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Gefährliche Dokumentation

Ein Gerichtsprozeß über "falsche Behauptungen" und Links im Internet

Vor über einem Jahr erhielten wir, das LabourNet Germany, zwei Presseerklärungen der Gewerkschaft hbv, die  wir kurz darauf auf der Seite "Solidarität gefragt!" veröffentlichten. Hierbei  ging es um Vorwürfe des Arbeitgebers Radio Diehl, der damalige Betriebsratsvorsitzende, Ulrich Haubenreißer, sei ein Betrüger  und  außerdem um die Auswirkungen der Aufspaltung von Radio Diehl in eigenständige GmbHs.  Jetzt, über ein Jahr später, wurden diese beiden Veröffentlichungen zum Anlaß eines Rechtsstreits zwischen der HBV und dem Besitzer der Radio Diehl GmbHs.

Post aus Aschaffenburg

Am 2. August 2000 flatterte mir, als dem offiziellen Besitzer der Domain des LabourNet Germany, ein Brief vom Arbeitsgericht Aschaffenburg auf den Tisch. In diesem etwas dicken Brief waren Schriftsätze der Anwälte der Firma Radio Diehl GmbH bzw. Radio Diehl Zeil GmbH u.a. und der Anwälte der Gewerkschaft hbv. Außerdem war eine Terminmitteilung des Gerichts dabei für Freitag, den 11. August 2000 und ein Hinweis, daß ich diese Unterlagen sowie die Kenntnis vom Termin aufgrund der Streitverkündung erhalte. Etwas überrascht stellte ich dabei fest, daß diese Auseinandersetzung seit über einem Jahr im Gange ist, mein Name überall auftaucht, und daß ich erst jetzt davon erfahre.

Worum geht es?

Die falsche Beschuldigung

Am gleichen Tag, an dem wir die Seite "Dolchstoß gegen den Betriebsrat" veröffentlichten, am 8. Juli 1999,  forderten  die Anwälte der Firma Diehl die hbv auf, dafür zu sorgen, daß "der Eintrag in dem Internet"  bis zum 12. Juli 1999 entfernt wird. Kommt die Gewerkschaft dieser Forderung nicht nach, würde die Firma rechtlichen Schritte einleiten.

Da die hbv diese Informationen nicht ins Internet gestellt hatte, war es ihr natürlich nicht möglich, sie herauszunehmen. Wir hatten von dieser Forderung nichts erfahren.

Gegen Ende Juli 1999 wurde beim Arbeitsgericht Aschaffenburg gegen die hbv und den Einzelhandelssekretär der hbv, Stefan Klee, Klage erhoben. Die Beklagten sollten es unterlassen zu behaupten, daß:

Für den Fall der Zuwiderhandlung sollte ein Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM oder, falls das Geld nicht beigetrieben werden könnte, Ordnungshaft  bis zu 6 Monaten angedroht werden.

Der Gerichtsprozeß

Mehr als neugierig fuhr ich am Freitag, den 11. August 2000, nach Aschaffenburg.

Das Arbeitsgericht in Aschaffenburg ist etwas imposanter als das, das ich in Nürnberg kenne. Es liegt nämlich in einem Schloß. Wenn man hineingeht, hat man das Gefühl, daß man anschließend in den Kerker geworfen werden könnte.

Dies geschah nicht. Die Räume des Arbeitsgerichts sind klein, fast schnuckelig, und das Sitzungszimmer ist nicht viel größer als ein großes Wohnzimmer.

Wie dem auch sei, die Verhandlung ging um die Frage, ob eine Verbindung zwischen der hbv und uns, dem LabourNet Germany, bestünde und ob die hbv die oben erwähnten Artikel durch uns ins Internet gestellt hätte.

Das interessante an dem letzten Schriftsatz der Anwälte der Firma Radio Diehl ist, wie sie eine Verbindung zwischen der hbv und uns herstellen. Bei uns kann man auf Soliserv, einen der Kooperationspartner, klicken. Soliserv, eine von uns komplett unabhängige Site, linkt wiederum auf alle deutschen Gewerkschaften, einschließlich der hbv. Also, es bestehe eine Verbindung vom LabourNet Germany zur hbv.

In die andere Richtung sei die Verbindung einfacher herzustellen. Auf der Website vom hbv-Vorstand gibt es einen Link zu uns. Daraus schließen die Anwälte, es müsse eine Verbindung zwischen dem hbv-Regionalbüro  im Frankfurt und LabourNet Germany geben und außerdem könne die hbv nicht abstreiten, sie würde mich weder juristisch noch natürlich kennen können, denn Details über mich könnte man in der DENIC-Datenbank der Domain-Besitzer erfragen.

Zurück zum Gericht.

Der zuständige Richter kam mit den zwei Beisitzern herein und freute sich zuerst, daß ich auch da war. Das Bild von mir sei mir sehr ähnlich und ich durfte mich mitten in der ersten Reihe der Zuschauer hinsetzen.

Des weiteren erklärte der Richter, er habe am Abend vor dem Prozeß sich die Mühe gemacht, unsere Site zu besuchen und die beiden Artikel zu suchen. Er mußte  durch einige Seiten durchschauen, bis er die beiden Artikel gefunden hatte.

Der Richter erklärte dann, daß die Klägerinnen eine falsche Partei verklagt hätten.  In einem darauf folgenden Wortwechsel zwischen dem Richter und dem Anwalt der Klägerinnen zog der Richter den Vergleich mit  einer Veröffentlichung der Presseerklärung in einer Zeitung . Was hätten sie mit der Zeitung gemacht?

Der Richter meinte, nach einem Jahr dürfte die Angelegenheit als abgeschlossen zu betrachten sein. Er schlug vor, daß wir die beiden Artikel herausnehmen und die Angelegenheit wäre dann aus der Welt geschaffen. Ich stimmte für uns zu, da der Fall ohnehin nur noch unter den "abgeschlossenen Fällen" dokumentiert wird und  dieser Bericht über den Prozeß die Inhalte der beiden Flugblätter beinhalten sollte).

Allerdings endete der Prozeß nicht mit einem Vergleich. Die hbv war nicht an einem Vergleich interessiert, da sie sich zu Unrecht  verklagt fühlte. Der Anwalt der Kläger schien ebenfalls nicht scharf auf einen Vergleich, wahrscheinlich aus Kostengründen.

Am Ende jenes Tages wurde das Urteil verkündet, doch bereits in unserer Abwesenheit. Sobald wir  das Urteil erfahren, werden wir darüber berichten. Auch werden wir die hbv um die Darstellung ihrer Sicht bitten. Auf die Urteilsbegründing sind wir gespannt, denn sie dürfte Folgen für unsere weitere Arbeit haben!

Dave Hollis für das LabourNet Germany, 12. August 2000


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