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Antifa-AG der Uni Hannover:

Über die politischen Hintergründe der beabsichtigten Schließung des ILVA-Stahlwerkes in Genua-Cornigliano informiert ein zweiter Artikel in "il manifesto" vom 14.6.2001:

Geschichten von Auseinandersetzungen und vagen Versprechungen

Paolo Andruccioli

 

Die 20 Seiten des Urteils des Untersuchungsrichters Vincenzo Papillo über die Unvereinbarkeit der Kokerei in Cornigliano (Genua) mit der Umwelt sind der letzte Akt einer langen Geschichte von Polemiken und Auseinandersetzungen, die Umweltschützer und Gewerkschaften, Arbeiterkomitees (in erster Linie das Verteidigungs- und Umweltkomitee von Cornigliano) und Leute, die oftmals auf demselben Treppenabsatz wohnen, gegeneinander gestellt haben. Eine Geschichte, in der sich die Verspätungen gehäuft haben. Und in der auch verschiedene Pläne gemacht wurden, darunter z.B. der von Paride Batini (dem Chef der "camalli" <= die traditionell linken Hafenarbeiter von Genua /d.Ü.>), während jede Menge leere Verprechungen gemacht wurden. Nicht die letzten davon waren die von Sandro Biasotti (dem zu Forza Italia gehörenden rechten Ministerpräsidenten der Region Ligurien) unterschriebenen, der – während er sich auf die Seite derjenigen stellte, die das Stahlwerk schließen wollten – sich verpflichtet hat, in kürzester Zeit Alternativlösungen zu finden.

In der Zwischenzeit ist die gesamte Rechte von Genua auf den Plan getreten, um die Schließung von Cornigliano zu beschleunigen, um den Industriestandort zu beseitigen und ihn auf High Tech umzustellen. <Damit verbunden: /d.Ü.> Weitere Versprechungen und weitere Wahlkampfveranstaltungen. Auch die Linke, in deren Hand sich die Stadt und die Provinz Genua befinden, hat zur Schließung gedrängt, allerdings aus einem ganz anderen Blickwinkel. Sie hätte lieber für ein programmatisches Abkommen gearbeitet, erklärt Marta Vincenzi (Präsidentin der Provinzregierung), das die Arbeiter gerettet und zu irgendeiner industriellen Umwandlung geführt hätte. Nichts ist jedoch geschehen. Die Alternativpläne sind Pläne geblieben und die Versprechen der Rechten sind vergessen worden. So ist der Fall, der seit langer Zeit unter der Asche schwelte, explodiert. Heute explodiert die Wut derjenigen, die sich auf der Straße wiederfinden, weil padrone Riva ernsthaft die Absicht zu haben scheint, alle 1 100 vom industriellen Prozeß betroffenen Arbeiter (jene der Kokerei, aber auch die Anderen vom Hochofen) loszuwerden. Es würde nur eine kleine Gruppe für die Instandhaltung übrigbleiben.

Diese Zeitung hat sich sehr viel mit dem Fall Cornigliano beschäftigt. In den vergangenen Monaten sind wir daran gegangen unter der Asche zu graben, um die Gegensätze zum Vorschein zu bringen – in der Gewerkschaft und zwischen Gewerkschaftern und Umweltschützern. Aber die Brüche haben sich – anstatt sich wieder zusammenzufügen – ausgeweitet. "Italien muß entscheiden: Wird es die Stahlindustrie vollständig aufgeben ?", fragt sich z.B. Evaristo Agnelli aus der nationalen FIOM-Führung. <Die zum Gewerkschaftsbund CGIL gehörende FIOM ist mit Abstand die größte italienische Metallarbeitergewerkschaft und unter den 3 großen sozialpartnerschaftlichen relativ gesehen die linkeste /d.Ü.> Der Gewerkschafter erinnert daran, daß es stimmt, daß Riva sich immer geweigert hat, irgendeinen Plan gegen die Verschmutzung umzusetzen, aber in jedem Falle bleibt das grundlegende Problem der industriepolitischen Entscheidungen.

Nach Ansicht Agnellis werden, während man sich in Italien und insbesondere in Genua auch dem elektrischen anstelle des heißen Hochofens verweigert, im restlichen Europa, gerade in der klassischen Stahlindustrie und in den Kokereien, weiterhin beträchtliche Investitionen getätigt. In Wirklichkeit ist die Situation nach dem Urteil des Regionalen Verwaltungsgerichtes vom März (das von einer von Alleanza Nazionale geführten Bürgergruppe angeregt wurde) abgestürzt. Erst ist programmatische Abkommen über den Umwandlungsplan ist geplatzt. (Es hätte der größte Elektro-Hochofen Europas sein sollen.) Dann haben sich die Proteste der Bürger gegen jedwedes Projekt intensiviert, das den "heißen" Zyklus erhalten hätte. Danach hat es noch einen Interventionsversuch der <im Mai abgewählten Mitte-"Links"- /d.Ü.> Regierung in Form des Staatssekretärs Piccoli gegeben, der von der Notwendigkeit eines anderen industriellen Projektes gesprochen hat, sowie des ehemaligen Ministers Willer Bordon, der davon gesprochen hat, den heißen Teil zu schließen und nur den "kalten" Teil zu erhalten. Am Ende sind die Wahlen gekommen und jetzt die neue Regierung. Alles gecancelt oder alles in der Schwebe.

Gestern hat der Innenminister Scajola eine Bemühung der Regierung in der kommenden Woche versprochen und ein Treffen in der Präfektur ist mit vagen Versprechungen und Verpflichtungen für die kommenden Tage (d.h. innerhalb der 75 Tage, die dazu dienen, die Kokerei zu schließen) zuende gegangen. Und inzwischen wird Genua immer mehr zu einer heißen Stadt. Gestern hat Riccardo Nencini (Mitglied des nationalen Sekretariats der FIOM und dort zuständig für die Stahlindustrie) denjenigen, die "sich im palazzo verbarrikadiert haben, die Verantwortung für die Zwischenfälle" angelastet, "die in Genua geschehen sind".

 

Vorspann, Übersetzung und Anmerkungen in eckigen Klammern: Antifa-AG der Uni Hannover


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