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Anmerkung des Übersetzers zu den Texten:

hier zwei Texte über Mitgliedsgewerkschaften der Sibirischen Konföderation der Arbeit (SKT), die ich deren Webseite (http://www.omsk.ru/society/trade-union) entnehmen und auf die Schnelle übersetzen konnte. Die Texte vermitteln ein Bild der Lage im industriell entwickelten Westsibirien und der Möglichkeiten der unabhängigen Gewerkschaften. Die Texte waren für russische LeserInnen gedacht, so dass Einiges, was in ihnen steht, uns im Westen selbstverständlich erscheinen wird. Einiges Andere muss im russischen Kontext verstanden werden, aber aus zeitlichen Gründen habe ich die Zahl der Anmerkungen klein gehalten. Das Deutsch muss noch redaktionell bearbeitet werden. Ich habe die neue Rechtschreibung verwendet, bin aber vielleicht nicht überall konsequent gewesen.

Der bescheidene Charme der Omsker Konföderation der Arbeit

Wohl jedeR ArbeiterIn hat gehört, dass es neben den offiziellen Gewerkschaften auch alternative, unabhängige Gewerkschaften gibt, die die Interessen ihrer Mitglieder bei haltlosen Kündigungen, Lohnrückständen usw. tatsächlich verteidigen. Viele wissen aber nicht, dass solche Gewerkschaften der Allrussischen Konföderation der Arbeit(1) angeschlossen sind, und dass in Omsk die "Omsker Konföderation der Arbeit" aktiv ist. Am 18. Mai 1999 feierte die Omsker Konföderation der Arbeit (OKT) ihr 5-jähriges Bestehen. Aber der Jahrestag wurde nicht mit Ausflügen oder Aufmärschen in Volksfeststimmung "begangen"; auch Pressekonferenzen und ähnliche großkotzige Auftritte gab es nicht. In den bescheidenen Räumen in der Straße Kommunistitscheskaja 38, wo sich das Büro der OKT befindet, lief die gewöhnliche Arbeit. Nach Feierabend, wie an jedem anderen Werktag, kamen AktivistInnen der alternativen, unabhängigen Gewerkschaften, lasen arbeitsrechtliche Fachliteratur, berieten sich untereinander. Telefonate wurden geführt, Ratschläge wurden erteilt, wie man in aktuellen Konfliktfällen verfahren könnte.

Man muss auch anmerken, dass es in der OKT keine bezahlten Funktionäre gibt. Das heißt, der herkömmliche Begriff der "Arbeit" trifft für die aktiven Mitglieder der unabhängigen Gewerkschaften nicht ganz zu. Ihr Engagement ist eher ein Teil ihrer Lebensweise. Mehrheitlich besteht das Aktiv der OKT aus den ArbeiterInnen der Omsker Betriebe, die diese alternative Vereinigung unabhängiger Gewerkschaften auch gebildet haben.

EinE PessimistIn wird entgegnen, dass sich eine vom Engagement ihrer Mitglieder lebende, unabhängige ArbeiterInnenorganisation der Willkür der Betriebsleitungen kaum wirksam widersetzen kann. Es hat sich aber herausgestellt, dass sie es kann. Die Mitglieder der unabhängigen Gewerkschaften sind eigentlich ganz normale Leute. Die Lage hat sich eben so entwickelt, dass sie begriffen haben: die einzige Möglichkeit, irgendwas zu machen, ist durch die Selbstorganisation. Weder der Staat, noch irgendeine politische Partei, noch die in den Betrieben weiterhin existierende offizielle Gewerkschaft sind in der Lage, ihnen Schutz zu bieten. Nur wenn sie sich in einer alternativen Gewerkschaft vereinigen, können sie die Faust sein, die die Ketten zerreissen kann, mit denen der Weg zur Befreiung der ArbeiterInnen behängt ist. Die alternativen Gewerkschaften in Omsk haben diese Metapher der Faust bildhaft in das Logo der OKT aufgenommen. Die OKT hat knapp über 2.000 Mitglieder. Im Vergleich zu den offiziellen Gewerkschaften ist diese Zahl geringfügig. Konfrontiert mit dem Druck der Behörden und manchmal auch der alten, offiziellen Gewerkschaft, müssen die kleinen unabhängigen Betriebsorganisationen irgendwie überleben: sie halten sich und agieren dank der Solidarität untereinander und der Unterstützung der ArbeiterInnen. Es ist aber noch zu früh, von massenhafter Aktivität der ArbeiterInnen zu reden.

Die OKT tritt 1994 auf den Plan, als sie die Wiedereinstellung einer entlassenen kinderreichen Mutter durchsetzte. Die Betriebsleitung hatte einen Vorwand gefunden, sie zu entlassen, gerade als sie an die Reihe gekommen war, eine betriebseigene Wohnung zu erhalten. Nur Dank dem Engagement der OKT hat die Gerechtigkeit obsiegt.

1996 entstand eine ähnliche Situation in der Omsker Zweigstelle des Instituts für Katalyse: die Institutsleitung, mit Einvernehmen der offiziellen Gewerkschaft, entschied sich, die betriebseigenen Wohnungen den Belegschaft zu verkaufen, statt sie ihr kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die ArbeiterInnen gründeten eine alternative Gewerkschaft und setzten das Recht auf kostenlose Nutzung der Wohnungen durch. Das hat 12 Gerichtsverhandlungen gekostet, unter anderen zur Wiedereinstellung der im Zuge des Personalabbaus entlassenen Mitglieder der alternativen Gewerkschaft. 1999 hat die alternative Gewerkschaft auf dem Gerichtsweg dem Direktor die Kontrolle über den Direktoriumswohnungsfonds entrissen und die 14 dazugehörigen Wohnungen unter der Belegschaft aufgeteilt.

Die EisenbahnerInnen der unabhängigen Gewerkschaft des Verkehrsbetriebs "Kombinatskaja" drohten mit Streik, als vor zwei Jahren die Verspätungen und Rückstände bei der Auszahlung ihrer Löhne begannen. Sie wandten sich sogar an den zuständigen Minister. Gegenwärtig werden die Löhne so ausgezahlt, wie es sich gehört: in halbmonatlichen Raten, ohne Verspätung. Aktive Gewerkschaftsarbeit wird auch an der AG "Saturn" gemacht und unter den Kommunalbediensteten des Stadtbezirks Sowjetski, wo die Verspätungen bei der Auszahlung der Löhne bis zu 6 Monaten betragen. Insgesamt ist es schwierig, die Vielzahl kleiner aber für die ArbeiterInnen wichtiger Erfolge aufzuzählen, die das Aktiv der OKT erzielt hat.

Wie finanziert sich die Arbeit der OKT? Diese Frage ist relevant für all diejenigen, die die ersten Schritte zur Gründung einer unabhängigen Gewerkschaft machen. Es war so, dass die ersten Beiträge 1994 von den Gründungsmitgliedern der OKT aus der eigenen Tasche gezahlt wurden. Damals waren diese Beiträgewesentlich höher als die 1%-ige monatliche Abbuchung der offiziellen Gewerkschaft. (Trotzdem wurden im Laufe von 5 Jahren die Löhne der Gewerkschaftvorsitzenden nicht ein einziges Mal ausgezahlt!) Es gab Aufwandsentschädigungen einmal im Jahr für den Rechtsanwalt, den Buchhalter und den Redakteur der arbeitsrechtlichen Publikationen. Erst im Frühling 1999 wurde eine Kasse der gegenseitigen Hilfe für die gewerkschaftlichen Basisorganisationen eingerichtet, die mit ihren Beitragszahlungen auf dem neusten Stand sind. Die OKT hat sich mehrmals bei ausländischen Nicht-Regierungsorganisationen um einmalige Förderzahlungen beworben und war dreimal erfolgreich - sie erhielt Summen von der Soros-Foundation, der "Eurasia Foundation" sowie dem europäischen "Matra"-Fonds). Mit diesen Mitteln, die für die Erfüllung wichtiger sozialer Projekte bestimmt waren (Informierung der Bevölkerung, Rechtsberatung) wurde ein Rechner sowie Vervielfältigungstechnik gekauft. Von DozentInnen und Nachwuchskräften der Juristischen Fakultät der Omsker Universität erhielt die OKT Rechtsberatung.

Die alternativen Gewerkschaften wollen durch ihre Tätigkeit vor allem erreichen, dass den ArbeiterInnen bewusst wird, dass nur sie selbst die Situation im Lande ändern können. Und um die Situation zu ändern, muss man in dem Betrieb anfangen, in dem man arbeitet. Es gibt mehrere Modelle von unabhängigen Gewerkschaften. Die OKT vertritt das Modell einer Gewerkschaft, die von den Betriebsleitungen und politischen Parteien unabhängig ist. Sie verlangt die Errichtung der Arbeiterkontrolle über die jeweilige Betriebsleitung sowie die Entwicklung der Selbstverwaltung durch die ArbeiterInnen. Die OKT wie auch die anderen regionalen Gewerkschaften der Sibirischen Konföderation der Arbeit sind auf der Grundlage von Klasseninteressen organisiert, d.h., dass ArbeitgeberInnen und deren VetreterInnen in die Gewerkschaft nicht eintreten können. Wir nennen dieses Gewerkschaftsmodell syndikalistisch. Der Syndikalismus ist die Ideologie von den unabhängigen Gewerkschaften und der Selbstverwaltung der ArbeiterInnen.

Möglicherweise werden Mitglieder politischer Parteien, gleich ob liberaler oder autoritär-kommunistischer Couleur, aufschreien: "Warum müssen sich ArbeiterInnen und Gewerkschaften mit der Leitung von Betrieben befassen? Das ist doch die Aufgabe des Staates und der UnternehmerInnen!" Egal was sie sagen: in der Welt gibt es genügend Beispiele, die beweisen, dass ein vom Unternehmer und Staat in den Bankrott getriebener und abgestossener Betrieb von den ArbeiterInnen und den Gewerkschaften in die Hände genommen und wieder rentabel gemacht werden kann...

ANMERKUNG DES ÜBERSETZERS:

(1) Wie diese "Allrussische Konföderation der Arbeit" aufgebaut ist und wie sie sich betätigt, ist mir nicht bekannt.

 

Die Konföderation der Arbeit der Stadt Anschero-Sudschensk

Anfang August 1998, unmittelbar nach Beendung des "Schienenkriegs" - der tagelangen Besetzung von Teilstrecken der Transsibirischen Eisenbahn - standen die aktivsten TeilnehmerInnen des Schienenkriegs in Anschero-Sudschensk vor der Frage: "Was nun?" Die fünfte Blockade der transsibirischen Verkehrsader war, auf dem ersten Blick, nur fürs Protokoll. Andererseits entstand eine Gruppe von ArbeiteraktivistInnen aus verschiedenen Betrieben, die die Notwendigkeit begriffen, nach neuen Formen der ArbeiterInnenbewegung zu finden. Das bestehende örtliche ArbeiterInnenkomitee hatte ausgedient; es war von W. Fokin angeführt, der im Mai 1998 die Interessen der Klasse verraten hatte, indem er die Anschero-SudschenskerInnen bewog, von den Schienen zu gehen. Außerdem hatte das ArbeiterInnenkomitee keine festen Verbindungen zu den Belegschaften und geriet zunehmend in die Abhängigkeit der örtlichen und regionalen Behörden, der ArbeitgeberInnen und des FSB, des Inlandsgeheimdienstes. Der Schienenkrieg hatte sich totgelaufen und die TeilnehmerInnen waren enttäuscht, da viele sich der Blockade schnelle Ergebnisse versprochen hatten.

In dieser Situation folgten die Anschero-Sudschensker ArbeiteraktivistInnen dem Vorschlag des Sekretärs der Sibirischen Konföderation der Arbeit (SKT) aus der Nachbarstadt Tomsk, I. Kusnezow, eine Vereinigung der Gewerkschaften der Stadt zu gründen. Die unmittelbare Initiative zur Gründung der örtlichen Gewerkschaftskonföderation ging von Wladimir Worobjow aus, einem Arbeiter der privatisierten Wasserwirtschaft der Stadt. Bis zu dieser Zeit hatte Worobjow mehrere Monate lang einen Kampf um seine Recht mit dem Direktor des Betriebes geführt und gewann sogar den Gerichtsprozess. Dank dem Respekt, den er unter seinen KollegInnen genoss, brachte er den Stein ins Rollen mit dem Vorschlag, eine Gewerkschaft der Kommunalbediensteten, bestehend aus ArbeiterInnen der Wasserwirtschaft und der städtischen Heizwerke, zu gründen. Danach schlug er vor, eine Einheitsgewerkschaft aller ArbeiterInnen der Stadt zu gründen, aber letztlich blieben die Anschero-SudschenskerInnen beim syndikalistischen Modell "ein Betrieb - eine Gewerkschaft". Für die Konföderation der Arbeit (GKT) der Stadt Anschero-Sudschensk wurde eine Satzung auf der Grundlage der Satzung der SKT ausgearbeitet; danach wurde die neue Gewerkschaftsvereinigung vom Sekretariat der SKT offiziell registriert(1). In der Satzung der SKT ist das syndikalistische Prinzip der direkten Aktion festgehalten. Ohne auf die Anwendung klassenkämpferischer Mittel zu verzichten, begannen die Anschero-SudschenskerInnen sich aber auch andere Mittel anzueignen, die von Gewerkschaften in aller Welt angewandt werden: Verhandlungen mit den ArbeitgeberInnen zum Abschluss von Kollektivverträgen; die Verteidigung der Rechte der ArbeiterInnen vor Gericht; und das Verhandeln mit den örtlichen und regionalen Behörden. Die syndikalistische Gewerksschaftsvereinigung der benachbarten Tomsker Region (die Tomsker Konföderation der Arbeit, TKT) wurde gebeten, ihre Erfahrungen mit den Anschero-SudschenskerInnen zu teilen, insbesondere beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit sowie für der Rechte der Arbeitslosen und Arbeitssuchenden. Bereits im August 1998 hatten sich das Sekretariat der SKT und der Vorsitzende des VertreterInnenrates der Anschero-Sudschensker GKT, W. Worobjow, schriftlich an den Regionalgouverneur, Tulejew, und den amtierenden Chef der Anschero-Sudschensker Stadtbehörden, Iwschin, gewandt, mit dem Vorschlag, unter Teilnahme der SKT ein Koordinierungskomitee für mehr Beschäftigung im Kusnezker Becken zu gründen. Tulejew war, zumindest seinen Äußerungen nach zu beurteilen, nicht ausdrücklich gegen eine Teilnahme der SKT an diesen Strukturen. Das Arbeitsministerium der Kemerowo-Region bezog aber die gleiche Position wie die Behörden der Stadt Anschero-Sudschensk, die ihr Bestes taten, die Teilnahme der GKT der Stadt Anschero-Sudschensk am örtlichen Koordinierungskomitee für Beschäftigung zu verhindern.

AktivistInnen der TKT haben eine Studie der russischen Beschäftigungsgesetzgebung angefertigt, wonach der wenig bekannte Erlass Präsident Jelzins vom 24. Dezember 1993 zur Erstellung einer rechtlich äußert verdächtigen Fassung des russischen Beschäftigungsgesetzes geführt hat. Man ist längst zum Schluss gelangt, dass die Beschäftigungsgesellschaften nicht mehr den örtlichen Behörden der gewählten Regierung unterstehen, d.h. sie unterliegen überhaupt keiner öffentlichen Kontrolle mehr. Daher war die mehrtägige Schienenblockade, um Mittel für die Schaffung neuer Arbeitsplätze herauszuschlagen, sinnlos. Bestenfalls werden die Mittel vom Gouverneur zur Schaffung eines neuen Vorzeigeunternehmens genutzt; ansonsten ist zu befürchten, dass sie in den korrupten städtischen Beschäftigungsgesellschaften gänzlich versickern. Nach der Abwicklung von zwei Schächten sowie der Aufbereitungsfabrik "Sudschenskaja" verwandelte sich der nördliche Teil der Stadt Anschero-Sudschensk in eine einzige Arbeitslosensiedlung. Mittel für die Schaffung von Arbeitsplätzen, u.a. die durch die Schienenkriege herausgeschlagenen Gelder, kommen zwar in Anschero-Sudschensk an, aber alle Versuche zur Einrichtung einer gewissen gesellschaftlichen Kontrolle über ihre Verwendung scheitern am Widerstand der "Stadtväter".

Das war ein Grund für den nicht enden wollenden Krieg zwischen der GKT der Stadt Anschero-Sudschensk und den örtlichen Behörden. Die GKT wurde immer stärker. Zu den gewerkschaftlichen Organisationen bei der Wasserwirtschaft und den städtischen Heizwerken kamen noch diejenigen der AG "Anscheromasch", der Bekleidungsfabrik "Iskra" und des Glaswerks "Sibsteklo" dazu. Im letzteren Betrieb fand die letzte normale Lohnauszahlung Ende 1993 statt. Das Unternehmen, das eine Monopolstellung in der Produktion von Fensterglas im ganzen transuralischen Russland hat, das vor der Perestroika seinen ArbeiterInnen Wohnraum und ein gutes Auskommen ermöglichte, gibt ihnen heute pro Tag lediglich zwei Brötchen. Aber die Arbeitslosen im nördlichen Teils von Anschero-Sudschensk halten es für den Erfolg ihres Lebens, wenn es ihnen gelingt, in diesem Betrieb eingestellt zu werden. 1998 hat die GKT der Stadt Anschero-Sudschensk Fälle dokumentiert, in denen wiedereingestellte ArbeiterInnen bei "Sibsteklo" im neuen Arbeitsvertrag freiwillig auf Lohngarantien verzichteten. So bildet sich ein System der Zwangsarbeit heraus, die von dem Regierungsentwurf zum neuen Arbeitsgesetz(2) sozusagen legalisiert wird. Um die ArbeiterInnen zum Kampf gegen die sklavenhaften Zuständen bei "Sibsteklo" zu bewegen, ließ sich Wladimir Worobjow im Dezember 1998 dorthin versetzen. Aber ehe die Versetzung wirksam werden konnte, leiteten die neuen Bosse einen Prozess gegen den ArbeiterInnenführer ein. Sie hatten große Angst vor seinem Auftauchen in ihrem "Reich" und versuchten jetzt sich ihm zu entledigen. Überhaupt führte die GKT der Stadt Anschero-Sudschensk bereits im September 1998 eine ganze Reihe von Prozessen mit den ArbeitgeberInnen des "Sibsteklo", der Wasserwirtschaft und der Aufbereitungsfabrik "Sudschenskaja". In dieser Zeit entstanden die Gegensätze zwischen dem Anschero-Sudschensker Gericht und der örtlichen Staatsanwaltschaft einerseits und der GKT andererseits. Insbesondere verschärften sich die Beziehungen zwischen der GKT und den Richterinnen Astafjewa und Schewnina. Gegen die Willkür der Gerichtsbeamten führte die GKT zwei Protestaktionen durch.

Die Bürgermeisterwahlen in Anschero-Sudschensk im November-Dezember 1998 waren eine Prüfung der politischen Reife der GKT. Zum Kampf gegen die Versuche der LDPR Schirinowskis, im Kusnetzker Becken einen Brückenkopf für den Kampf um den Sitz des Regionalgouverneurs zu schaffen, ging die GKT der Stadt Anschero-Sudschensk ein kurzfristiges Zweckbündnis mit den städtischen und regionalen Behörden gegen die Schirinowski-Leute ein. In der ersten Runde hatte der LDPR-Kandidat Sergej Samotajew doppelt so viele Stimmen wie sein nächster Rivale erhalten. Es fehlten ihm nur einige Dutzend Stimmen zum ausgemachten Wahlsieg. Anschero-Sudschensk hat eine Bevölkerung von ca. 90.000. Weniger als zehn Tage Agitation trennten die erste Runde von der zweiten. Eine Woche vor der Stichwahl wurde das örtliche Fernsehen abgeschaltet, was die AnhängerInnen Samotajews vollständig aus nutzten: Dutzende LDPR-AktivistInnen aus verschiedenen Städten Sibiriens arbeiteten für Samotajew. Allein die rege Agitation und der Fleiß der SyndikalistInnen retteten den Sitz des Bürgermeisters für den Kandidaten der regionalen Behörden, den ehemaligen "Anscheromasch"-Direktor Viktor Iwschin, der im Ergebnis die zweite Runde mit doppelt so vielen Stimmen wie sein Konkurrent gewann. Die GKT der Stadt Anschero-Sudschensk entwickelt sich zu einem ernstzunehmenden Faktor im politischen Leben der Stadt und der gesamten Region. Das können die GegnerInnen der Gewerkschaftsbewegung und der Arbeiterklasse nicht übersehen. Auf Initiative der GKT der Stadt Anschero-Sudschensk wurde am 23. Januar 1999 in Anschero-Sudschensk ein Kongress der ArbeiterInnenbewegung Sibiriens durchgeführt, auf dem ein Sibirischer Arbeiterrat (STS) gewählt wurde. Als Sitz des STS wurde die Stadt Anschero-Sudschensk gewählt.

ANMERKUNGEN DES ÜBERSETZERS:

(1) In den meisten Ländern des ehemaligen Ostblocks müssen Gewerkschaften sich offiziell registrieren lassen, um als solche auftreten zu dürfen. So hat 1999 die IWW-Polska große Mühe dafür investieren müssen.

(2) Ein neuer Entwurf für ein russisches Arbeitsgesetz, der wieder ohne jegliche Beteiligung von Seiten der Gewerkschaften hergestellt wurde, wird im Mai 2000 der Staatsduma (dem Parlament) vorgelegt.


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