Wolfgang Kaleck, Rechtsanwalt, Immanuelkirchstraße 3-4, 10405 Berlin
Dr. Konstantin Thun, Rechtsanwalt, Gartenstraße 30, 79098 Freiburg
Roland Beckert, Rechtsanwalt, Gartenstraße 30, 79098 Freiburg
Claus Richter, Rechtsanwalt, Martinstraße 4, 12167 Berlin
Pressemitteilung der Rechtsanwälte der Koalition gegen Straflosigkeit zu den Argentinienverfahren der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth
1.
Die Justizpressestelle des Oberlandesgerichts Nürnberg hat heute eine Presseerklärung herausgegeben
(www.justiz.bayern.de/olgn/presse/info/fr_aktuell.htm), deren Tenor der Erklärung wie folgt lautet:
- I. Das Amtsgericht Nürnberg erließ am 28.11.2003 auf Antrag der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth Haftbefehl gegen den früheren argentinischen
Staatspräsidenten und Chef der argentinischen Militärjunta Jorge Videla (78), den früheren Oberbefehlshaber der Marine Emilio Massera (78) und
den Chef des ersten Heerescorps der Zone 1, Carlos Guillermo Suarez Mason (79). Gegen alle drei Beschuldigte besteht der dringende Tatverdacht
des Mordes in mittelbarer Täterschaft an den Staatsbürgern Elisabeth Käsemann und Klaus Zieschank.
- II. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth stellte das Verfahren gegen den deutsch-argentinischen ehemaligen Produktionsleiter des
Mercedes-Benz-Werkes in Buenos Aires mangels hinreichenden Tatverdachtes ein.
- III. "Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth stellte das Ermittlungsverfahren mangels Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit gegen die
Juntamitglieder und weitere Beschuldigte insoweit ein, als es sich um nicht deutsche Staatsangehörige handelt."
2.
Die Rechtsanwälte der Koalition gegen Straflosigkeit kommentieren dies wie folgt:
- 2.1. Die Koalition gegen Straflosigkeit ist ein Zusammenschluß von Nichtregierungsorganisation (www.menschenrechte.org/koalition)
die seit 1998 gemeinsam mit argentinischen Familienangehárigen von Verschwundenen und Toten der Militärdiktatur und Menschenrechtsorganisationen
auf die Aufklärung der Verbrechen in der Diktatur und Bestrafung der Täter in Deutschland hinarbeitet. Der Erlaß der Haftbefehle gegen die
zwei ehemaligen Mitglieder der argentinischen Militärjunta ist ein großer Erfolg für die mittlerweile fünfjährige Arbeit dieser
Nichtregierungsorganisation. Nach überaus langwierigen und ausf¸hrlichen Ermittlungen ist die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth zu dem
Ergebnis gekommen, dass die Militärjunta ein ÛTerrorregime samt Repressionsapparat mit hierarchischen Befehlsstrukturen errichtet hat,
mit dem Ziel der systematischen Tátung politisch anders Denkender, so genannten "Subversiver". Aufgrund ihrer Willensherrschaft über diesen
organisatorischen Machtapparat, der Kenntnis über dessen Funktionsweise und ihrer absoluten Befehlsgewalt hatten sie unter Ausnutzung
der bestehenden Befehlsketten "regelhafte Abläufe ausgelást, die zur Tötung der nachgenannten Opfer führten".
- 2.2.
Die Einstellung des Verfahrens gegen den früheren Produktionsleiter des Mercedes-Benz-Werks in Buenos Aires Juan T. ist nicht nachvollziehbar.
Wir werden uns dagegen mit allen juristischen Mitteln zur Wehr setzen. Bereits seit längerem hatte die Koalition gegen Straflosigkeit
einen Haftbefehl gegen den ehemaligen Produktionsleiter angeregt, weil ein dringender Tatverdacht bestand, dass dieser durch
die Weitergabe der Adresse eines später verschwundenen Betriebsrates, Diego Nunez am 12.08.1997 Beihilfe zum Mord an Nunez geleistet hat
(ausführlich : www.labournet.de/branchen/auto/dc/ar/haftbefehl.pdf )
3.
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Führt führt das Ermittlungsverfahren nunmehr noch gegen 69 weitere Militärs im Hinblick auf 14 Tatopfer,
darunter auch die Nachkommen zwangsausgebürgerter deutsch-jüdischer Immigranten weiter. Wir hoffen, dass diese Ermittlungen auch bezüglich
der anderen Diktaturopfer zu Ergebnissen und letztlich zu weiteren Haftbefehlen gegen weitere Militärs führen. Im übrigen ist der
Einstellungsbescheid im einzelnen zu analysieren.
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hat zunächst die Presse informiert, ohne bisher die Geschädigten der Straftaten und ihre Opfer Gelegenheit
zu geben, die Bescheide zur Kenntnis zu nehmen. Ob gegen die Teileinstellung bezüglich der nichtdeutschen Tatopfer Rechtsmittel eingelegt
werden und alle weiteren Fragen, müssen daher sorgfältig erörtert werden, sobald uns die Bescheide zugestellt wurden.
Kontakt : Rechtsanwälte Thun und Beckert/Freiburg 0761 ì 202 770, RA.Beckert@Beckert-Thun.De; Rechtsanwalt Kaleck/Berlin 030 - 446 792 12,
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