbeiter für eine erfolgreiche Realisierung des Projekts vonnöten ist, da die Mittel und qualifizierten Arbeitskräfte gebraucht werden würden, um das Werk wieder in Betrieb zu nehmen.

Während des Berichtes gab es drei Unterbrechungen durch die KollegInnen.
Eine, welche die Resultate der Rundreise und andere Neuigkeiten, die von dem Komitee präsentiert worden waren, mit Applaus belohnte.
Außerdem die Entscheidung des, zusammen mit Jesús Torre 1999 entlassenen, Kollegen Salvado Almaguer, die ökonomischen Angebote des Unternehmens abzulehnen, und trotz der Aussicht auf einen legalen Schiedsspruch, den Kampf bis zum Ende fortzuführen.
Eine weitere Unterbrechung entstand durch zwei Kollegen, Pedro Ramirez und Raúl Chanón, welche aus persönlichen Gründen die Abfindung hatten annehmen müssen, die sich aber der Versammlung präsentierten, um sich für die Unterstützung der SNRTE zu bedanken, und darum ihren Beitrag zum Kampf zu übergeben: ein Lieferwagen, der im Rahmen dieser Veranstaltung übergeben wurde.

Beinahe am Ende der Versammlung, tauchte eine Delegation der Bauern aus San Salvador Atenco auf, mit der wir seit Beginn des Konfliktes eine sehr brüderliche Beziehung haben. Sie hatten mit Macheten in der Hand den Platz betreten und riefen Parolen zur Unterstützung der SNRTE, welche den Kampfgefährten einen warmen Empfang bereitete indem sie eine gemeinsame Aktivität am 17. Juli beschloss. Dies ist der 69. Geburtstag der SNRTE, an dem ein Solidaritätsforum im Werk von Euzkadi und weitere Aktivitäten, zu denen auch andere Schwesternorganisationen eingeladen werden sollen, stattfinden werden.

Am Ende wurde beschlossen, einen Protest am 15. Juni in der IMSS in Jalisco durchzuführen. Hintergrund ist die Weigerung des Ersatzes der Gesundheitsversorgung für die Angestellten von Euzkadi und deren Familien. Jeden Tag gibt es mehr Notfälle, die trotz ökonomischer Entbehrungen behandelt werden müssen, oder aber trotz der Zuständigkeit der IMSS durch die Solidarität der Gewerkschaft im Hospital Civil in Guadalajara aufgefangen werden.

Pablo Franco wiederholte sein Angebot, weiterhin aus der Abgeordnetenkabinett Druck auf die IMSS auszuüben, was mit den Aktionen der SNRTE einhergehen soll.

Es war eine außerordentliche Versammlung, die deutlich gemacht hat, dass der zweieinhalbjährige Kampf nicht umsonst war und dass langsam ein Licht am Ende des Tunnels sichtbar wird.

[Übersetzung: Lisa/Labournet Germany]

Anmerkungen

1) Dieser Film lief auch im WDR, wurde in drei von laborB* organisierten Veranstaltungen in Berlin gezeigt (u.a. 100 Interessierten beim gewerkschaftlichen »Perspektivenkongress« im Mai 2004). Der Film wird außerdem mittlerweile als vhs-Kopie unter Beschäftigten herumgereicht und hat den Druck auf Betriebsräte zum Handeln erhöht.

2) Dieser Kontakt entstand während der Berliner Veranstaltungen; bei einem Treffen in Hannover auf dem der BR-Vorsitzende von Continental (IGM) anwesend war hieß es dagegen: “Internationale Solidarität ist eine Sa-che der Vergangenheit”

[weitere und aktuelle informationen unter: http://www.labournet.de/branchen/chemie/conti/euzkadikampf.html oder:http://www.germanwatch.org/tw/continental.htm externer Link
[weitere Kontakte zu den mexikanischen Kollegen oder zu aktiven Gewerkschaftern bei Continental Deutschland und anderen beteiligten Organisationen über info@laborB.org]


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