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Das Bild vom Wirtschaftswunderland USA, das Konzerne, Politiker und Medien so gerne zeichnen, hat endlich einen verdienten Kratzer bekommen. Denn am Donnerstag stellte die grösste Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, HRW, in Washington einen vernichtenden Befund über Arbeitsbedingungen in den USA aus.
Erstmals kritisierte damit eine einflussreiche US-Organisation, worauf Linke seit Jahren hinweisen: im Land des grössten Wirtschaftsbooms aller Zeiten werden internationale Normen mit Füssen getreten. Der 217-Seiten-Bericht beruht auf Recherchen in neun US-Bundestaaten, auf offiziellen Zahlen und auf Daten des National Labor Relations Board, das die Arbeitsbeziehungen regeln soll.
Untersucht wurden alle Wirtschaftssektoren, vom US-Grosskonzern bis zum Kleinbetrieb. "Alarmierend" sei die Situation eines Grossteils der rund 135 Millionen US-Beschäftigten, heisst es, die Einkommenschere klaffe soweit auseinander wie nie zuvor, gewerksschaftliche Organisation und Kollektivverhandlungen mit Unternehmen sowie Mittelschichts-Wachstum befänden auf einem historischen Tiefpunkt.
Die "Organisationsfreiheit" sei gefährdet, so HRW weiter, die soziale Solidarität dahin. Am übelsten verhielten sich die Privatunternehmen, doch angesichts internationaler Mindeststandards, die in den USA tagtäglich verletzt werden, seien die US-Regierungen ebenso dafuer verantwortlich. HRW nennt die UNO-Menschenrechtskonvention, die Artikel 87 und 88 der Internationalen Arbeitsorganisation ILO sowie zahlreiche regionale Schutzbestimmungen. Millionen von Arbeitern, einschliesslich von Beschäftigten in der Landwirtschaft, Heim- und unteren Vorarbeitern sei es sogar per Gesetz nicht möglich, Betriebsräte und Gewerkschaften zu gründen. Darüberhinaus stünden Millionen in sog. neuen Beschäftigungsverhaeltnissen - Teilzeitjobs, Zeitarbeit und Zulieferer, und für sie gelte trotz teils hoher Löhne ausschliesslich das Diktat des jeweiligen Unternehmens.
HRW nennt dabei auf immer noch unrevidierte Arbeitsgesetz von 1935, das internationalen Standards seit Jahrzehnten zuwiderläuft. Gerade in den Sektoren, die unter dieses Gesetz fallen, hatten die Regierungen Reagan und Bush Gewerkschaftsaktivitaeten unterhöhlt und kriminalisiert. Herrschendes US-Arbeitsgesetz und Praxis seien nicht neutral, sondern würden Unternehmen bevorzugen, so HRW weiter. Darunter litten selbst Lohnabhängige in "geschützten" Branchen.
Die Liste reicht von "ausspionieren, belästigen und unter Druck setzen "über "bedrohen und beurlauben" bis hin zu "entlassen und abschieben". HRW führt in Fallbeispielen aus, mit welchen legalen und illegalen Methoden in den USA grosse und kleine Unternehmen das Recht auf freie Assoziation und die Beschäftigten mit Füssen treten - von den Krankenpflegern in Süd-Florida und den Stahlwerkern in Colorado über die Nahrungsmittelarbeiter in North Carolina bis hin zu den High-Tech-Programmierern in Seattle.
Oder die lateinamerikanischen und chinesischen Schwitzbuden-Arbeiter in New York City, die von der Brooklyn-Bridge aus zu sehen sind - die nächste europäische Gewerkschaftdelegation, die auf US-Jobwundersuche ist, bräuchte eigentlich nur die Augen aufmachen.
Max Böhnel,
New York
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