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Brave new world (17)

ANSTAENDIGES DEUTSCHTUM, LEITKULTUR UND SPRACHE

Im Jahre 10 nach dem, was die Ideologen Wiedervereinigung nennen, gibt es den Aufstand der anständigen Deutschen. Gegen Glatzen, die so tumb wie gewälttätig die Stammtisch - und Parteiparolen verwirklichen. Die anständige Nation ist gewohnt, daß  so was in Uniform und Pflichterfüllung geschieht. Und schon gar nicht auf der Straße. Nicht zufällig war ein KZ-Erbauer  später auch Bundespräsident.

Frau Merkel besinnt sich auf die Nation, eine gewisse Frau Zimmer auch. Irgendein Verein zur Wahrung der deutschen Sprache will jetzt ausgerechnet in Dortmund  - woll - alljährlich den bestbezahlten Kulturpreis der Berliner Republik vergeben - 70.000 Mark für den besten Verteidiger der deutschen Sprache. Deutsche Leitkultur eben .
Zuviel auf einmal ? Ja, ist doch nicht von mir. Nun denn:  der Reihe nach.

Diese Partei war mir bisher nur als Zukunftsentwurf  bekannt: Frau Zimmer - Vorsitzende der Partei des Deutschen Sozialismus - liebt ihr Vaterland (im Gegensatz zu ehemaligen deutschen Präsidenten). So  selbstverständlich wie die KP Frankreichs möchte sie am Parteitagsende "Es lebe Deutschland" rufen. Und , so selbstverständlich wie die KPF  als erste - lange vor Le Päng - rassistische Demonstrationen organisieren ?

Deutsche Leitkultur auch das. Warum der Streit, was das heißen soll? Das etymologische (Fremdwort!!) Wörterbuch lernt mir Beherrscher des Deutschen: leiten heißt "in Bewegung bringen". Haben Sie verstanden? Ausländer raus.
Ich gebe zu, auch im bereits genannten Frankreisch gibt es seltsame Kapriolen, was die Sprache betrifft. Ich gebe ebenfalls zu, daß die Sprache der ach so arbeitsplatzschaffenden Werbeindustrie so saudumm ist wie ihre SchöpferInnen: also erfolgreich.  
Aber 70.000 Emms für die beste Wahrung deutscher Sprache ?

Tja, niemand kümmert sich so sehr um seine Sprache wie das Volk der Richter und Henker. Ich fürchte sehr, da sind auch ehemalige Linke dabei, die vor lauter plattem Antiamerikanismus die Seiten wechseln.
Daß Deutscher jemand ist, der keine Lüge erzählen kann, ohne sie selbst zu glauben, mag noch als Hegelsches Erbe dahingehen. Daß Dichter und Richter, Denker und Henker keineswegs nur Wortspiele eines verbiesterten Altlinken sind zeigt - als ein mögliches Beispiel unter unendlich vielen - der Freundeskreis der "Christlich - deutschen Tischgesellschaft zu Berlin" vom Jahre 1812. (Keine Frauen, keine Juden).

Mitglieder unter anderem: Die Herren von Arnim, Brentano, Fichte und von Kleist.
Nur so. (Zur vertiefenden Lektüre empfohlen: Eckard Henscheid "Kant und der Neger - Negerl").
Ja, die traditionellen Schöpfer und Bewahrer deutscher Sprache, das waren schon echt deutsche Männer. So gibt es in anderen Sprachen  für einige Ausdrücke, die zum deutschen Grundwortschatz gehören, keine oder nur notdürftig zusammengesetzte Entsprechungen.

Das typisch deutsche Wort Endlösung  können die Tommies  mit "final solution" nur ganz  entfernt  begreifen. Das gute deutsche Gewerkschafter-Wort "Leistung" (die sich vor Tarifrunden wieder lohnen muß, egal, worin sie besteht) gibt es bei keinem Spanier, Franzosen  oder Briten. Faules Pack eben, die kennen nur Resultate, nicht den Schweiß, der heiß von der Stirn rinnen muß .... aber, anderswo kommt das Wort für Gewerkschaft auch von der Idee der Vereinigung, nicht aus dem gemeinsamen werken....Seis drum.

Aber: wenn jetzt denn dann demnächst endlich (sag das mal auf englisch) die Milliarden Inder mit dem "befristeten Zuzugsberechtigungsausweis"  (kriege ich dafür was vom Preis?) kommen, und uns die Nutzung durch Zahlen gesteuerter Rechengeräte abnehmen, dann haben die gefälligst eine Reifeprüfung in deutscher Sprache abzulegen, um zu beweisen, daß sie eingliederungswillig sind. Kapiert - ach nein : verstanden?

Einerseits: Es gibt immer noch viel zu tun. Selbst in jenem Hort des Deutschtums, den unsere unbekannte Literatur darstellt, häufen sich Unmengen Undeutsches.
Mephistopheles - wenn das kein Fremdling ist! Nathan - der Name sagt alles. Spanische Provinzgrafen, polnische Grundbesitzer und italienischen Weiber tummeln sich auf diesen Seiten.
Deutsche Leitkultur? Das sollte Frau Merkel ausMerzen oder niederMayern: wo  bleibt ihr Walkürenritt ?  

Andrerseits: Da ich als Schreiberling - weil vom deutschen Nationalcharakter geprägt - durch und durch korrupt bin und neidisch auf alle, die besseren Zugang haben, würde ich für die 70.000  DM glatt nur noch teutsch schreiben wollen thun. Von mir aus auch gotisch, sogar  wenn anstelle vom CDU Mayer ein gewisser Nguyen van Hoc Schützenkönig in Meschede wird, woll.

Zum guten Schluß: Als Süddeutscher war mensch schon immer eher für die weichen Konsonanten: Deutsche Leidkultur. Für die anderen, versteht sich.

Helmut Weiss


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